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Der DGB-Vogelsbergkreis ruft zum Wählen und "Nein" stimmen aufDGB-Vogelsbergkreis: Eine Pflegekammer für Hessen ist unnötig

VOGELSBERGKREIS (ol). In den kommenden sechs bis acht Wochen sollen rund 57.000 Pflegefachkräfte in Hessen in einer Online-Umfrage zur möglichen Einrichtung einer hessischen Pflegekammer vom hessischen Sozialministerium befragt werden. Der DBG Vogelsbergkreis hat sich bereits eine Meinung zur Pflegekammer gebildet und teilt das in einer Pressmitteilung mit.

Seit dem 4. Juni wurden bereits Unterlagen mit einem Zugangscode an die Leitungen der pflegerischen Einrichtungen zur Weitergabe und zur Abstimmung an die Pflegenden verschickt. Der DGB-Kreisvorstand habe sich bei der letzten Sitzung ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Es wurde festgestellt, sagte der 1. Vorsitzende Ingo Schwalm, dass sich der Eindruck aufdrängt, als ob die Politik die Befragung zum Für und Wider einer Pflegeberufekammer in Hessen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und “ hinter dem Rücken der Pflege“ durchführen will. Deswegen möchte der DGB-Vorstand diesbezüglich die Pflegekräfte informieren.

Eine Pflegekammer stehe unter anderem für eine Teilnahme an Pflichtfortbildungen und vertritt Angelegenheiten, die die Berufsausübung, wie zum Beispiel Hygienemaßnahmen, Pflegemaßnahmen, Ausbildungsrichtlinien und Fortbildungen betreffen. Sollte eine hessische Pflegekammer eingerichtet werden, würden sich Pflegefachkräfte jedoch auf eine Zwangsmitgliedschaft einrichten müssen. Das gelte ausdrücklich für dreijährig examinierte Pflegefachkräfte und nicht für Helferinnen und Helfer in der Pflege.

Bei Nichtbezahlung des Mitgliedsbeitrages erfolge eine Zwangsvollstreckung. Es würde Pflichtfortbildungen geben, deren Kosten nicht zwangsläufig vom Arbeitgeber getragen werden müssen. Ebenso sei die Frage der Freistellung nicht geklärt. Eine Pflegekammer habe keinen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und würde keine Tarifverträge aushandeln können.

Schwalm, der selbst seit über 35 Jahren in der Pflege tätig ist, sagte, eine Pflegekammer beschäftigt sich ausschließlich nur mit den Inhalten der beruflichen Tätigkeit, nicht mit den Bedingungen, unter denen Pflegekräfte diesen Beruf ausüben müssen. Das könne einen noch größeren Druck auf die Pflegefachkräfte bewirken, weil die Pflichtfortbildungen auf eigene Kosten und der Freizeit durchgeführt werden müssen. Sehr bedenklich sei auch die Tatsache, das ein Mitgliedsbeitrag noch nicht einmal den Vorteil einer Rechtsschutzversicherung beinhalte.

5 Gedanken zu “DGB-Vogelsbergkreis: Eine Pflegekammer für Hessen ist unnötig

  1. @Eckhard Lotze
    Welche Verunstaltungen des Gesundheitssystems haben denn berufsständische Organisationen wie Ärztekammern oder Apothekerkammern verhindert?
    Die jetzigen Arbeitsbedingungen in der Pflege sind vor allem das Ergebnis eines zu geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrades in den Pflegeberufen. Die Gewerkschaften haben in den letzten 30 Jahren bzgl. Pflegeberuf nicht komplett versagt, wie Sie schreiben, ihnen waren oft einfach die Hände gebunden, weil sie nur dort aktiv werden können, wo sie in Vertretung ihrer Mitglieder handeln. Ansonsten wundert mich Ihr gewerkschaftsfeindlicher Standpunkt. Pflichtmitgliedschaft in einer Pflegeberufekammer ja – freiwillige Mitgliedschaft in der Gewerkschaft nein? Auch als gewerkschaftlicher Arbeitsnehmervertreter kann man mit am Tisch sitzen und vor allem klar den Standpunkt der abhängig Beschäftigten vertreten.
    „Wer nicht mit am Tisch sitzt, wird schnell Teil der Speisekarte“, mag ja lustig klingen, ist aber das falsche Bild. Koch und Kellner als die „Werktätigen“ im Szenario sitzen auch nicht mit am Tisch, aber sie bestimmen, was auf der Speisekarte steht und ob das genießbar ist, was die am Tisch Sitzenden bestellen. Und sie legen nicht nur die Preise fest, sondern kassieren am Ende auch ab. Und das alles aufgrund der gesetzlichen Regelungen, die für das Gastgewerbe nun mal gelten.

