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Integrationsfachdienst von Kompass Leben als Bindeglied zwischen Arbeitnehmern und ArbeitgebernEin Guter Job trotz Handicap

ALSFELD (ol). Arbeit hat einen hohen Stellenwert in der deutschen Gesellschaft. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung rangiert ihre Bedeutung auf Platz zwei, wichtiger sind den deutschen Erwerbstätigen nur Familie und Partnerschaft. Diese Einschätzung macht deutlich, wie sehr das Wohlbefinden von einem guten Arbeitsplatz abhängt – das gilt natürlich auch für Menschen mit Behinderung.

Die Vermittlung von Menschen mit Handicap ist laut Pressemitteilung von Kompass Leben e.V. die Aufgabe des Integrationsfachdienstes (IFD). Mit drei Mitarbeitenden bietet er an fünf verschiedenen Standorten im Vogelsberg Beratungsstunden an – für Arbeitnehmer mit Behinderung wie für Arbeitgeber, denn Herausforderungen stellen sich beiden Parteien, wenn sie sich in einem Arbeitsverhältnis zusammentun. „Unsere Klienten sind häufig Menschen, die durch Krankheit oder Unfall eine Schwerbehinderung haben, aber auch solche, die von Geburt an unter einer Behinderung leiden, die sich vielleicht im Lauf der Zeit noch verschlimmert“, erläuterte Annette Walther.

„Es kann vorkommen, dass sie mit einem Handicap nicht mehr genauso wie vorher an ihrem Arbeitsplatz tätig sein können. Dann versuchen wir zum einen, mit Hilfsmitteln Möglichkeiten zu schaffen, dass sie dort bleiben können, oder wir versuchen gemeinsam mit dem Arbeitgeber einen alternativen Arbeitsplatz im Unternehmen zu finden“, sagte Walther. Ist das nicht möglich, dann würden Annette Walther und ihre Kollegen Franziska Gaub und Ingo Conrad schauen, ob sie in einem anderen Unternehmen einen geeigneten Arbeitsplatz finden können. „Wir beraten auch Menschen mit Behinderung, die aus persönlichen Gründen ihre Stelle wechseln möchten“, sagte Walther.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren

Das Team arbeitet hier sowohl mit der Agentur für Arbeit zusammen als auch mit der Kommunalen Vermittlungsagentur und mit den Firmen vor Ort. Denn nicht nur die Arbeitnehmer profitieren von einer adäquaten Beschäftigung, auch für Firmen habe die Anstellung von Menschen mit einer Schwerbehinderung Vorteile, und sei es auch nur, dass sie ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen. „Auch Unternehmen können mir ihren Fragen zur Anstellung eines schwerbehinderten Menschen zu uns kommen“, präzisiert Walther das Angebot des IFD, der im Übrigen unter der Trägerkooperation von Kompass Leben e.V. und der Schottener Soziale Dienste gGmbH steht, die hier wiederum vom Integrationsamt beauftragt sind.

Ein Beispiel für ein sehr gelungenes Arbeitsverhältnis, das mit Hilfe des IFD begründet wurde, könne man in Eudorf im Hotel-Restaurant „Zur Schmiede“ kennenlernen. Hier arbeitet seit einem Jahr Nicole Hill im Bereich des House Keeping. Sie ist stark hörbehindert und somit auch sprachlich mitunter schwer zu verstehen. Seit einiger Zeit trägt sie ein Implantat, mit dem sie hören kann – eine neue Welt erschließt sich ihr damit, eine Welt voller verschiedener Geräusche, die ihr bis dahin völlig fremd waren. Nach Eudorf kam sie in einer gut abgestimmten Aktion zwischen KVA und IFD gemeinsam mit der geschäftsführenden Familie Pfeiffer-Hofmann.

„Es ist eine Selbstverständlichkeit“

„Es hat einfach gepasst“, brachte es Jörg Hofmann, Küchenchef in der Schmiede, auf den Punkt. „Natürlich ist die Kommunikation im Team nicht immer einfach, doch Nicole hat schon viel gelernt. Und sie bringt etwas ganz anderes mit: Sie ist hochmotiviert, sehr freundlich und aufmerksam und sie hat immer gute Laune.“ Einen Menschen mit einer Schwerbehinderung einzustellen, sei für ihn und seine Frau Ute Pfeiffer-Hofmann keine Frage, sondern eine Selbstverständlichkeit. „Es ist wichtig, dass auch Menschen mit Handicap ihre Chance bekommen zu arbeiten und Geld zu verdienen.“

Dass man mit etwas mehr Erklärungen geringfügig mehr Aufwand habe und die gesetzlichen Anforderungen etwas anders sind, stelle für das Schmiede-Team kein Problem dar, im Gegenteil: „Gerade die Gastronomie bietet Stellen für Menschen mit einer Behinderung – und die haben dann, wenn man mal von den Arbeitszeiten absieht, den schönsten Job der Welt“, sagte der Küchenchef, dem man direkt abnimmt, dass sein Haus nicht nur familiär geführt wird, sondern auch die Mitarbeitenden sich wie in einer Familie fühlen. Und dazu gehöre auch Nicole Hill.

Nach ihrer Meinung gefragt, habe sie deutlich gemacht, dass sie sehr glücklich ist, in Eudorf zu arbeiten und sich nur ungern bei der Arbeit stören lässt. Ihr Namensschild, das sie als vollwertige Mitarbeiterin des Hotels ausweist, zeigte sie stolz und erzählte von ihrem Aufgabengebiet, das sie in die Hotelzimmer führt, aber auch in das Restaurant, die Tagungs- und Festräume und auch in den Wellnessbereich bis hin zu den Toiletten. Überall arbeite sie akribisch und sei kaum zu bremsen, wie ihre Chefin bestätigt.

Dreimonatige Probezeit

Dass dieses glückliche Arbeitsverhältnis zustande kam, sei nicht nur den Bemühungen aller Beteiligten geschuldet, sondern auch der Möglichkeit, eine dreimonatige Probezeit zu vereinbaren, in der der Arbeitgeber kein finanzielles Risiko eingeht. Diese und andere finanzielle Fördermöglichkeiten kennen Annette Walther und ihre Kollegen vom IFD, genauso wie Möglichkeiten, bestehende Arbeitsplätze der Behinderung entsprechend auszustatten, und die verschiedensten Probleme aus dem Weg zu räumen. Von der Vorbereitung von Praktika und dem Verfassen von Bewerbungsunterlagen über das Suchen einer passgenauen Stelle für die Arbeitnehmer und einer passgenauen Besetzung für die Arbeitgeber bis hin zur Beratung zur Wiedereingliederung und Fachberatung.

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