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Neue Pfarrerin für Pfarrbezirk Eifa/Altenburg ab diesem SommerHenner Eurich geht – Sarah Kiefer kommt

ALSFELD (ls). Pfarrer Henner-Eurich verlässt seinen ehemaligen Pfarrbezirk Eifa/Altenburg und wechselt nach Heidelbach – diese Nachricht schlug Ende des vergangenen Jahres große Wellen. Anfang dieses Jahres dann seine Verabschiedung. Seit dem sind die Dörfer ohne Kirchenmann. Aber nicht mehr lange, denn Eifa und Altenburg haben einen neuen Pfarrer – nein, eine Pfarrerin.

Ab 1. Juli 2017 wird die 31-jährige Sarah Kiefer ihre neue Stelle als Pfarrerin auf Probe des Pfarrbezirkes Eifa/Altenburg antreten und setzt dabei auf moderne Gottesdienstformen. Was sie darunter versteht, warum Religion in der Pubertät nicht wirklich die Antwort auf all ihre Fragen hatte und warum sie letztendlich doch Pfarrerin werden wollte, beantwortete die junge Pfarrerin in einem Interview mit Oberhessen-Live.

Interview mit der neuen Pfarrerin Sarah Kiefer

Oberhessen-live: Frau Kiefer, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Erzählen Sie doch einmal: Wie kamen Sie dazu, die Stelle im Pfarrbezirk Eifa/Altenburg anzunehmen?

Ich selbst stamme aus Rabenau – da bin ich aufgewachsen, geboren wurde ich in Mainz. Aber schon kurz nach meiner Geburt sind wir nach Rabenau gezogen und deshalb fühle ich mich mit der Propstei Oberhessen besonders verbunden. Ich habe mich allerdings nicht aktiv auf die Stelle beworben, weil man das so kurz nach dem Vikariat nicht darf. Aber ich durfte angeben, dass ich nach Oberhessen will. So wurde ich gefragt, ob ich mich für die Stelle in Eifa und Altenburg interessiere. Nachdem ich mir die Orte angeschaut habe, war ich begeistert. Ich denke, hier werde ich mich sehr wohlfühlen.

Sie erwähnten etwas von einem Vikariat. Was genau ist das und wie sah Ihre berufliche Laufbahn bisher aus?

Ein Vikariat – das ist die praktische Ausbildung eines Pfarrers. Bis 2014 habe ich evangelische Theologie in Mainz studiert – ich bin also in meinen Geburtsort zurückgekehrt. Danach schloss sich das Vikariat an. Ich kam in die Nähe von Diez in eine Region, in der drei Pfarrerinnen zusammen für 26 kleine Orte mit insgesamt sieben Predigtstätten zuständig sind. Dort konnte ich einiges lernen und mich auf meine zukünftige Stelle vorbereiten.

Nach dem Vikariat folgt das Spezialpraktikum, bei dem sich angehende Pfarrer noch einmal einen ganz anderen Arbeitsbereich anschauen können. Ich habe das Spezialpraktikum in Frankfurt im Evangelischen Medienhaus absolviert und dort viel über die modernen Medien und den Umgang damit gelernt. Kirche schaut genau wie andere auch, wie sie die Botschaft von Jesus Christus modern und aktuell in den Medien präsentieren kann. Wie gestaltet man eine Homepage attraktiv, auf welche Inhalte kommt es an, wie kann ich so schreiben und sprechen, dass die Leute merken: Das hat was mit mir zu tun. Die Gemeinden in Eifa und Altenburg machen das ja auch. Hier finde ich viel auf der Homepage. Das möchte ich natürlich beibehalten.

Ankommen, Einblicke nehmen und einen eigenen Stil entwickeln

Da wären wir schon bei Ihren Zielen für die neue Gemeinde. Haben Sie schon weitere?

