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Naturdenkmal Wildholl-Loch Unter-SeibertenrodEin Zufluchtsort für Hirten und die Wilde Holle im Lohwald

UNTER-SEIBERTENROD (ol). In einem kleinen Wäldchen nahe der Unter-Seibertenröder Grillhütte bildet eine Blockhalde aus Basanit die Grundlage für einen märchenhaft schönen Buchenwald, den Lohwald. Dieser Name könnte Zweierlei bedeuten: Das mittelhochdeutsche Loh steht für Loch oder lucus aus dem Lateinischen für Gehölz, Wald oder Hain, aber auch einfach nur für Holz.

Und es bezeichnet laut Pressemitteilung des Vogelsbergkreis einen Waldbestand, an dem einer oder mehrere Genossen das Holznutzungsrecht haben, einzelne Gemeindemitglieder zweimal jährlich Holz schlagen dürfen und andere die ganzen Waldnutzungsrechte, wie zum Beispiel die Jagd oder das Eichenschälen ausüben dürfen. Inmitten dieses Lohwaldes befindet sich das Wildholl-Loch, eine kleine Basalthöhle. Sie ist nicht sehr groß, zwei Personen finden darin Platz, wenn sie sich zusammenkauern.

Hier ist das Naturdenkmal zu finden. Foto: Vogelsbergkreis

Bei aufziehendem Unwetter bot die Höhle den Menschen Schutz, Hirtenjungen haben sich dort bestimmt versteckt – denn wahrscheinlich stammen einige der Buchen dort noch von alten Hutebuchen ab. Schweine und Schafe wurden zur Mast in die Wälder und auf die steinigen Anhöhen getrieben. Oberhalb der Höhle befindet sich noch ein Hirtenstein, der als Sonnenuhr den Viehjungen die Zeit wies. Die Buche kommt mit der Höhenlage über 400 Metern und dem vulkanischen Untergrund, der sehr nährstoffreich ist, bestens zurecht. Und wegen des steinigen Untergrundes habe hier keine Waldaufforstung mit Nadelgehölzen stattgefunden, um die Holznot Ende des 19. Jahrhunderts zu lindern.

Wenn man sich das Gestein betrachtet, fällt auf, dass es ein besonders blasenreicher Basanit ist, der sehr feinkörnig, dicht und dunkelgrau bis schwarz gefärbt ist. Die Blasen sind ungefüllt und haben einen Durchmesser bis zu fünf Zentimetern. Solche Höhlen im Basalt gibt es selten, aber ohne Sagen und Steine geht es auch hier nicht: Wer sich mittags in die Nähe der kleinen Höhle wagt, sieht vermutlich die „Wilde Holle“ heraustreten. Der Sage nach beginnt am Ulrichsteiner Schlossberg ein Gang, der genau hier ans Tageslicht führt. Die „Wilde Holle“ ist eine besondere Hollegestalt, die ihren Schimmel im Wald versteckt und ihn nachts an die im Tal fließende Ohm zur Tränke führt.

Vermutlich habe die Sage der „Wilden Holle“ ihren Ursprung in der keltischen Pferdegöttin Epona. Die Verehrung Eponas war in der Antike bis Spätantike im gesamten keltischen Raum verbreitet. Sie wurde meist mit Pferden, oft auch mit einer Schale, Früchten oder einem Füllhorn abgebildet, was auf eine zusätzliche Funktion als Fruchtbarkeitsgöttin schließen lässt.

Ein Gedanke zu “Ein Zufluchtsort für Hirten und die Wilde Holle im Lohwald

  1. Ja, es gibt sie noch, die Zeugnisse unfreiwilliger Vogelsberger Komik. Auf der Suche nach Alleistellungsmerkmalen und Leuchttürmen des Mittelgebirgstourismus ist jedes Loch der Erwähnung wert. Wie hier das Naturdenkmal Wildholl-Loch in Unter-Seibertenrod. Die Deutungsmöglichkeiten dieser leicht schlüpfrig klingenden Örtlichkeit sind unerwartet vielfältig. Weist doch das mittelhochdeutsche Loh auf ein Loch hin, während lucus (lat.) für Gehölz, Wald oder Hain, aber auch einfach nur für Holz oder Donnerbalken steht. Womit man aber „Wildholl“ immer noch nicht erklärt hat.
    Hier kommt nun irgendwie die Sagengestalt der „Wilden Holle“ ins Spiel, die zu bestimmten Zeiten aus dem Holzloch hervortreten soll wie die grob gedrechselte Schwarzwald-Liesel aus den von Andenkenläden sattsam bekannten Wetterhäuschen. Angeblich eine „besondere Hollegestalt“ (pöh!), die „ihren Schimmel im Wald versteckt und ihn nachts an die im Tal fließende Ohm zur Tränke führt“. So ein Quatsch. Zu allem Überfluss schiebt man pseudo-bedeutungsvoll auch noch die „keltische Pferdegöttin Epona“ nach. Was die jetzt mit der „wilden Holle“ zu tun hat, bleibt unerfindlich. Ist ja auch nur so eine Theorie.
    Wer angesichts dieser ziemlich blöden Geschichte jetzt betreten zu Boden blickt, erkennt unschwer an dem in mehreren modernen Sanitärfarben changierenden „blasenreichen Basanit“, dass in der beschriebenen Zwei-Mann-Höhle wohl des öfteren auch gekauert wird, um die Blase zu entleeren.
    Solche Höhlen im Basalt mögen ja selten sein, gehen ihren Benutzern aber regelmäßig am Allerwertesten vorbei. „Ohne Sagen und Steine geht es auch hier nicht“, verkündet darum der Autor des obigen Beitrags drohend. Ob es sich hierbei um Urinsteine oder die vor allem in öffentlichen Toiletten gern verwendeten penetrant riechenden WC-Steine handelt, die eine gute Hygiene bei tatsächlich schlecht gereinigten Toiletten vortäuschen sollen, bleibt ungeklärt. Der „Schimmel“ der wilden Holle könnte insofern auch auf einschlägige Verunreinigungen hindeuten. Beunruhigend ist in diesem Zusammenhang, dass „der Sage nach am Ulrichsteiner Schlossberg ein Gang beginnt, der genau hier ans Tageslicht führt“. Das wäre eine eher ungünstige Verlaufsrichtung des Abwassers, weshalb die Theorie, dass Hirtenjungen sich bei aufziehendem Unwetter „dort bestimmt versteckt“ hätten, als eher unwahrscheinlich zurückgewiesen werden muss. Dies gilt auch für die eher vage Annahme, dass „einige der Buchen dort noch von alten Hutebuchen“ abstammen sollen und „Schweine und Schafe“ angeblich „zur Mast in die Wälder und auf die steinigen Anhöhen getrieben“ wurden. Gesichert ist aber, dass auf den erwähnten steinigen Anhöhen heute der massenhafte Bau von Rohrmasten für Windkraftanlagen vorangetrieben wird, bei deren Anblick man sich – trotz der beschriebenen hygienischen Zustände und selbst bei schönem Wetter – in das Unter-Seibertenroder Wildholl-Loch kauern sollte.

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