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Wohnortnahe ärztliche Versorgung im Fokus der SPD Vogelsberg„Die Rahmenbedingungen landärztlicher Arbeit müssen sich verbessern“

VOGELSBERG (ol). Was ist nötig, um eine wohnortnahe ärztliche Versorgung auf dem Land sicherzustellen: Dieser Frage gingen in Ulrichstein der heimische SPD Landtags-Direktkandidat Swen Bastian und Bettina Müller, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Gesundheitsausschuss, auf Einladung der SPD Seniorenarbeitsgemeinschaft 60 Plus nach.

In der Pressemitteilung der Vogelsberger SPD heißt es, das Interesse am Thema war groß, denn ob der nächste Hausarzt gut erreichbar ist, sei ein zentrales Thema für alle Generationen, so Bastian. Trotz enormer Anstrengungen vor Ort, etwa durch den Vogelsbergkreis, brauche es grundlegende Verbesserungen zu Gunsten der Landarztpraxen, um neue Mediziner zu gewinnen und den Landarztberuf attraktiver zu gestalten.

„Unsere Hausärzte leisten eine hervorragende Arbeit. Und das obwohl Land- und Stadtpraxen heute extrem unterschiedliche Strukturen vorfinden, die zu Benachteiligungen führen. Arztpraxen auf dem Land versorgen in der Regel hohe Patientenzahlen. Ältere Patienten sind stärker auf Hausbesuche angewiesen und der geringere Zugang zu Facharztpraxen macht es notwendig, dass der Hausarzt auf dem Land mehr Leistungen bei der Medikamentenversorgung und Heilmitteln übernimmt“, machte Swen Bastian deutlich.

Ein enormes Problem stellen die sogenannten Regresse dar, durch die niedergelassene Ärzte in ihrer Arbeit ständig bedroht seien. Diese Strafzahlungen drohten in vielen Bereichen. Sobald ein Arzt mit vielen Leistungen auffalle, sei er den Strafzahlungen angesetzt. Und das ohne eine zeitnahe Rückmeldung von Auffälligkeiten durch die Kassenärztliche Vereinigung im Vorfeld. „Hier gilt es dringend anzupacken. Die Rahmenbedingungen landärztlicher Arbeit müssen sich verbessern, wenn man neue Mediziner für das Land gewinnen möchte“, unterstrich Bastian.

Landtags-Direktkandidat Swen Bastian und Bettina Müller diskutierten auf Einladung der AG 60Plus die wohnortnahe landärztliche Versorgung im Vogelsbergkreis. Fotos: Dieter Graulich

Sehr große Unterschiede auf regionaler Ebene

Bettina Müller bestätigte, dass es regional sehr große Unterschiede in der ärztlichen Versorgung gebe. Trotz enormer Anstrengungen der lokalen Ebene könnten zu häufig noch immer keine Nachfolger für freiwerdende Landarztsitze gefunden werden. Das sei ein Problem, da der Arztsitz komplett wegfalle, wenn es nicht gelinge diesen innerhalb von sechs Monaten neu zu besetzten. „Der Gesetzgeber muss deshalb auch über alternative Wege nachdenken. Wenn ein freier Arztsitz nach einem halben Jahr nicht besetzt werden kann, sollten die örtlichen Krankenhäuser ermächtigt werden können, die ambulante Versorgung zu übernehmen“, machte Müller deutlich.

Um eine gute Versorgung zu erreichen und abzusichern, müssten bei der Bedarfsplanung auch maximal zumutbare Distanzen, Flächen und die verkehrliche Infrastruktur vor Ort berücksichtigt werden. „Weniger Einwohner müssen nicht zwangsläufig zu einem geringeren Bedarf an Ärzten führen, da spezifische Strukturen der Region einen höheren Bedarf rechtfertigen können“, stellte Müller klar. Steuernde Eingriffe bei der Standortwahl seien bislang nicht vorgesehen. Für eine gleichmäßigere, wohnortnahe Verteilung und den Abbau von Ungleichheiten sei eine solche ihrer Überzeugung nach aber unerlässlich. Die Bedarfsplanungsrichtlinie werde derzeit durch das Bundesgesundheitsministerium überarbeitet. „Der Entwurf liegt auf dem Schreibtisch von Minister Spahn. Ich erwarte hier vom Minister eine bessere Berücksichtigung der Situation in der landärztlichen Versorgung“, sagte Müller.

Es bedarf einer gemeinsamen und vielfältigen Anstrengung der Politik

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Hausarztversorgung die Menschen im Vogelsbergkreis bewegt. Im vergangenen Jahr gab es 68,25 Hausarztsitze Kreis. Damit gelte der Vogelsberg bei der Kassenärztlichen Vereinigung formal als hausärztlich überversorgt, was sich im Alltag aber vollkommen anders darstelle. Schon heute würden viele Menschen Probleme haben, wohnortnah einen neuen Hausarzt zu finden. Der geschätzte Nachfolgebedarf bei den Hausärzten im Vogelsbergkreis liege bei 48 Prozent in den nächsten sieben Jahren.

Die Diskussion bei der AG 60Plus.

„Diese Zahlen machen mehr als deutlich, dass der Landkreis die Herausforderung allein nicht bewältigen kann. Es bedarf gemeinsamer und vielfältiger Anstrengungen der Politik, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen, um eine grundlegende Veränderung des Systems zu erreichen und die Arbeitssituation der Landärzte zu verbessern“, sagte SPD Landtags-Direktkandidat zum Abschluss der Veranstaltung.

Ein Gedanke zu “„Die Rahmenbedingungen landärztlicher Arbeit müssen sich verbessern“

  1. Im Gegensatz zu dem Slogan „Zukunft jetzt machen!“ auf einem äußerst gestellt wirkenden Foto (https://www.oberhessen-live.de/wp-content/uploads/2018/08/Ulrichstein-Aerztliche-Versorgung-1.jpg) ist dem Beitrag leider nicht zu entnehmen, was die SPD denn jetzt machen will, um die sattsam bekannten Lücken in der Ärzteversorgung zukünftig zu schließen.
    „Dass der Landkreis die Herausforderung allein nicht bewältigen kann“, wissen wir doch längst. Und angesichts gebetsmühlenartiger Floskeln, es bedürfe „gemeinsamer und vielfältiger Anstrengungen der Politik, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen, […] um eine grundlegende Veränderung des Systems zu erreichen und die Arbeitssituation der Landärzte zu verbessern“, ist man hinterher nicht schlauer als vorher. Ja, die Bedarfsplanungs-Statistik ist etwas anderes als die Realität vor Ort. Denk mal einer an! Und steuernde Eingriffe wären wahrlich notwendig, erfolgen aber nicht. Da kuckste aber. Und wie bei der Unterrichtsversorgung an den Schulen, der Pflegekrise in den Krankenhäusern oder den Missständen in der Altenpflege wird so lange diskutiert, bis die Katastrophe nicht mehr abzuwenden ist. „Der Gesetzgeber muss deshalb auch über alternative Wege nachdenken.“ Genau, muss er. Und inzwischen wächst und gedeiht die „Alternative für Deutschland“, weil das Volk langsam die Geduld verliert. Und wenn er nicht abgewählt wird, denkt der Gesetzgeber auch morgen noch, während uns alle Jahre wieder irgendein „Stärkungsgesetz“ erheitert, das längst überfällige und zumeist nur marginale Verbesserungen bringt und vor allem den Politikverdruss stärkt.

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