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Vogelsberger Landrat übt Kritik am „unfairen Verfahren beim Verteilen der Investitionsprogramme“ – 1,5 Millionen Euro „Vogelsberger Ausstattungsoffensive“Görig: Fachklassen sind Aushängeschild der Region

ALSFELD (ol). Berufliche Bildung ist ein Standortfaktor – und die Max-Eyth-Schule in Alsfeld hat einen weit über die Kreisgrenzen hinausgehenden sehr guten Ruf. Landrat Manfred Görig überzeugte sich bei einem Besuch der Alsfelder Schule direkt von ihren Qualitäten, wie in einer Pressemitteilung bekannt geben wurde.

Die größte Schule des Vogelsbergkreises verdanke seinen Ruf außer dem Siegel „Europa-Schule“ vor allem der „Magnetwirkung“ der überregionalen Fachklassen, wie Schulleiter Friedhelm Walther bei einem Besuch von Görig deutlich machte. Die Schule lobte die „kraftvolle Entscheidung des Landrats“ anstelle einer zunächst vorgesehenen Bundesförderung nun mit eigenen Kreismitteln die Investitionen innerhalb der Schule voranzutreiben.

Einzelinvestitionen als Motivationsschub

So würde 2016 und 2017 mit der „Vogelsberger Ausstattungsoffensive für die Berufsschulen“ sowohl in der Vogelsbergschule Lauterbach als auch in der Alsfelder Kreisberufsschule an vielen Stellen „ein Investitionsstau aufgelöst“, betonte Landrat Görig im Fachgespräch in Alsfeld.

Insgesamt hat der Landkreis mit rund 1,5 Millionen Euro etwa 100 Einzelinvestitionen ermöglicht – vor allem Geräte und Maschinen seien angeschafft worden oder würden angeschafft. „Der Investitionsschub wurde zum Motivationsschub für die gesamte Lehrerschaft“, kommentierte Helmut Reitschky der stellvertretende Schulleiter, den Modernisierungseffekt.

Dieser Effekt sei von Landrat und Schulleitung auch ausdrücklich erwünscht. Denn gerade die MES-Fachklassen seien „ein Aushängeschild für die gesamte Region“. Die Strahlkraft reiche in viele Bundesländer hinein und sei auch für die Region Alsfeld ein Wirtschaftsfaktor – allein schon durch die vielen Schüler, die im Blockunterricht einen wichtigen Baustein ihrer Ausbildung in Alsfeld erwerben, erklärte Schulleiter Walther. Über 1000 Übernachtungen jährlich ergäben sich hieraus.

Schulleiter Friedhelm Walther (rechts) und Landrat Manfred Görig (Dritter von rechts) nehmen die neue Richtbrücke im Wert von 60.000 Euro im Fachbereich Karosseriebau/Fahrzeugtechnik der Max-Eyth-Schule in Augenschein. Foto: Erich Ruhl-Bady

Praxisnahe Ausbildung als Vorbild für Unternehmen

Die Schulleitung hob insbesondere die Bedeutung der Landesfachklasse „Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker“ und der Bezirksfachklasse „Bau- und Landmaschinenmechatroniker“ hervor. Beide Bereiche würden nach den Worten Walthers überragende Abschlussergebnisse erreichen. Die Schulleitung berichtete vom Interesse des Daimler-Ausbildungschefs an der praxisnahen Ausbildung in der Max-Eyth-Schule. „Das ist wirklich bemerkenswert“, freute sich Görig. Klar sei für Schulleiter Walther: „Wir wollen erreichen, dass die bestehende Landesfachklasse vermehrt von Auszubildenden anderer Bundesländer besucht werden kann.“

In der Unterredung mit der Schulleitung übte Görig deutliche Kritik am Verteilungsverfahren des Landes hinsichtlich der Investitionsprogramme des Bundes. „Wir hatten bei der zweiten Runde, bei KIP 2, mit 20 Millionen Euro gerechnet – es sind aber nur knapp 12 Millionen geworden.“ Grund dafür sei, dass im Verteilungsmechanismus des Landes leider auch Landkreise und kreisfreie Städte Geld erhalten hätten, die wirtschaftlich sehr gut dastünden.

