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Seit Anfang des Jahres gehört die Bio-Tonne mit zu jedem Vogelsberger Haushalt und sorgt noch immer für erhitzte GemüterImmer wieder Ärger um die Bio-Tonne

ALSFELD (ls). Seit Anfang des Jahres ist sie auch im Vogelsberg Pflicht – die Bio-Tonne. Konkret bedeutet das: Bioabfall in die neue Bio-Tonne und der Rest in den Restmüll. Eigentlich einfach. Eigentlich. Denn was ursprünglich so leicht gedacht war, wirft irgendwie doch mehr Ärgernis, Verwirrung und Fragen auf. Wir haben noch mal einige Fragen aufgegriffen und sie zusammen mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft Vogelsbergkreis (ZAV) beantwortet.

Seit Beginn des neuen Jahres stehen sie in jedem Vogelsberger Haushalt: die Bio-Tonnen. Seitdem werden Bioabfälle separat erfasst und in der Tonne gesammelt. Wellen schlug eine Pressemitteilung des ZAV von gestern, in der Tipps gegen das Festfrieren des Inhalts in den Bio-Tonnen gegeben wurden.

Ich seh jetzt schon die Maden an der Hauswand und am Boden rumkrabbeln….

Viel Wind um die neuen Bio-Tonnen

„Wir haben alles so befolgt wie beschrieben. Der Dreck bleibt trotzdem hängen bei diesen Temperaturen. Wenn ich jetzt noch Eierkarton und noch mehr Zeitung verwenden soll, reichen uns diese üppigen 60 Liter nicht aus. Diese großzügig bemessene Tonne soll ja auch noch Gartenabfälle aufnehmen. Im Sommer bleibt die Tonne draußen. Dann haben die Maden freien Zugang zur Straße“, schrieb beispielsweise ein Leser als Kommentar. Eine andere fragte sich was wohl für Tipps im Sommer kommen sollen, wo der Abfall bei heißen Temperaturen in der Sonne vor sich hingammelt und erntete dafür für viel Zuspruch.

Gerade in der schwarzen Tonne dürfte die Bio-Tonne bei heißen Temperaturen einige Probleme mit sich bringen – so gibt es Madenprobleme auch bereits bei der Restabfalltonne. Foto: cdl/archiv

Gerade wenn es um die Sommermonate geht, haben viele Menschen verständliche Bedenken. Von Maden, Waschbären und Ratten war hierbei die Rede. Auch die biologisch abbaubaren Tüten stellen die Einwohner des Vogelsberges immer wieder vor schier unbeantwortete Fragen: Darf man biologisch abbaubare Tüten verwenden? Die einen sagen Ja – die anderen Nein. Aber wie ist es richtig? Wie verfahre ich im Sommer mit der Tonne? Besteht wirklich Gefahr durch Madenbefall? Dr. Hansjörg Fuchs, der Geschäftsführer des ZAV stand unseren Fragen offen gegenüber und beantwortete sie in einem Interview.

Interview mit Dr. Hansjörg Fuchs über die Bio-Tonne

Oberhessen-live: Herr Fuchs, der ZAV kommunizierte in einer Infobroschüre, dass ‚Plastiktüten und biologisch abbaubare Kunststoffbeutel zum Sammeln der Abfälle’ nicht in die Bio-Tonne dürfen – das sorgt immer noch bei vielen Lesern für Verwirrung. In Supermärkten und Drogerien gibt es Tüten aus Maisstärke und biologisch abbaubaren Polymeren zu kaufen. Darf man diese Art der Tüten benutzen? Wenn nein, wieso nicht?

Nein, Plastiktüten und auch kompostierbare Kunststofftüten dürften nicht für die Bio-Tonne verwendet werden. Das ist eine ganz eindeutige Regelung, denn es sollen überhaupt keine aus Kunststoff hergestellten Tüten verwendet werden – selbst wenn diese biologisch abbaubar sind. Sie zersetzen sich in den vom ZAV genutzten Kompostierungsanlagen nicht oder viel zu langsam. Das gilt auch für die „biologisch abbaubaren“ und auch für die auch aus Maisstärke. Aufwändig und kostspielig müssen die Kunststoffe dann wieder aussortiert werden.

Oberhessen-live: Viele Leute haben starke Bedenken, wenn es auf den Sommer zu geht. Sie befürchten die Tonne fängt an zu stinken, Maden vermehren sich und Waschbären und Ratten werden angezogen. Was ist Ihre Meinung dazu? 

