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Porträtaktion des BUND "So schmeckt der Vogelsberg" Heute: Der Bio-Hof in RadmühlEin Bio-Landwirt mit Leib und Seele

RADMÜHL (ol). Der BUND Kreisverband Vogelsberg möchte den Nachbarn Appetit machen beim Bauern um die Ecke einzukaufen, denn hier in der Region findet man Gemüse, Fleisch, Milch, Käse und Nudeln in bester Bio-Qualität. BUND-Mitglied Dieter Pappert aus Lauterbach hat vier landwirtschaftliche Betriebe porträtiert. Das dritte Porträt: Der Bio-Hof in Radmühl.

„Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – klipp, klapp…“. Dieses altvertraute Volkslied vermittelt ein Mühlenidyll, das schon lange nicht mehr anzutreffen ist. Da mache auch der ländlich geprägte Vogelsberg keine Ausnahme. Die Anzahl der Mühlen hier lasse sich an einer Hand abzählen. Für die Landwirte bedeutet dies mitunter, sich neue Vermarktungsstrategien für das angebaute Getreide zu überlegen. Christoph Alex aus dem kleinen Dorf Radmühl im südlichen Vogelsberg ist Bio-Landwirt mit Leib und Seele. Er ist im Verband „Biokreis“ organisiert und baut auf rund 50 ha Ackerfläche Roggen, Weizen und Dinkel an.

Der größte Teil des Getreides geht an zwei Bio-Vollkornbäckereien – und zwar zu Mulinbeck in Büdingen-Düdelsheim und zur Dieburger Vollkornbäckerei. Hier entstehen aus Vogelsberger Getreide leckere Brote, Brötchen und diverse süße Sachen. Darüber hinaus hat sich Christoph Alex eine eigene, elektrisch betriebene Mühle angeschafft. Mit ihr mahlt er einen Teil seines Getreides selbst und verpackt es in handelsüblichen Mengen zu 500 Gramm, einem Kilo und zwei Kilogramm. Stolz erzählt Alex, dass seine drei Mehlsorten (Bio-Dinkelvollkornmehl, Bio-Weizenvollkornmehl und Bio-Roggenvollkornmehl) allesamt als „Vogelsberg Original“ – Produkte zertifiziert wurden, ein Zeichen für regionale Qualitätsprodukte.

2009 die Umstellung zum Bio-Betrieb

Der Bio-Hof Alex in Radmühl ist ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb mit langer Tradition. Die Umstellung zum Biobetrieb erfolgte ab dem Jahr 2009. Schon immer wurde neben der Kuhhaltung auch Getreide angebaut. Noch relativ neu ist hingegen die Hühnerhaltung. Seit 2018 nennt Christoph Alex zwei mobile Hühnerställe auf vier Rädern sein Eigen. Diese etwa neun Meter langen und drei Meter breiten Gefährte garantieren den insgesamt 420 braunen Legehennen ein Leben, das dem Tierwohl höchste Priorität einräume. Hier haben die Hennen tagsüber freien Auslauf auf einem eingezäunten Wiesenstück. Abends und nachts ziehen sich die Tiere in ihr „mobiles Heim“ zurück, in dem sie Sitzstangen, Flächen zum Scharren und natürlich die Legenester vorfinden.

Ist eine Wiese „abgegrast“, wird der fahrbare Stall, der im Übrigen auch „wintertauglich“ ist, einfach ein Stück weitergefahren. Täglich werden die frischen Eier geholt und finden auf vielfältige Weise ihren Weg zum Verbraucher. Der Bio-Hof Alex verfügt in seinem kleinen Hofladen über einen Eierautomaten, der dem Kunden täglich 24 Stunden die Möglichkeit gibt, frische Eier zu erwerben. Vermarktet wird ein Teil der Eier auch so, dass sie gemeinsam mit der benötigten Menge Mehl nach Lohr/Main gebracht werden, um dort zu Nudeln weiter verarbeitet zu werden.

Zwei der auf diese Weise entstandenen Nudelsorten (Weizen-Vollkornnudeln und Dinkel-Vollkornnudeln) wurden ebenfalls als „Vogelsberg Original“ – Produkte ausgezeichnet und sind, neben den Eiern und dem Mehl, auch im kleinen Hofladen käuflich zu erwerben. Und was wird aus den Hühnern? Wenn „ausgestallt“ wird, kann man sie kaufen – lebend oder als Suppenhuhn. Geschlachtet wird regional im Vogelsberg – vielleicht klappt es, dass beim nächsten Mal das mobile Schlachtmobil sogar auf den Hof kommt. Das würde den Tieren Transportstress ersparen.

Auch Kühe gehören zum Hof

Neben Getreideanbau und Hühnerhaltung müssen natürlich noch die Kühe des landwirtschaftlichen Betriebes Erwähnung finden. Mit der Umstellung auf Bio ging auch die Umstellung von der Milch- zur Mutterkuhhaltung einher. Das bedeutet, dass die Kälbchen bis zum Alter von rund sechs bis acht Monaten bei ihren Müttern verbleiben und die für sie vorbestimmte Milch auch tatsächlich bekommen. Insgesamt verfügt der Bio-Hof Alex über 130 Kühe, Rinder und Kälber der Rassen Limousin, Charolais und Fleckvieh.

Circa die Hälfte davon sind Mutterkühe – alle übrigens genetisch hornlos. Jährlich lässt Christoph Alex etwa 20 Tiere schlachten. Dies geschieht im Schlachthof Fulda, wohin er die Tiere, die dann ein Alter von rund 24 bis 30 Monaten erreicht haben, selbst verbringt. Angedacht ist darüber hinaus auch eine Fleischvermarktung direkt ab Hof – allerdings nur in kleinerem Umfang.

Man kann sicherlich erahnen, mit wieviel Arbeit ein solcher landwirtschaftlicher Betrieb verbunden ist. Ein acht Stunden Tag reicht hier meist nicht aus. Geld bringt natürlich der Verkauf von Getreide und Tieren – die Vermarktung von Produkten wie Eier, Nudeln und Mehl ist kleinteiliger und darüber hinaus auch aufwändig, denn neben dem kleinen Hofladen, der übrigens bald eine Vergrößerung erfahren soll, sind auch weitere Verkaufsstellen und Kooperationen wichtig.

Hier war und ist Christoph Alex fleißig, und Mundpropaganda tut ihr Übriges. Seine Produkte sind auf diversen Märkten zu finden, zum Beispiel auf dem Regionalmarkt Lauterbach, im Dorfladen Metzlos, Tegut Stockhausen, Bäckerei Fink Schlüchtern, Raiffeisen Grebenhain, „Brachtwerk“ Schlierbach, Café Vogelschmiede Herchenhainer Höhe, Café in Grebenhain, Bäckerei Denninger Frankfurt. Darüber hinaus gibt es Lieferungen an den Kindergarten in Freiensteinau und den Gasthof zur Post in Nieder-Moos. Und wer den Eierlikör von Frau Wittmann (Vogelsberg Likör und Gelee) aus Metzlos mag – die Eier stammen vom Bio-Hof Alex. Auch wenn ihm gestiegene Pachtpreise Sorgen bereiten und der Verwaltungsaufwand nervig sein kann – Christoph Alex liebt seinen Beruf – eben ein Bio-Landwirt mit Leib und Seele.

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