Zum nun eigenständig aufgelegten zusätzlichen Kreis-Investitionsprogramm sagte Schulleiter Walther: „Das hat uns richtig gut getan!“ Neue Projekte und neue Ideen erhielten nun ihre lang ersehnte Chance.

Niveauunterschiede wenn möglich vermeiden

Zur Fachklassensicherung führte Schulleiter Walther aus: „Leider werden die Auszubildenden der Bau- und Landmaschinenmechatronik erst ab dem zweiten Ausbildungsjahr in Alsfeld zusammengeführt“. Sinnvoll sei die Beschulung ab dem ersten Ausbildungsjahr an der Max-Eyth-Schule, um die aktuell bestehenden Niveauunterschiede der Auszubildenden zu vermeiden. Görig sagte zu, auf die Landesregierung entsprechend zuzugehen. Eine Schule in einem Flächenlandkreis müsse zwingend anders betrachtet werden als der Ballungsraum. Das sei in Wiesbaden noch immer nicht verstanden worden.

Aktuell laufe ein Beteiligungsverfahren zur neuen „Verordnung über die Fachklassenstandorte“. Landrat und Schulleitung kritisieren gemeinsam, dass die regionalen Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt würden. „Sollte das so in Kraft treten, dann werden die Ausbildungschancen der Jugendlichen der Region einschränkt“, warnte Schulleiter Walther.

Klar, dass sich der Elektro-Ingenieur Manfred Görig für ein spannendes Schülerprojekt interessiert: Ein Trabi erhält einen Elektro-Antrieb. Foto: Erich Ruhl-Bady

Örtliches Berufsschulangebot verbessern

Beim Vogelsberger Berufsbildangebot würden zum Beispiel über folgende Berufsbilder diskutiert: Maler und Lackierer sowie Bäcker und Bäckereifachverkäufer. Ohne ein örtliches Berufsschulangebot in den genannten Bereichen könnten mittelfristig keine Auszubildenden mehr in der Region gewonnen werden, da es für die jungen Auszubildenden fast unmöglich sei, die Berufsschulen in den Ballungszentren mit dem mäßig vorhandenen Öffentlichem-Nah-Verkehr zu erreichen. Das könne zur Folge haben, dass noch vorhandene Handwerksbereiche nach und nach wegbrechen könnten.

Landrat Görig erneuerte seine These, dass bei der möglichen Zusammenlegung von Fachklassen aufgrund zu niedriger Schülerzahlen „Auszubildende genauso so gut auch zu uns in den Vogelsberg pendeln können“. Denn: „Die A5 und die Vogelsbergbahn verkehren durchaus in beide Richtungen“, sagte Görig.

Fachklassenstandorte in der Region erhalten

Die Schulleitung der Max-Eyth-Schule wünscht sich in diesem Kontext ein verstärktes Auftreten der Innungen und Kammern gemeinsam mit der Kreispolitik, um die entsprechenden Fachklassenstandorte in der Region zu erhalten. Dies könne beispielsweise über ein modifiziertes Unterrichtsstunden-Zuweisungsverfahren seitens des Kultusministeriums geschehen, schlug Schulleiter Walther vor.

700.000 Euro umfasse das Volumen in der Max-Eyth-Schule, mit denen der Landkreis bewirken wolle, die Fachbereiche auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Die größten Anschaffungen würden in den Bereichen Landmaschinentechnik, Karosseriebau/Fahrzeugtechnik und EDV getätigt. Drei Viertel der Investitionen seien bereits umgesetzt, der Rest erfolge innerhalb diesen Jahres.

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