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Erster Kreisbeigeordneter Dr. Mischak übergibt Bewilligungsbescheide: 800.000 Euro für die DorfentwicklungLändlichen Raum attraktiver machen

VOGELSBERGKREIS (ol). Von einer „vorgezogenen Bescherung“ sprach, laut Pressemeldung, Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak, als er kürzlich im Rathaus in Kirtorf gleich vier Bürgermeistern Bewilligungsbescheide aus dem Dorfentwicklungsprogramm beziehungsweise aus Leader-Mitteln überreichte.

Einen solchen Termin hatte er wenige Stunden zuvor schon im Rathaus in Hörgenau absolviert – ebenfalls mit vier Bürgermeistern. Insgesamt, so die stolze Bilanz des Vizelandrates, werden zum Abschluss der kommunalen Bewilligungsrunde in diesem Jahr  14 einzelne Projekte unterstützt. Die Gesamtfördersumme liege bei mehr als 800.000 Euro. Ziel der Dorf- und Regionalentwicklung sei es, den ländlichen Raum ein Stück weit attraktiver zu machen. Schon seit Jahren würden Mittel aus der Dorfentwicklung in den Vogelsbergkreis fließen. Momentan gebe es sechs Förderschwerpunkte, schilderte Mischak den Hintergrund. Besonders erfreut zeige er sich, dass der Vogelsbergkreis auch im nächsten Jahr wieder berücksichtigt werde. Die Dorfentwicklung könne dann in einer weiteren Großgemeinde anlaufen.

Kommunen profitieren von der Förderung

Wie sehr Kommunen von dieser Förderung profitieren, mache eine weitere Zahl deutlich: drei Millionen Euro an Zuschüssen insgesamt seien im Laufe diesen Jahres in den Kreis geflossen, 2,5 Millionen aus dem Dorfentwicklungsprogramm, der Rest aus anderen Finanztöpfen wie dem Leader-Programm. Investiert worden, sei weit mehr, laut Dr. Mischak seien das über neun Millionen Euro. „Das waren über 100 einzelne Maßnahmen – private und öffentliche – und das zeigt, wie wichtig diese Instrumente für uns sind“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete.

Im Beisein von Margit Kock-Wagner, zuständig für Dorfentwicklung beim Amt für Wirtschaft und ländlichen Raum und ihrem Mitarbeiter Matthias Sebald übergab Mischak anschließend den Bürgermeistern Ulrich Künz (Kirtorf), Timo Georg (Schwalmtal), Lothar Bott (Gemünden) und Lars Wicke (Grebenau) die begehrten Bewilligungsbescheide. Freudige Gesichter hatte es nicht nur bei den Rathauschefs, sondern auch bei  Ortsvorstehern, die an der Veranstaltung in Kirtorf ebenfalls teilgenommen hatten, gegeben.

In Gemünden fließe das Geld in die Gestaltung der Ortsmitte Rülfenrod. Der gemeinsame Schwerpunkt Ehringshausen/Rülfenrod liefe 2018 als eines der letzten sogenannten Altverfahren aus. Für den kleinen Ort Rülfenrod sei die Neugestaltung der Ortsmitte das zentrale Projekt der Dorfentwicklung. Eine Freifläche zum Verweilen werde in unmittelbarer Nähe der Kirche, des Feuerwehrgerätehauses und dem Kulturdenkmal Hofgut entstehen. Dafür werden über 66.000 Euro aus der Dorfentwicklung bereitgestellt.  Investiert werden insgesamt 110.000 Euro. Im Rahmen des gesamten Dorfentwicklungsprogramms wurden seit 2010 Zuschüsse in Höhe von 960.000 Euro gewährt. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich auf 2,68 Millionen Euro

Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak (links) und Margit Kock-Wagner vom Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum (rechts) überreichten die Bewilligungsbescheide im Kirtorfer Rathaus. Unser Foto zeigt sie mit Matthias Sebald (Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum), Michael Schlosser (Ortsvorsteher Vadenrod), Johannes Kröll (Ortsvorsteher Hergersdorf), Bürgermeister Lothar Bott, Dieter Wössner (Stadtverordnetenvorsteher Kirtorf), Bürgermeister Timo Georg, Bürgermeister Ulrich Künz, Günther Heil (Ortsvorsteher Schwarz) und Bürgermeister Lars Wicke (von links). Foto: Sabine Galle-Schäfer/Vogelsbergkreis

Kirtorf noch bis 2022 im Dorfentwicklungsprogramm

Zur Entwicklung und nachhaltigen Attraktivierung von Wohn- und Infrastrukturen hatte die Stadt Kirtorf zur Stärkung der Ortsmitte sowohl die Neugestaltung des sogenannten „Oberen Marktplatzes“ oberhalb des Rathauses als auch die Schaffung eines Gesundheitszentrums angestoßen. Zudem sollen die größtenteils leer stehenden Fachwerkhäuser in der Neustädter Straße drei bis elf saniert und künftig als Wohnraum- und Gewerbeflächen genutzt werden. Hierfür seien Gutachten und Planungsleistungen notwendig. Für das Projekt „Oberer Marktplatz“ seien 216.000 Euro bewilligt worden, die Investitionskosten werden sich auf 345.000 Euro belaufen. Für die Planungsleistungen für die giebelständigen Häuser werden 25.000 Euro gezahlt.

Die hinter der Häuserzeile liegenden Flächen sollen für den Bau eines Ärzte- und Gesundheitszentrums erworben und durch den Abriss von Nebengebäuden sowie Flächenneuordnung nutzbar gemacht werden. Zudem soll durch eine befahrbare Brücke eine Verbindung zum Lebensmittel-Markt geschaffen werden. Das Vorhaben hätte landesweiten und modellhaften Charakter. Für Ankauf und Rückbau gebe es Landesmittel in Höhe von knapp 240.000 Euro. Die Investition werde auf knapp 345.000 Euro beziffert. Noch bis 2022 sei die Stadt Kirtorf im Dorfentwicklungsprogramm. Bislang seien 1,7 Millionen Euro in die Stadt geflossen, die Gesamtinvestitionen beliefen sich auf fünf Millionen Euro.

Auch Schwalmtal und Grebenau mit dabei

In der Gemeinde Schwalmtal sollen die Dorfgemeinschaftshäuser in Vadenrod und Hergersdorf funktional aufgewertet und grundhaft saniert werden. Ziel sei neben der energetischen Verbesserung und entsprechenden Einsparungen bei den Betriebskosten die Erweiterung und Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten für beide Gebäude. Für Vadenrod gebe es einen Zuschuss von 120.000 Euro, die Sanierung werde 214.000 Euro kosten. Nach Hergersdorf fließe ein Zuschuss von mehr als 70.000 Euro, verbaut werden sollen dort mehr als 121.000 Euro. Schwalmtal sei seit 2014 im Dorfentwicklungsprogramm. Bislang liege die Förderung bei 470.000 Euro, die Gesamtinvestitionen beliefen sich auf fast 1,2 Millionen Euro.

Die Stadt Grebenau bekomme Leader-Mittel, mit deren Hilfe eine Pilgerherberge in Schwarz eingerichtet werden soll. Diese Übernachtungsmöglichkeit am Lutherweg werde im Haus Hirsch eingerichtet. In der ehemaligen Gastwirtschaft entständen vier Zimmer und ein Sanitärbereich sowie ein Gemeinschaftsraum mit Küchenzeile. Das Vorhaben habe regionale Bedeutung und sei vom Regionalforum Vogelsberg für eine Leader-Förderung ausgewählt worden. Gewährt worden sei ein Zuschuss von 74.000 Euro, die Maßnahme im „Hirsch“ werde insgesamt 126.000 Euro kosten.