Die Gemeinde hat ja mit Pfarrer Henner Eurich schon einiges gemacht. Die Homepage wurde gepflegt und auch die Gottesdienstformen waren sehr modern. Die Menschen haben aktiv an der Kirche teilnehmen können. Es findet Kindergottesdienst statt und auch verschiedene Kurse werden angeboten. Die Gemeinde scheint sehr musikalisch zu sein, denn es gibt Chöre und einen Gitarrenkurs. Es ist wunderbar zu sehen, wie aktiv diese Gemeinde ist. Ich möchte nicht ankommen und alles umwerfen. Ich möchte ankommen, Einblicke nehmen und diese Sachen erst einmal fortführen – so gut ich das kann. Da es sehr viel ist, muss ich allerdings wohl am Anfang ein paar Abstriche machen – schließlich bin ich noch Berufsanfängerin.

Ich möchte das, was ich mache, richtig machen. Da kann man dann nicht gleich alles übernehmen, sonst leidet die Qualität. Aber ich weiß, dass ich in Eifa und Altenburg auf viele engagierte Ehrenamtliche und Kirchenvorsteherinnen und -vorsteher treffe, die mich sicherlich gut unterstützen. Mit der Zeit möchte ich dann meinen eigenen Stil mit einbringen. Ich selbst gestalte gern moderne Gottesdienste. Aber ich möchte mich auch mit den Gemeindemitgliedern abstimmen und erfahren, was sie sich für ihre Gemeinde wünschen.

Sie sprechen von modernen Gottesdienstformen – was kann man sich darunter vorstellen?

Ich habe schon verschiedene Formen kennengelernt, aber was letztlich für mich und die Gemeinde die richtige Form ist, sehe ich dann zusammen mit den Mitgliedern. Da gibt es beispielsweise Mitmachaktionen, die mir wichtig sind, da ich gerne mit den Menschen in Kontakt stehe und nicht einfach plump vortragen möchte. Ich beziehe gerne die Leute in den Gottesdienst ein – soweit sie das wollen. Auf jeden Fall möchte ich jeden einzelnen Gottesdienst zu etwas Besonderem machen.

Sie sprachen bereits über Pfarrer Henner Eurich, der den Bezirk gegen einen kleineren tauschte. Haben Sie die Befürchtung, dass auch Ihnen der Bezirk zu groß sein könnte?

Das glaube ich eher nicht. In meinem Vikariat hatten wir einen ziemlich großen Bezirk mit fünf Kirchengemeinden und 26 Orten, die dazugehören. Hier in Eifa und Altenburg sind es dann zwei Orte. Ich glaube, dass ich das schaffen werde.

Wie kam es dazu, dass Sie sich dazu entschieden haben, in eine ländlichere Gegend zu gehen?

Ich wollte eigentlich schon immer aufs Land. Ich bin selber vom Land und gar nicht so weit von hier aufgewachsen. Deshalb möchte ich auch selbst gerne wieder in einer ländlichen Gegend arbeiten. Die Menschen in ländlichen Regionen haben außerdem noch einen stärkeren Bezug zur Kirche und auch Spaß an modernen Gottesdiensten. Meine Landerfahrung ist: Hier kennt man sich. Man weiß von den Sorgen der anderen, aber auch, was sie gerade Gutes erlebt haben. Ich bin ein offener Mensch. Mir macht es Freude, mit den Menschen eng zusammenzuleben.

Die Bedeutung der Religion – Anschauung und Gefühl

Mit 31 Jahren sind sie noch sehr jung. Wie kamen Sie darauf Theologie zu studieren und Pfarrerin zu werden? Ich kann mir vorstellen, dass es da eher weniger Nachwuchs gibt.

Ich habe schon früh gemerkt, dass ich einen guten Draht zu Menschen habe. Außerdem haben mich schon früh Glaubens- und Lebensfragen, wie „Wer bin, ich“ oder „Was ist der Sinn des Lebens“ beschäftigt. Meine Familie prägte mich auch. Schon mit meinen Großeltern habe ich mich viel über Religion und Gott unterhalten und oft zusammen gebetet. Aber so richtig kam das Interesse während der Konfi-Zeit, wo ich auch kritisch nachgefragt habe, wieso etwas so ist und warum sich die Bibel an manchen Stellen selbst widerspricht. Der Pfarrer damals antwortete daraufhin, ich solle nicht so kleinkariert sein – das fand ich ernüchternd. Daher hat sich mein Interesse nach der Konfi-Zeit etwas abgeschwächt. Ich habe gedacht, dass die Religion mir nicht genug Antworten auf meine Fragen liefern kann.

