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2. gemeinsame Synode der Dekanate Alsfeld und Vogelsberg blieb ohne BeschlüsseStand der Fusion und der Pfarrstellenneubemessung im Fokus

ALSFELD/GREBENAU (ol). Es war die zweite und gleichzeitig auch die letzte gemeinsame Synode der zu fusionierenden Ev. Dekanate Alsfeld und Vogelsberg, die vor Kurzem stattfand. Denn wenn sich die Synodalen aus fast dem gesamtem Vogelsbergkreis im Januar nächsten Jahres wiedertreffen, dann ist aus beiden Dekanaten schon eins geworden. Im Mittelpunkt dieser Synode standen zum einen verschiedene Infos zum Fusionsprozess und der Pfarrstellenneubemessung sowie ein wesentlicher Beschluss zum Finanzausgleich.

In der Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats heißt es, dieser konnte jedoch wegen mangelnder Beschlussfähigkeit der Alsfelder Synode nicht gefasst werden. So war das fast zweieinhalbstündige Treffen ein reiner Informationsaustausch. Den anstehenden Themen selbst tat das zwar gut, das Verschieben einer für die Fusion so bedeutenden Frage wie dem Finanzausgleich sorgte jedoch auch für Unbehagen. Nach einem Gottesdienst in der Grebenauer Kirche wurden die Synodalen und Gäste in der Grebenauer Johanniterhalle von Christa Wächter, Präses im Ev. Dekanat Vogelsberg, begrüßt.

Zahlreiche Vertreter verschiedener Gremien und Einrichtungen

Unter den Teilnehmenden waren auch zahlreiche Vertreter verschiedener Gremien und Einrichtungen, darunter Hedwig Kluth, Dekanatsreferentin im Kath. Dekanat Alsfeld, Martina Heide Ermel, Leiterin des Diakonischen Werks Vogelsberg, Christian Wachter, Dekan im Nachbarkirchenkreis Ziegenhain, Lars Wicke, Bürgermeister von Grebenau, sowie Norbert Kelbassa und Petra Jahnel von der Mitarbeitendenvertretung. Nach der Verpflichtung dreier neuer Synodalen übergab Wachter abstimmungsgemäß die Sitzungsleitung an Präses Sylvia Bräuning aus dem Ev. Dekanat Alsfeld, die ihrerseits zunächst Platz für Grußworte einräumte.

Dekan Christian Wachter sprach von großen Veränderungen auch in seinem Kirchenkreis, der zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) gehört. Genauso wie die Dekanate Alsfeld und Vogelsberg beschäftigen sich die Menschen dort mit einer Neubemessung der Pfarrstellen, die mit der Implementierung von Assistenzkräften einhergeht, die Pfarrer entlasten und ihnen mehr Raum für inhaltliches Arbeiten geben sollen. Wachter sprach auch über Kooperationsräume, die später auch auf der Synode noch ein Thema waren.

Die Neubemessung der Pfarrstellen waren auch Thema des Grußwortes von Bürgermeister Lars Wicke. Er wisse wohl um den demographischen Wandel, so der Rathauschef, der die geplante Reduzierung der Pfarrstellen dennoch kritisch sieht: „Kirche auf dem Land, das sind die Pfarrer“, formulierte er seine Einschätzung und warnte davor, dass Menschen verlorengehen könnten, wenn die Wege in die Kirchen zu lang seien.
Zu genau diesem Thema sprach im Anschluss Pfarrerin Luise Berroth. Sie ist kommissarische Dekanin im Ev. Dekanat Lauterbach und Mitglied der Vorbereitungsgruppe, die anhand verschiedener Kriterien und Berechnungen den Dekanatssynodalvorständen (DSV) Vorschläge zu von den Kürzungen betroffenen Gemeinden machen wird.

Dekanin Luise Berroth informierte über den aktuellen Stand der Aktivitäten im Rahmen der Pfarrstellenneubemessung. Fotos: Schlitt

Obwohl ländliche Regionen bei der Zuweisung von Pfarrpersonen leicht bevorzugt werden, 1.650 Gemeindeglieder pro Pfarrer im Gesamtgebiet der EKHN, 1350 Gemeindeglieder auf dem Land, muss das neue Dekanat bis zum Jahr 2024 in zwei Etappen 3,5 Stellen im Gemeindepfarrdienst streichen. Die Kürzungen selbst könnten ohne Probleme durch Ruhestandsversetzungen aufgefangen werden, die Folgen für die Gemeinden bleiben aber dennoch. Auch die Stellen im sogenannten Regionalen Pfarrdienst, unter anderem Bildung, Öffentlichkeitsarbeit und Seelsorge, müssen reduziert werden. Um hier eine genaue Kürzung zu bestimmen, bedarf es noch einiger Zahlen aus der Kirchenverwaltung.

