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Wirtschaftsförderung will erste Erfolge in der Innenstadt erzielen, um weitere Bürger zum Mitmachen zu bewegenWirtschaftsförderung startet mit Innenstadt

LAUTERBACH (cdl). Die Innenstadt steht im Fokus der Lauterbacher Wirtschaftsförderung: Auf der ersten Stadtverordnetenversammlung des Jahres in Lauterbach informierte der Erste Stadtrat Lothar Pietsch über den bisherigen Verlauf seiner Arbeit in der zum 1. Juli 2016 neu geschaffen Funktion der Wirtschafts- und Tourismusförderung. Als Arbeitsschwerpunkt hat sich zunächst das sogenannte „City-Marketing“ herauskristallisiert.

Gemeinsam mit der Firma Cima Beratung + Management wurde in einem Impuls-Workshop ein erstes Konzept mit dem Arbeitstitel „Vitale Innenstädte 2017“ erarbeitet, das in den kommenden Wochen weiter konkretisiert werden soll. Einige ausgewählte Daten stellte Pietsch anhand von Powerpoint-Folien vor. Zunächst wurden darin die Daten zur Bevölkerung und bestehenden Infrastruktur zusammengefasst. Der Fokus der Wirtschaftsförderung soll sich zunächst auf die Innenstadt richten. Beispielsweise gibt es dort einen Leerstand von 20 Einzelhandelsimmobilen. Gegen den Leerstand möchte die Wirtschaftsförderung angehen. Außerdem soll im Laufe des Jahres in der Innenstadt ein öffentliches WLAN installiert werden.

Ziel des Workshops sei die Identifikation erster Zielkorridore gewesen und dafür Handlungsansätze zu finden. Ein zielgerichtetes Stadtmarketing müsse sich an den Bedürfnissen der Bürger und Kunden orientieren. „Stadtmarketing bedeutet das Produkt Stadt zu optimieren“, so Pietsch. Weil das Stadtmarketing besonders umfangreiche Aufgabengebiete mit sich bringe, wolle man sich zunächst auf die vordinglichste Aufgabe das „City-Marketing“ konzentrieren. Stichwort hierbei sei die Inszenierung der Stadt als Marktplatz. Damit solle insbesondere die Stadt- und Umlandbevölkerung angesprochen werden. Wenn man dort die ersten Erfolge erziele, werde das Stadtmarketing sichtbar. Das soll dazu führen, das immer mehr Menschen bei dem Projekt mitmachen und man später die Aktivitäten ausweiten kann.

Aber zunächst gelte es, ausreichend qualifiziertes Personal zur Umsetzung zu finden und die verschiedenen Akteure zusammenzubringen. Beispielsweise durch die Gründung eines Innenstadtmarketing-Vereins, indem sich Handel, Verkehrsverein, Stadtverwaltung, Unternehmen und viele weitere zusammenschließen. Bisher bestehe noch keine gemeinsam formulierte Stadtmarketingstrategie auf Basis klarer Zielsetzungen, Zeitpläne und entsprechend zugeordneter Maßnahmen. Diese müssten in den kommenden Wochen gemeinsam erarbeitet werden. „Ich bitte Sie, mit Freude an die Sache zu gehen. Danke an die Akteure, die bisher mitgemacht haben. Wir wollen das auf breite Füße stellen. In absehbarer Zeit müssen Ergebnisse kommen, nur damit können wir weitere Menschen überzeugen mitzumachen“, so Pietsch.

Leerstand am Marktplatz

Grundsätzliche Ausführungen über die Wirtschaftsförderung in Lauterbach

Den Bereich der Wirtschaftsförderung habe es in der Stadt Lauterbach schon immer gegeben. Durch die Übertragung der Aufgaben auf ein Mitglied des Magistrates solle eine Weiterentwicklung und organisatorische Zusammenfassung der städtischen Wirtschaftsförderung vorangetrieben werden. Dabei solle ein Netzwerk aus Unternehmen, Handel, Handwerk berufsständischen Körperschaften und Kommunalpolitik aufgebaut werden. „Wenn sie damit die Hoffnung auf die Jahrhundert Ansiedlung verbinden, die alle Probleme der Stadt löst, dann bewegen sie sich im Bereich der Illusion. Aber Träumen ist erlaubt. Die realistischere Perspektive sehe ich in der sinnvollen Entwicklung und Pflege des vorhandenen Unternehmensbestandes“, so Pietsch.