Bewilligungsbescheid für Lautertal, Schotten, Herbstein und Grebenhain

Am Vormittag hatte der Erste Kreisbeigeordnete den Bürgermeistern Heiko Stock (Lautertal), Bernhard Ziegler (Herbstein), Susanne Schaab (Schotten) und Sebastian Stang (Grebenhain) die entsprechenden Bewilligungsbescheide im Rathaus in Hörgenau überreicht.

In Lautertal fließe das Geld in den Umbau des ehemaligen Gefrierhauses Dirlammen zum Multifunktionsraum. Damit werde den Bürgern eine Alternative für das stark frequentierte Dorfgemeinschaftshaus geboten. Investiert werden in den Umbau insgesamt 44.000 Euro, mehr als 25.000 Euro seien durch die Förderung abgedeckt. 2012 starte das Dorfentwicklungsprogramm in Lautertal, es laufe noch bis 2020. Bislang gebe es über eine Million Euro an Zuschüssen, investiert worden seien 3,11 Millionen.

In Schotten werden gleich mehrere Projekte unterstützt. So entstehe in Eichelsachsen ein Treffpunkt für alle Bürger, Gäste und Touristen mit einem generationsübergreifenden Ansatz. Der Platz mit Funktions- und Freizeitgebäude solle als Schnittstelle zwischen Dorf und Landschaft sowie dem Wanderweg „Spur der Natur“ fungieren. 50.000 Euro Zuschuss gebe es für die Platzgestaltung, die knapp 80.000 Euro kosten werde. 76.500 Euro Fördermittel seien für das Funktionsgebäude bewilligt, das mehr als 120.000 Euro kosten werde. Die Stadt Schotten erhielt weiterhin Zuwendungsbescheide für die Planung der Freizeitfläche am Schwimmbad in Einartshausen und den Dorfmittelpunkt in Rainrod von insgesamt 10.000 Euro. Für die städtebauliche Beratung im Rahmen der Privatförderung hatte Schotten weitere 5.000 Euro bekommen. Schotten sei ebenfalls seit 2012 im Dorfentwicklungsprogramm. Die bisherigen Zuschüsse würden sich auf über 1,8 Millionen Euro summieren, investiert worden seien knapp sechs Millionen.

Die Gemeinde Grebenhain plane die Neuordnung und Gestaltung der Ortsmitte von Metzlos-Gehaag, dort solle eine vielfältig nutzbare Freifläche in unmittelbarer Nähe zum Dorfgemeinschaftshaus und dem Backhaus entstehen. 30.000 Euro gebe es dazu aus dem Landesprogramm, die Schaffung des attraktiven Treffpunkts werde insgesamt 50.000 Euro kosten. Grebenhain sei ebenfalls seit 2012 im Programm, in der Zeit seien Zuschüsse von insgesamt 1,2 Millionen Euro genehmigt worden. Verbaut seien insgesamt mehr als 4,1 Millionen Euro.

Und schließlich hatte Bernhard Ziegler einen Bewilligungsbescheid aus Leader-Mitteln entgegen genommen, mit dem Geld werde die Neuanlage des „Andreasweges“ um Altenschlirf finanziert. Im nächsten Jahr könnten „1250 Jahre Altenschlirf“ gefeiert werden und zu diesem Jubiläum werde der 13,2 Kilometer langer Rundwanderweg ausgewiesen, beschildert und mit Ruhe- und Rastmöglichkeiten ausgestattet. Das Vorhaben werde mit viel Eigenleistung umgesetzt und in das Wanderwegenetz der Stadt Herbstein und des Vogelsbergs integriert. Die Kosten werden sich insgesamt auf 14.000 Euro belaufen.