Neubemessung der Gemeindepfarrstellen

So ging es zunächst um die heikle Frage der Neubemessung im Bereich der Gemeindepfarrstellen. Welche Gemeinde genau betroffen sein könne, stünde aktuell noch nicht fest, so die Dekanin. Allerdings hätten die Betrachtungen von Zahlen sowie harten Kriterien wie der Anzahl der Gemeindeglieder, Predigtorte oder Kitas und weichen Kriterien wie besondere Situationen in den Gemeinden ein deutliches Bild darüber ergeben, mit wem die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe, die gleichzeitig auch Mitglieder in den DSVs sein sollen, mit Rückendeckung der DSVs sprechen werden. Nähere Angaben dazu gab Berroth auch auf Nachfrage nicht. Es sei ein Gebot der Fairness, mit den zunächst in Frage kommenden Gemeinden zuerst zu sprechen, und zwar bevor die Namen offiziell bekanntgegeben würden.

Mit in die Beratungen seien auch die Ergebnisse der sogenannten „Teebeutel-Umfrage“ geflossen, an der sich die Kirchengemeinden in großer Zahl beteiligt hatten, sowie die Wünsche und Vorgaben an Kriterien, die von den Pfarrern beider Dekanate in einer gemeinsamen Sitzung erarbeitet wurden. Es sei ganz erstaunlich gewesen, dass innerhalb von mehr als zwanzig Rechenmodellen mit verschiedener Gewichtung von allen möglichen Kriterien bis auf wenige Ausnahmen immer wieder dieselben Kirchengemeinden in Betracht kamen. „Die Ergebnisse sind hier sehr eindeutig“, so die Dekanin, die betonte, dass dennoch über jede, auch zunächst nicht betroffene, Kirchengemeinde einzeln besprochen wurde. Natürlich sei das Thema nicht beliebt, dennoch habe man hier nachvollziehbare, stichhaltige Vorschläge gefunden.

Eine einvernehmliche Lösung finden

In den nächsten Wochen werden die DSV-Mitglieder der Vorbereitungsgruppen nun das Gespräch mit mutmaßlich betroffenen Kirchenvorständen suchen. Das Ziel ist hierbei, eine einvernehmliche Lösung zu finden, die schließlich sowohl der Kirchenleitung als auch dem neuen DSV des fusionierten Dekanats vorgelegt werden könne, sodass auf der Synode im kommenden April darüber abgestimmt werden könne.Unmittelbar an dieses Thema knüpfte Dekan Dr. Sauer aus dem Ev. Dekanat Alsfeld an. Eine Möglichkeit, die Folgen von Pfarrstellenkürzungen abzufedern, sind neue Kooperationsformen, deren Varianten der Dekan vorstellte. Zum einen ist da die Pfarramtliche Verbindung von mehreren Kirchengemeinden, die sich dann eine Pfarrstelle teilen, zum anderen die Möglichkeit einer Arbeitsgemeinschaft bzw. eines Kooperationsraumes.

Kirchengemeinden verbinden sich hier im Rahmen von satzungsgemäßen Vereinbarungen und können sich so mehrere Pfarrpersonen teilen, die nicht mehr in der Gemeinde verankert sind, sondern deren Stellen beim Dekanat errichtet werden. Diese Pfarrer arbeiten dann inhaltsbezogen in allen Kirchengemeinden zusammen – nach Gaben, Interessen und Notwendigkeiten. Als weitere relevante Kooperationsformen nannte Sauer die Schaffung einer Gesamtkirchengemeinde mit mehreren Pfarrern, deren Aufgaben auch wieder durch eine Satzung verteilt werden, und zuletzt die Möglichkeit einer Fusion von Kirchengemeinden zu einer neuen Kirchengemeinde.

Danach berichte Pfarrerin Andrea Wiemer zum Stand der Fusion. Es gehe voran, so der Tenor, auch wenn mit Abschluss des Mietvertrages noch längst nicht alles erledigt sei: Die Umzüge von den alten Sitzen in Alsfeld und Lauterbach in das neue Gebäude müssten geplant werden, Neuanschaffungen, besonders im Bereich Mobiliar und IT, geprüft und deren Finanzierung geklärt werden, Konzeptionsarbeit für die verschiedenen zu fusionierenden Bereiche ins Auge gefasst werden. Kandidaten für die neu zu besetzende Dekanestelle seien gefunden, berichtete Wiemer; diese würden sich den DSVs noch im September vorstellen. Die Wahl des neuen Dekans oder der neuen Dekanin soll auf der Januar-Synode erfolgen, die am 26. Januar 2019 stattfindet, nachdem die Umzüge abgeschlossen sein sollen.