Die Leerungsintervalle der Bio-Tonnen betragen durchgehend für das ganze Jahr 14 Tage. Dadurch tritt auch bei dem Bio-Abfall keine lange Standzeit auf. Sofern man die Biotonne an einer vor direkter Sonneneinstrahlung und oder vor großer Wärme geschützten Stelle aufstellt, ist das Problem sehr gering. Zudem kann man das Thema weitestgehend verhindern, indem man dafür sorgt, dass die Biotonne wirklich dicht geschlossen steht, sodass Insekten keinen Zutritt haben. Wenn man weiterhin dafür sorgt, dass Feuchtigkeit aufgesogen wird, gibt es auch keinen Nährboden für Maden oder andere Insekten. Nicht zuletzt gibt es außerdem Mittel, zum Beispiel Kalk, die man zugeben kann, um die Entstehung von Maden und Gerüchen zu unterbinden. Daher ist das Problem eigentlich gut zu handhaben und es entsteht bei entsprechender Behandlung gar nicht erst.

Bio-Tonne

Selbst wenn sie biologisch abbaubar und aus Maisstärke bestehen – Tüten haben in der Biotonne nichts verloren. Foto: le

Oberhessen-live: Wären abschließbare Tonnen, wie es beispielsweise in anderen Kreisen oder Kommunen der Fall ist, nicht auch eine mögliche Alternative?

Aus welchem Grund sollten abschließbare Gefäße notwendig sein? Es gibt ja, wie ich bereits erwähnt habe, Möglichkeiten die befürchteten Probleme einzudämmen. Durch ein Schloss ergibt sich keine Veränderung.

Oberhessen-live: Andere Leute klagen, die Tonne sei unnötig, da bereits ein Kompost vorhanden sei. Trotz des entsprechenden Hinweises an den ZAV sei eine Tonne ausgeliefert worden und bezüglich des Antrags noch keine Rückmeldung erfolgt. Was können Sie zu solchen Fällen sagen?

Es gibt im Vogelsbergkreis eine Pflichtbiotonne. Da im Rahmen einer normalen Gartenkompostierung, die üblicherweise nur eine Grünabfallkompostierung sein kann, nicht unerhebliche Bioabfallarten nicht mitkompostiert werden können oder dürfen, erfüllt ein normaler Gartenkompost nicht die Bedingung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Bioabfälle auf dem eigen Grundstück. Daher ist einfach ein Kompost zu haben nicht ausreichend, denn die gesetzlich vorgeschriebene getrennte Bioabfallsammlung erfordert eine Separation aller Bioabfälle. Somit ist die gerne genutzte Variante gartenkompostierbare Abfälle auf den Komposthaufen und den Rest in die Restmülltonne zu geben nicht zulässig. Daher ist eine Biotonne in der Regel auch dann notwendig, wenn man einen Komposthaufen hat. Die Anträge auf Nichtnutzung der Biotonne werden geprüft und sind in der weit überwiegenden Mehrzahl der Anträge auch bereits beschieden.

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass man die Biotonne auch einfach nur zur Seite stellen kann und sie nur im gegebenen Falle gelegentlich nutzen kann. Zudem ergibt die Nichtnutzung der Biotonne keinerlei Vorteil für den Bürger, aber falls man dann doch eine benötigt beziehungsweise wenn sich bei Kontrollen zeigen sollte, dass Bioabfall von dort weiterhin in die Restabfalltonne wandert, ergeben sich dann deutliche Kosten für die Betroffenen.

Dr. Hansjörg Fuchs im Interview

Oberhessen-live: Angenommen ein Großteil der Menschen würde sich weigern die Bio-Tonne zu nutzen. Würde das wirklich etwas ändern? Würde die Tonne tatsächlich wieder abgeschafft werden?