  2. Hat man mit „Kammern“ wirklich so gute Erfahrungen gemacht, dass man nun noch eine zusätzliche Kammer für Pflegeberufe installieren muss?
    Dann fordere ich doch einfach mal eine Reichs- (pardon Bundes-)Kulturkammer mit einer Unterabteilung für journalistische Online-Magazine (https://de.wikipedia.org/wiki/Reichspressekammer). Aber Scherz beiseite. Die Standards, die eine gute Pflege garantieren sollen, ergeben sich aus dem Pflegeversicherungsgesetz und den darauf aufbauenden Verträgen. Ob diese Qualitätsanforderungen tatsächlich eingehalten werden, überprüft der Medizinische Dienst der Pflegekassen durch unangemeldete Prüfungen. Für die Inhalte der Ausbildung und formalen Anforderungen an Pflegekräfte gibt es ein Pflegeberufegesetz (siehe https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/pflegeberufegesetz.html). Auch die Weiterbildung von Pflegekräften ist gesetzlich geregelt. Hier könnte der Gesetzgeber einheitliche Anforderungen festlegen, die bislang fehlen. Das Haupthindernis einer kontinuierlichen Fortbildung liegt aber in den Arbeitsbedingungen, die derzeit in den Einrichtungen herrschen. Der Mangel an qualifiziertem Personal und der komplexe Schichtbetrieb stehen oft einer systematisierten Fort- und Weiterbildung entgegen. Auch hier könnte der Gesetzgeber eingreifen. Statt nur eine gesetzliche Verpflichtung zur Fortbildung und eine adäquate Überwachung ihrer Durchführung festzulegen, könnte er die Pflegenden durch verbindliche Personalschlüssel für Pflegeberufe vor weiterer Überforderung schützen. Was soll in diesem Zusammenhang eine Pflegeberufekammer besser machen? Da wird doch nur eine weitere Instanz etabliert, auf die man die Verantwortung abschieben kann, wenn der Staat bei der Überwachung der Einhaltung bestehender Gesetze mal wieder versagt hat.

  3. Gegen eine Pflegekammer kann man nur sein, wenn man weiterhin möchte, dass Politik, Ärztefunktionäre und Kranken-/Pflegekassen die Pflege weiter verunstalten.
    Die jetzigen Arbeitsbedingungen in der Pflege sind das Ergebnis dieser oben genannten Entscheidungsträger. Und die Gewerkschaften haben in den letzten 30 Jahren bzgl. Pflegeberuf komplett versagt. Die sollen mal schön still sein oder sich endlich mal regen für die Pflegenden. Zusammen mit einer Pflegekammer wären die Gewerkschaften viel stärker.
    In Rheinland-Pfalz hat ver.di die Kammer auf´s Blut bekämpft und hat danach lautlos mitgearbeitet…

    Auf Augenhöhe mit anderen Kammern (Ärzte, Apotheker, etc.)kommen wir Pflegefachkräfte erst mit einer Kammer. Wie sagte Hr. Westerfellhaus so richtig: „Wer nicht mit am Tisch sitzt, wird schnell Teil der Speieskarte.“

  4. wann nicht, wenn jetzt haben die Beruflich Pflegenden in Hessen die Chance für ihre eigene Berufsgruppe einzutreten. Selbstbestimmt, ja mit allen Konsequenzen. Wie bei jeder Wahl.Nicht Fremdbestimmt. Und der Pflichtbeitrag wird bestimmt bei der nächsten Tarifverhandlung ins Spiel kommen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ein Beruflich Pflegender und Gewerkschaftsmitglied.

  5. Die Einrichtung einer Pflegekammer ist der falsche Weg, die desolate Situation in den Pflegeberufen zu verbessern. An den Arbeitsbedingungen und der miesen Bezahlung ändert sich nichts. Stattdessen wird der Eindruck erweckt, die Beschäftigten in den Pflegeberufen müssten stärker überwacht werden, um die Qualität der Pflege zu sichern. Wenn die „Wir-tun-was“-Fraktion in der Politik wirklich die Pflege verbessern wollte, dann würden sie über verbesserte Standards und eine verstärkte Heimaufsicht (kostet natürlich Geld) die Betreiber von Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten stärker in die Pflicht nehmen. Hier die Liste der Maßnahmen, die das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt, um die Qualität der Pflege zu verbessern: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege/qualitaet-und-transparenz-in-der-pflege.html
    Die Einrichtung von Pflegekammern wird dort nicht gefordert. Fazit: Ein zusätzliches Bürokratiemonster, das von den zentralen Problemen ablenken soll. Überflüssig wie ein Kropf!

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