Als zentrale Ziele, die es zu verfolgen gelte, führte Pietsch die Erhaltung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze, Erhaltung und Schaffung einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur und die Stärkung der kommunalen Wirtschafts- und Finanzkraft auf. Dabei liege der Schwerpunkt auf der Bestandspflege. „Was gemeinhin als Neuansiedlung bezeichnet wird, ist in der Praxis meist nichts anderes als die Verlagerung eines Betriebes von einer Gemeinde in die andere. Echte Neuansiedlungen sind in Deutschland eher selten, aber nicht ausgeschlossen“, so Pietsch. Neuansiedlern seien oft stark verbunden mit Bedingungen, die als ländliche Region schwer zu bewältigen seien. „Unseren Handlungsbereich für Neuansiedlungen sehe ich eher im Bereich der Existenzgründer“, ergänzte Pietsch.

Meist überschätzt werde die Bedeutung der Gewerbesteuer-Hebesätze und anderer finanzpolitischer Maßnahmen. Das Gleiche gelte für Nachlässe beim Grundstückskauf. Entscheidend sei, dass die anderen Standortfaktoren stimmen. Entfernung zu den Bezugs- und Absatzmärkten, Infrastrukturausstattung wie beispielsweise Verkehrsanbindung, Energie, Kommunikationsnetz, Arbeitskräftepotenzial quantitativ und qualitativ, Beschaffenheit des Grundstückes – aber auch Wirtschaftsklima und Image des Standortes, Wohnen, Schulen, Freizeitwert.

Vielleicht dem Wetter geschuldet: Am frühen Donnerstagabend waren zwar viele Autos zu sehen aber fast keine Passanten.

Trotz eigenen Fokus auf die Innenstadt regional denken

„Nach meiner Einschätzung liegt in der Stärkung der Region als Wirtschaftsstandort eine Chance, dem für die Städte und Gemeinden ruinösen Kirchturmwettbewerb und der interkommunalen Konkurrenz wirksam und zum Nutzen aller Beteiligten entgegenzutreten“, sprach sich Pietsch für ein integriertes Konzept aus. Daher arbeite er auch bei der Entwicklung eines Standortmarketings initiiert durch den Vogelsbergkreis mit. Regionale Zusammenarbeit müsse als eine Chance begriffen werden. Mittelfristig werde für die Städte und Gemeinden, nicht nur im Bereich der Wirtschaftsförderung, kein Weg an einer intensiveren und verbindlichen Zusammenarbeit vorbei führen.

Ihm gehe es um die frühzeitige Einbeziehung der Unternehmen, um den Abbau von möglichen Entwicklungshemmnissen, damit die Unternehmen ihre volle Kraft entwickeln könnten. Die kleinen und mittleren Betriebe im Vogelsbergkreis seien nicht umsonst überregional tätig. Die Güte und fachliche Leistung der Betriebe sei weit über die Kreisgrenze hinaus bekannt. „Das ist eine Stärke unserer Region. Die Zukunft dieser Betriebe hier bei uns muss gesichert werden. Die Sicherung, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften hier vor Ort entscheidet im Wesentlichen über die Zukunft dieser Unternehmen. Viele kleine Betriebserweiterungen bringen das Gros neuer Arbeitsplätze“, erklärte Pietsch.

Mit bereits bestehenden Trägern zusammenarbeiten

Die Wirtschaftsförderung müsse entsprechend organisiert und ausgestattet werden. Für die Umsetzung der aufgezeigten Aufgabenstellung werde jedoch weitere personelle Unterstützung benötigt. Außerdem sei es notwendig die Stellung der Wirtschaftsförderung in der Zusammenarbeit mit allen Bereichen der Verwaltung zu etablieren und diese als zentrale Anlaufstation zu verstehen.

„Generell sollten wir jedoch nicht den Ehrgeiz haben, alle Wirtschaftsförderaufgaben selbst erledigen zu wollen. Vielmehr sehe ich es als zentrale Aufgabe der zentralen Wirtschaftsförderung, die unterschiedlichen Angebote verschiedener Akteure zu erkennen und zu koordinieren“, ergänzte Pietsch. In vielen Gemeinden hätten sich Gewerbevereine als Zusammenschlüsse der lokalen Gewerbetreibenden gegründet. Neben echter Lobbytätigkeit befassten sie sich meist mit Stadtmarketing und Imagewerbung.

Im Ergebnis müsse die kommunale Wirtschaftsförderung nicht ständig das Rad neu erfinden. Man müsse bereits vorhandene Dienstleistungs- und Beratungsangebote anderer Träger erfassen, beeinflussen, koordinieren und sie den Gewerbetreibenden zugänglich machen. „Kommunale Wirtschaftsförderung kann nur im Miteinander gedeihen“, so Pietsch.

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