Die Biotonne wird sehr gut genutzt, denn derzeit ist die Menge der eingesammelten Bioabfälle etwa gleich hoch, wie die Restabfallmenge. Das zeigt, dass die Bioabfälle tatsächlich, wie vorher untersucht wurde, die Hälfte des Abfalls im Vogelsbergkreis ausmachen. Die Anzahl der Anträge auf Nichtnutzung beträgt unter drei Prozent aller Anfallstellen. Die Bereitstellungsquote von Biotonnen zur Einsammlung liegt schon jetzt bei über 80 Prozent. Die weit überwiegende Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger nutzt also die Biotonne – mit sehr guter Sortierqualität und geringen Fremdstoffanteil übrigens – sodass eine gute Verwertung möglich ist. Es gibt zudem sehr viele Personen, die die Biotonne befürworten und gut finden. Es gibt keinerlei Boykott, eher das Gegenteil. Wir sind sehr positiv überrascht von den jetzt bereits erzielten Ergebnissen. Dass sich im Einzelfall auch Abweichungen ergeben, liegt in der Natur der Sache, denn kein Grundstück und der dortige Anfall von Abfällen sind gleich, aber es sind bis jetzt nur sehr geringe grundsätzliche Probleme aufgetaucht. Von Einzelfällen kann man zudem nicht auf die Gesamtheit schließen.

Wir benutzen die Biotonne nicht, gerade wegen der Tiere usw. Sowas braucht kein Mensch. Wenn jeder sich weigern würde die zu benutzen, wären diese blöden Tonnen auch bald wieder weg.‬

Da die separate Erfassung und Sammlung sowie die Verwertung von Bioabfällen eine gesetzlich geforderte Aufgabe ist, ist eine wie auch immer geartete Einsammlung vorgeschrieben. Die Biotonne ermöglicht diese Rechtsvorgabe bestmöglich und erfüllt es mit dem höchsten Servicegrad für die Bürgerinnen und Bürger. Zudem ermöglicht sie eine deutlich bessere Wiederverwertung von Abfällen und einen Beitrag zur Düngemitteleinsparung und Phosphorrückgewinnung für die Landwirtschaft unter Einbezug von allen Bioabfällen, nicht nur von geringen Teilen. Daher wird die Biotonne nicht abgeschafft.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen genommen haben. 

Bio-Tonne: Kein Grund zur Aufregung

Neben all den negativen Rückmeldungen auf die Bio-Tonne gab es unter den vielen Lesern auch positive Rückmeldungen und Beiträge, die zeigten, dass man sich durchaus an das Bio-Tonnen-System gewöhnen kann.

So schrieb eine Leserin: „Also wir hier unten in der Wetterau haben die Biotonne auch. Und wir haben das bis jetzt auch überlebt. Nur keine unnötige Aufregung. Es gibt Mittel und Wege, damit es im Sommer nicht darin krabbelt und sie wird dann auch öfters geleert als sonst. Alles kein Problem mit der richtigen Einstellung. Dadurch wird der Hausmüll entscheidend verringert, wiegt weniger. Und daher verteilen sich die Kosten, es muss nicht zwangsläufig mehr kosten.“ Die Bio-Tonne also doch kein Grund zur Aufregung.

Das macht absolut Sinn und ist ein guter Beitrag zur Umwelt. Man muß nicht gegen alles sein, was der Umwelt dient!‬

13 Gedanken zu “Immer wieder Ärger um die Bio-Tonne

  1. Erstes Bild? Ist doch Restmüll,so viel Plastik. Bio- Müll für Küchen, Hotels, Großküchen, u.s.w. ist OK. Der „Rest“ ist doch Abzocke.

  2. Das eigentliche Ärgernis ist die „versteckte“ Gebührenerhöhung! Mich verwundert es ein wenig, dass das dem Einen oder Anderen jetzt erst auffällt, denn darauf habe ich schon vor Wochen hingewiesen. Ferner wird der „Mülltourismus“ ein weiteres Problem werden, denn die Abholintervalle sind einfach zu lang. Nicht jeder Bürger ist ein vorbildlicher Mülltrenner. Wenn die eigene Tonne erst einmal überquillt, wird die Tonne vom Nachbarn genommen, WETTEN!?! Problemlösung: 14tägige Abholung der Restmülltonne! Neues Problem: Gewinnspanne ist erheblich geringer! UND DAS GEHT GAR NICHT :-)

  3. Was ein Tara wegen diesen Bio Tonnen,
    ich finde diese sehr Gut, anderswo gibt es Tonnen schon Jahre bzw. Jahrzehnte.
    Also weitermachen und den Müll schön trennen, da sind wir ja Weltmeister.

