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"Die Nähe vermissen alle"Gottesdienst per Live-Übertragung ins Altenheim: Normalität und Gottes Halt wichtig

ILBESHAUSEN-HOCHWALDHAUSEN (ol). Vor allem für ältere Menschen spielt der Glaube eine wichtige Rolle. Viele Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeheimen sind ihr Leben lang sonntags in die Kirche gegangen und besuchen auch heute noch regelmäßig den Gottesdienst – so auch im Haus Heel in Ilbeshausen-Hochwaldhausen. Damit diese Tradition auch während der Corona-Krise erhalten bleibt, fand kürzlich ein Gottesdienst im Innenhof vor dem Heim statt, der live nach innen zu den Bewohnerinnen und Bewohnern übertragen wurde.

Ein wenig improvisiert mit Kreppband, dennoch voll funktionstüchtig war die Konstruktion aus einem Tablet mit integrierter Kamera auf einem Notenständer, verbunden mit Mikrofonen draußen sowie Leinwand, Beamer und großen Lausprechern drinnen im Gemeinschaftsraum des Alten- und Pflegeheims Heel in Ilbeshausen. So war es Anke Göltenboth, Pfarrerin in der Altenseelsorge im Evangelischen Dekanat Vogelsberg und Karl-Heinz Pompe, katholischer Lektor aus Ilbeshausen-Hochwaldhausen möglich, gemeinsam mit den Heimbewohnern an Gründonnerstag einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern – auch wenn derzeit niemand außer dem Pflegepersonal die Einrichtung betreten darf. Dafür hatten die beiden extra einen kleinen Altar sowie ein Pult im Innenhof aufgebaut und mit einem Kreuz, Tulpen und Kerzen geschmückt, heißt es in der Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats.

Drinnen im Aufenthaltsraum im ersten Stock des Altenheims hatten sich etwa 15 Bewohnerinnen und Bewohner versammelt um – mit genügend Abstand zueinander – vor der Leinwand dem Gottesdienst zu folgen, der direkt unten vor dem Fenster stattfand. Wie in jedem Gottesdienst wurde gemeinsam gesungen und gebetet, trotz der räumlichen Distanz zu Pfarrerin Anke Göltenboth und Lektor Karl-Heinz Pompe. Drinnen spielte Günter Plefka, ein ehemaliger Betreuer des Hauses Heel, auf dem E-Piano. Alle Beteiligten zeigten sich begeistert von dem Gottesdienst der etwas anderen Art, die Seniorinnen und Senioren winkten anschließend fröhlich aus dem Fenster und Bewohnerin Berta Jöckel warf zum Dank Bonbons aus dem Fenster und gab ein Ständchen zum Besten.

Anke Göltenboth, Pfarrerin in der Altenseelsorge im Evangelischen Dekanat Vogelsberg, beim Gottesdienst vor dem Alten- und Pflegeheim Heel in Ilbeshausen-Hochwaldhausen. Fotos: Patricia Luft

Auch Burgunde Heel, die gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Heel das Seniorenheim betreibt, zeigte sich dankbar für das Engagement von Anke Göltenboth, Karl-Heinz Pompe und allen, die mitgewirkt haben. „Es ist sehr wichtig für die alten Menschen, dass eine gewisse Normalität in dieser Zeit vorhanden bleibt“, betont Burgunde Heel. Vor allem jetzt, wo die Bewohnerinnen und Bewohner keinen Besuch von ihren Angehörigen bekommen dürften und sich sowieso alles geändert habe aufgrund von Corona. „Das ist schon schwer genug“, sagt Heel. Auch sei es komisch für die Bewohnerinnen und Bewohner, dass sie die vertrauten Gesichter des Personals nicht mehr sehen können, weil diese mit einem Mundschutz bedeckt seien. „Normalerweise wird sich hier auch viel umarmt oder mal die Hand gestreichelt – diese Nähe vermissen alle.“

Zum Dank für „den schönen Gottesdienst“ gab die Seniorin Berta Jöckel ein Ständchen zum Besten.

Da viele der Bewohnerinnen und Bewohner generell, und vor allem während der Kontaktsperre Halt in ihrem Glauben zu Gott finden, „versuchen wir alles, damit ihnen diese Konstante nicht auch noch wegbricht und kämpfen für jede Gottesdienststunde“, sagt auch Pfarrerin Anke Göltenboth. „Für die Seniorinnen und Senioren ist das einfach immer ein Highlight – viele ziehen sich extra schön an für den Gottesdienst.“ Deshalb sollen auch in nächster Zeit Gottesdienste in dieser Form vor dem Alten- und Pflegeheim Heel in Ilbeshausen stattfinden. Ein Team aus etwa acht Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Lektorinnen und Lektoren wechseln sich dafür ab.

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