2 Gedanken zu “Ländlichen Raum attraktiver machen

  1. Nur noch ein paar Lesetipps zu meinem Beitrag:

    1. Analyse von Eva Quadbeck: Die Politik entdeckt das Land
    http://www.rp-online.de/politik/die-politik-entdeckt-das-land-aid-1.7184853

    2. Die Regionalentwicklung wird zum Politikum – denn nicht alle Menschen zieht es in die Städte. Ein Kommentar von Gerd Appenzeller 
    http://www.tagesspiegel.de/politik/wohnort-und-wahlverhalten-die-re-politisierung-des-laendlichen-raums/19355502.html

    3. Gleichwertige Lebensverhältnisse als Rechtsproblem
    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwj05OPW7PDXAhVDbVAKHQ57DnEQFggoMAA&url=https%3A%2F%2Fedoc.bbaw.de%2Fopus4-bbaw%2Ffiles%2F404%2F21W7Ng3bGBVtY.pdf&usg=AOvVaw2r0XiMdyJ-V9EqBUWZ2zUG

    4.Sicherung der Daseinsvorsorge und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse
    http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Raumentwicklung/RaumentwicklungDeutschland/Projekte/Gleichwertig/Gleichwertig.html?nn=411742

    5. Kath. Frauenbund: Der Stadt geht es gut, wenn es dem Land gut geht
    https://www.frauenbund.de/nc/presse/pressemitteilung-detail/article/der-stadt-geht-es-gut-wenn-es-dem-land-gut-geht/

  2. Gegen die „nachhaltige Attraktivierung von Wohn- und Infrastrukturen“ in unseren ländlichen Gemeinden wird wohl kein vernünftiger Mensch Einwände erheben. Zum Glück haben die Wahlerfolge der AfD gerade in „abgehängten“ Regionen bei der letzten Bundestagswahl dazu geführt, dass man sich endlich des Verfassungsgebots erinnert, in den ländlichen wie in den Metropolregionen gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Viel zu wenig wird öffentlich thematisiert, welche Leistungen das Land auch für das Funktionieren der Ballungsräume erbringt. Alles jammert über die Landflucht. Doch glaubt man dem „Spiegel“, hat sich der Trend gerade umgekehrt (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wohnen-in-deutschland-immer-mehr-menschen-zieht-es-aufs-land-a-1109484.html). Das mag vielleicht nicht für alle Bevölkerungsgruppen gelten. Aber wer bereit ist, horrende Mieten im Rhein-Main-Gebiet zu bezahlen, nur um sich als „Städter“ zu fühlen, der sollte nicht über die zu geringe Rente jammern. Die Flixbus-Fahrt von Alsfeld nach Ffm. kostet gerade mal 5 Euro. Wer sich das ein Mal pro Woche gönnt, um auf der „Neuen Zeil“ zu flanieren (öfter täte er das auch nicht, wenn er dort wohnte), behält noch einige Hundert Euro vom ersparten Mietgeld übrig. Und wer ohnehin an der Peripherie wohnt, z.B. in Homberg/Ohm, fährt aktuell mit dem ÖPNV direkt in das romantische Marburg, von den wenigen Kilometern nach Fulda ganz zu schweigen. Man kann nur hoffen, dass das Interesse für den ländlichen Raum bei unseren Politikern nicht nur ein Strohfeuer bleibt. Also lasst sie los, die Fördermillionen. Sie sind auf dem Land weit besser angelegt als in den von Verkehrsinfarkt, Verslumung und Luftverpestung gequälten Metropolen, denn weniger bewirkt hier mehr. Und wenn man übermächtige Anbieter wie die Telekom endlich per Gesetz zwingt, Glasfaser auch in dünn besiedelten Regionen bis zu jedem Hausanschluss zu verlegen und den Herrschaften bei der Ausbaugeschwindigkeit mal ordentlich Beine macht, dann wird das Land für viele kreative und zukunftsträchtige Branchen sogar als Standort wieder interessant. Nein, über die Zukunft der ländlichen Regionen ist die letzte Messe noch nicht gelesen, wenn die Landbewohner endlich auf ihre Rechte pochen, statt sich mit Almosen aus diesem und jenem Fördertöpfchen abspeisen zu lassen.

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