  4. Wenn man hier eine ganz normale Frage stellt bekommt man Daumen nach unten, anstelle einer Antwort.

    Das ist mal eine Einstellung und Diskussionskultur…

  5. Ja, der eigentliche Skandal ist, dass die Restmülltonne nur noch alle 4 Wochen geholt wird und man sich die Hälfte der Abfuhren spart. Die Entsorgung von Restabfall ist etwa doppelt so teuer wie der von Bioabfällen. Dann wird der Biomüll noch zu Biogas und hochwertigem Kompost verarbeitet. Und aufgrund all dieser Vorteile und Einsparungen werden die Müllgebühren um 30 % gesenkt. Oder etwa nicht?

    Aber noch mal zum Thema Mülltüten. Im November 16 habe ich beim ZAV angefragt, wie es mit der Verwendung von Bio-Mülltüten etc. aussieht. Ich zitiere mal den entscheidenden Satz aus der schriftlichen Antwort: Tüten, Beutel, Behältnisse aus Kunststoff, auch solche mit dem Aufdruck „biologisch abbaubar“ sind nicht geeignet und sollten daher auch nicht verwendet werden, sofern nicht ausdrücklich angegeben ist, dass sie zu 100 % aus (Mais-)Stärke hergestellt sind.
    Also, Tüten aus Maisstärke sind ok… waren ok… oder wie?

    Und wer sich gerne im Internet informiert, kann ja mal auf der Internet-Seite des ZAV nach dem Begriff „Mülltüten“ suchen: „Keine Ergebnisse für Mülltüten (1.0077 Sekunden)“. Ist anscheinend dort kein Thema.

  6. Frau Thamer, das mag ja sein. Aber das sind Einzelfälle und Sie können nicht erwarten dass sich die gesamte Müllabfuhr für alle nach ein paar Pflegebedürftigen richtet.

  7. Die Bio Tonne ist nicht das Problem ,sondern das der Restmüll nur noch alle 30 Tage abgeholt wird .Die Kosten sollten ja durch die Biotonne nicht höher werden ,aber es ist eine Steigerung um 50% .Was ist mit den Menschen die Pflegebedürftige zu Hause haben ,werden die Windeln jetzt alle 4 Wochen im Restmüll abgeholt ,Für die ,die nicht wissen wo von ich spreche Orin und Kot steht 4 Wochen in Plastik vor der Haustür besonders in der Stadt ,die Besucher riechen gleich Sie sind auf dem Lande .Diese Beutel fliegen demnächst frei herum in der Stadt ,zieht den Tourismus an Da hat wieder einer etwas entschieden der das Leben nicht kennt ,Hauptsache preiswerter ,ob das der Fall ist ,bezweifle ich

  8. Ich verstehe die Aufregung wirklich nicht.
    Zum einen war der Biomüll doch früher auch da, nur in einer anderen Tonne. Warum auf einmal Tiere angelockt werden sollen, nur weil die Tonne jetzt braun statt grau ist, erschließt sich mir nicht.
    Zum anderen kenne ich diese Tonne aus meiner Heimat in NRW seit geschätzten 20 Jahren, und ich hatte mich bei meinem Umzug nach VB gewundert, warum es die hier nicht gibt. Aus anderen Städten kenne ich diese Aufregung nicht.
    Wie man die Tonne madenfrei hält, sagt uns frag-Muttide: „Den Rand des Tonnendeckels (oben u. unten) einfach mit etwas Erkältungsalbe einschmieren.“
    Das einzige, was mich persönlich an der Aktion stört, ist der nun monatliche Abholintervall der Restmülltonne. Als Mama eines Säuglings häufen sich da ganz schön die Windeln. Da hätte ich eine kleinere Tonne mit 2-Wochen-Rythmus schöner gefunden. Aber diese Thematik würde ja bereits diskutiert.

  9. Das ist doch völlig schräg! Erst vor ein paar Tagen habe ich mir im „dm“-Markt in Lauterbach Papier(?)-Tüten für diese Tonne gekauft. Dort steht zu Werbezwecken auch eine braune Tonne, und die Tüten werden dafür angeboten. Was soll das denn jetzt bedeuten? Offenbar sind diese Tüten sehr wohl exakt für diese Tonnen gedacht. Mag ja sein, daß der ZAV das nicht gerne sieht, aber bei anderen Müllzweckverbänden scheint das kein Problem zu sein, sonst würden die Tüten gar nicht angeboten werden.

  10. Werde wohl die Biotonne bei uns ins Wohnzimmer stellen. Im Sommer steht sie dort schön kühl und im Winter warm. So wie es sein soll. Außerdem spare ich mir so die weiten Wege bis zum Müllplatz.

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