Also habe ich Religion in der Schule abgewählt und zu Ethik gewechselt, um dort Antworten zu finden. Aber auch hier bin ich nicht fündig geworden. Naja und dann sollten wir ein Schulpraktikum machen. Ein Freund hat mich darauf gebracht, das Praktikum bei einem Pfarrer zu machen. Ich dachte: warum eigentlich nicht? Ich hatte ja meinen Glauben nie verloren. Vielleicht ist das eine Gelegenheit, mich wieder damit zu beschäftigen. Mir hat das Praktikum in der Gemeinde dann sehr gut gefallen. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt. So kam ich auf die Idee, Theologie zu studieren. Während des Studiums habe ich immer mehr gespürt, dass dieser Weg der richtige für mich ist. Im Vikariat hatte ich das Gefühl: Ich bin angekommen. Ich habe im Studium viel gelernt. Im Vikariat ging es dann darum, das Gelernte in den Alltag zu übersetzen und für Menschen da zu sein. Seitdem ich das machen darf, bin ich der glücklichste Mensch auf der Welt.

Das ist schön zu hören. Wie würden Sie sich das erklären?

Es macht mich einfach glücklich, anderen die Botschaft des Christentums ans Herz zu legen. Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Da steckt so viel drin. Ich finde, es ist eine Grundregel zum guten Leben: Vergiss den anderen nicht, verlier dich aber nicht selbst dabei. Und bei Gott können wir dazu neue Kraft tanken. Die Menschen heutzutage leben oft selbst zentriert; andere opfern sich zu sehr auf. Mit dem Liebesgebot kann man ein gutes Mittelmaß finden. Und so macht es mich einfach glücklich, Menschen zu helfen, ihr Leben im Horizont Gottes neu zu deuten. Und ich lerne sehr viel von anderen. Glaube zielt auf Gemeinschaft und es ist großartig, sich über die verschiedenen Blickwinkel auf das Leben und den Glauben auszutauschen.

Bedeutet das auch die Religion für Sie?

Das ist eine schwierige Frage. Für mich trifft das der evangelische Theologe Friedrich Schleiermacher sehr gut. Der hat gesagt: „Religion ist Anschauung und Gefühl.“ Ich verstehe das so: Wir müssen aufeinander und auf Gott schauen und uns gegenseitig achten und respektieren. Und ganz wichtig: Gefühle zulassen – auch unser Gespür fürs Unendliche.

Gemeinsam mit der Gemeinde Antworten finden

Eine letzte Frage noch: Würden Sie sagen, dass in Anbetracht der ganzen Ereignisse der letzten Jahre Religion und Kirche überhaupt noch zeitgemäß sind? Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade die jüngere Generation eher weniger in den Reihen der Kirche vor Ihnen sitzt.

Das ist sehr unterschiedlich und das kann man nicht pauschal sagen. Ich glaube auch, dass die Kirchengänge abgenommen haben aber ich denke, dass die religiösen Grundsatzfragen immer noch die gleichen sind. Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es einen Gott? Wer bin ich? All das ist immer noch da und will beantwortet werden. Diese Fragen bewegen mich und ich suche gerne zusammen mit anderen nach Antworten.

Wenn jemand nicht in den Gottesdienst will, ist das Okay. Vielleicht braucht derjenige eine andere Form, vielleicht einen Glaubenskurs oder einen Artikel im Gemeindebrief, der zum Nachdenken anregt. Ich persönlich habe durch die Auseinandersetzung mit meinem Glauben viel über mich gelernt. Ich habe so viel Gutes im Leben erfahren, dafür bin ich Gott sehr dankbar. Ich möchte den Leuten etwas davon weitergeben und dazu beitragen, dass sie für sich selbst so eine Kraftquelle in ihrem Leben entdecken.

Schöne abschließende Worte. Vielen Dank für Ihre Zeit und das nette Gespräch.

 

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