Über die Fahrt nach Indien und die Auswirkungen des Monsuns in East Kerala sprach Cordula Otto.

Nachdem Traudi Schlitt, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, einen kurzen, wenngleich erstaunlich umfangreichen Überblick über alle Mitarbeitenden in beiden Dekanaten gegeben hatte, warb Präses Bräuning um zukünftige ehrenamtliche Mitglieder in den nach der Fusion im Januar neu zu wählenden DSV. Auch die Position des oder der Präses wird durch Wahlen neu besetzt, sodass Kandidaturen und Engagement sehr erwünscht seien.

Den abschließenden Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ füllten Veranstaltungshinweise und ein Bericht über die diesjährige Fahrt in die indische Partnerdiözese. Cordula Otto vom Ev. Dekanat Alsfeld erzählte begeistert von großen Fortschritten, seit sie vor zehn Jahren zum ersten Mal dort gewesen sei; Fortschritte die nun vielfach durch den verheerenden Monsun zunichtegemacht worden seien. Nachdem bereits die Kollekte des Synodengottesdienstes für Hilfsmaßnahmen in Kerala zur Verfügung gestellt wurden, warb Otto um weitere Spenden.

Armin Habermann, Leiter der Regionalverwaltung Oberhessen, stellte der Versammlung Ralf Schnell als zukünftigen stellvertretenden Leiter seiner Stelle vor und somit als Nachfolger für Klaus Döll, der Anfang nächsten Jahres in den Ruhestand versetzt wird.
Noch im Amt, und das seit 40 Jahren, ist Dekanatsjugendreferent Karlfried Daniel. Seine Leistung würdigte Präses Bräuning. Daniel seinerseits dankte für vier Jahrzehnte im schönsten Job der Welt, dem er gerne bis zum Ruhestand treubleiben werde.

Urgestein der Jugendarbeit: Dekanatsjugendreferent Karlfried Daniel über den schönsten Job der Welt.

Abschiednehmen hingegen hieß es für die Versammlung vom DSV-Mitglied Pfarrerin Susanne Gessner. Sie wird zum Jahresende aus ihrem Dienst in Groß-Felda ausscheiden und auch das Dekanat verlassen, um eine Stelle als Klinikseelsorgerin in Gießen anzutreten. In ihrem kurzen Abschiedswort schloss Gessner den Kreis zu einem Grußwort am Anfang: „Kirche auf dem Land, das sind zuallererst die Menschen, die ihr Vertrauen auf Gott setzen.“ Die nächste Sitzung des dann fusionierten Dekanats Vogelsberg findet am 26. Januar statt. Sie wird als „Wahlsynode“ deklariert, auch wenn bis dahin sicher wieder viele weitere Inhaltspunkte in dem lebhaften Dekanat auflaufen.

Ein Gedanke zu “Stand der Fusion und der Pfarrstellenneubemessung im Fokus

  1. Ob die grossen Kirchen mit Kürzungen an der Basis und dem dann bedingten reduzierten Dienst an dem immer kleiner werdenden Klientel ihren Aufgaben noch gerecht werden können, ihren „Wasserkopf“ an der Spitze mit zwei Landeskirchen aber beibehalten, bezweifele ich sehr. Im Vogelsbergkreis werden angesichts auch vorgesehener Kürzungen kurz vor der Fusion noch schnell ein paar Stellenbesetzungen vorgenommen, um Tatsachen zu schaffen und sich die eigenen Pfründe zu sichern. Skandale wie Missbrauch an Minderjährigen, verschleuderte Millionen für Protzbauten, veraltete und völlig an der Wirklichkeit vorbeigehende Machtstrukturen beider Kirchen, machen den Rest an moralischem Vertrauen zunichte. Ob das im Sinne einer höheren Macht, wie immer die auch heissen mag, ist, stelle ich noch mehr in Frage. Trotz gewaltiger Lippenbekenntnisse von Politik und anderer Instanzen wird der ländliche Raum auch da noch mehr abgehängt und eine älter werdende Bevölkerung, die immer hilfsbedürftiger wird, im Stich gelassen. Und wen wundert dann die allgemeine Verdrossenheit. Da nützt auch die ganze Schönschreiberei eigener dem Arbeitgeber verpflichteter „Lohnschreiber“ nichts mehr, in früheren Jahren gab es wenigstens noch eine einigermnassen kritische Berichterstattung eingeladener Pressevertreter der in Frage kommenden Medien. Das sicherte dann eine gewisse Meinungsvielfalt. Die ist heute aber nicht mehr erwünscht, schade.

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