Lifestyle0

Wanderausstellung über die Produktionsumstände von KakaoKakao – eine süße Versuchung von Kindern für Kinder

ALSFELD (cdl). Kakao ist in unseren Lebensmitteln allgegenwärtig und beinahe jeder liebt die süße Versuchung. Jedoch wird der Großteil des weltweiten Kakaos von Menschen weit unterhalb der Armutsgrenze produziert. Nicht selten kommen Kinder und Kindersklaven auf den Plantagen zum Einsatz. Darauf macht jetzt eine Wanderausstellung in der Hauptgeschäftsstelle der VR Bank Hessenland aufmerksam.

Die Wanderausstellung „Süß & Bitter“ hat der Verein Weltladen Alsfeld e.V. in die Stadt geholt, die noch bis 14. Oktober in der Marburger Straße zu sehen ist. „Jetzt ist der Weltladen schon 13 Jahre alt und erfreut sich wachsender Beliebtheit“, so Annette Thon von der VR Bank Hessenland. Bereits seit Gründung des Weltladens am 9. September betreue die Bank die Konten des Weltladens.

Kakao

Annette Thon ist seit vielen Jahren bei der VR Bank und kann sich noch gut an die Gründung des Vereins Weltladen Alsfeld erinnern.

Seit sieben Jahre habe der Weltladen die Gelegenheit die Schaufenster der Hauptgeschäftsstelle des Geldinstituts zu nutzen, um dort seine Waren zu präsentieren, dankte Dr. Bernhard Geiß vom Weltladen. Darüber hinaus habe der Verein Weltladen Alsfeld in den Jahren 2006 und 2013 eine sehr großzügige Unterstützung von der VR Bank bekommen. „Der Verein Weltladen hat diese Ausstellung hierher geholt, um auf die Missstände im Kakaohandel- und Anbau hinzuweisen“, berichtete Dr. Geiß. „Schokolade ist im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Jeder mag diesen süßen Verführer.“ Aus einer teuren Kolonialware sei im Laufe der Jahrzehnte ein billiges Massenprodukt geworden. Schokolade habe nicht nur eine süße Seite, sondern auch eine Bittere.

ol-weltladen-alsfeld1-2709

Evelyn Bahn und Dr. Bernhard Geiß bei der Ausstellungseröffnung.

Zu 70 Prozent stammt der Kakao aus Westafrika

Evelyn Bahn von Inkota, dem Ausrichter der Ausstellung, stellte zunächst die Ziele von Inkota-Netzwerk e.V. vor. Für Inkota sei es wichtig Menschen in ganz Deutschland darüber zu informieren, welche globalen Ungerechtigkeiten es gibt. Außerdem wolle man die Verbraucher darüber aufklären, wie sie ihren Beitrag zu einem faireren Handel leisten könnten. Durch die Ausstellung in den Räumen der Bank erreiche man Menschen, die Inkota sonst nicht erreiche. Dem stimmte auch Thron zu. Von anderen Veranstaltungen wisse man, dass die Kunden neben ihren Geldgeschäften sich die Ausstellungen im Haus genau anschauen würden.

„Der Verbraucher soll sich genau anschauen, was er konsumiert“, forderte Bahn. Ganz egal ob Kleidung, Nahrung oder andere Konsumgüter. Bei den Herstellern solle man faire Produktionsbedingungen einfordern. Darüber hinaus könne man beispielsweise Schokolade im Weltladen kaufen, um ein Zeichen zu setzen. So die Überleitung von Bahn vom Allgeimeinen hin zur Schokolade. Viele wüssten gar nicht, wo der Kakao für die Schokolade herkomme. „Die Ursprünge der Pflanze liegen in Südamerika, jedoch kommen heutzutage 70 Prozent unseres Kakaos aus Westafrika“, so Bahn. Im Gegensatz zu Südamerika herrschten in Westafrika menschenunwürdige Produktionsbedingungen.

ol-weltladen-alsfeld-2709

Bahn beschrieb die Kinderarbeit als das „emotionalste Thema“.

Die kleinen selbstständigen Kakaobauern müssten alles in Handarbeit verrichten und könnten es sich nicht leisten, Lohnarbeiter einzustellen. Daher würden sie auf Kinderarbeit zurückgreifen. Die eigenen Kinder hätten meist nicht die Möglichkeit zur Schule zu gehen und müssten gemeinsam mit den Eltern um ihr Überleben kämpfen. Darüber hinaus würden Kindersklaven aus Nachbarländern dazugeholt. In etwa seien 45 Millionen Menschen abhängig vom Kakaoanbau. Es gebe circa 5,5 Millionen Kakaobauern, die gemeinsam mit ihren Familien diese große Anzahl an Menschen ausmachten. Eine Studie aus dem Jahr 2015 habe gezeigt, dass alleine in Ghana und der Elfenbeinküste 2,1 Millionen Kinder auf den Plantagen arbeiten. Die Kinder müssten schwere Säcke schleppen und mit Macheten umgehen. In etwa 90 Prozent aller Kinder arbeiteten unter missbräuchlichen Bedingungen.

Kampagnen für bessere Arbeitsbedingungen der Kakaobauern

Seit 2012 gibt es die Kampagne „Make Chocolate Fair“. Daran seien 17 Länder in ganz Europa beteiligt. Die Verhältnisse an der Gewinnspanne müssten mehr in Richtung der Kakaobauern gehen, wie Bahn am Beispiel des Verkaufs einer Tafel Schokolade deutlich machte. Die Kakaobauern würden nur sechs Prozent am Anteil verdienen, während Supermärkte 35 Prozent und die Süßwarenhersteller 33 Prozent einstreichen würden. Zwischenhändler und verarbeitende Industrie bekämen jeweils sieben Prozent und die staatlichen Behörden zwölf Prozent. Somit lande der Großteil bei den Akteuren in Europa.

Noch in den Achtzigerjahren habe der Anteil der Bauern 16 Prozent betragen. Inflationsbereinigt habe ein Bauer in den Achtzigerjahren 5.000 US-Dollar für eine Tonne Kakao bekommen und heute seien es gerade noch 2.500 US-Dollar. Eine Kakaobauernfamilie habe heutzutage 45 Cent pro Tag und Kopf zur Verfügung. Das sei weit unter der Armutsgrenze nach den Statuten der Weltbank. Normalerweise müsste ein Bauer mindestens das Vierfache bekommen, um davon Leben zu können. Hinzu komme, dass die Bauern als Selbstständige in der Lage sein müssten, selbst Investitionen zu tätigen oder sich gegen Ernteausfälle und Krankheiten abzusichern. Die europäischen Großkonzerte hätten in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro in die Elfenbeinküste gesteckt, müssten aber auf die Frage eines existenzsichernden Einkommens der Bauern mit „Nein“ antworten.

Bahn berichtete noch über viele weitere Details, die jedoch auch in der Ausstellung zu finden sind. Beispielsweise über Siegel, die auf fair gehandelten Kakao hinweisen. Darunter seien auch zwei industrienahe Siegel. Wenn man den Anteil aller Siegel zusammenrechne, komme man dennoch nur auf ein Prozent des weltweiten Kakaohandels. Bereits heute startet die Aktion nachgehakt. Dort seien die Konsumenten aufgefordert bei ihren Lieblingsherstellern nachzufragen, was sie für einen gerechten Kakaoanbau unternehmen.

ol-weltladen-alsfeld5-2709

Vielen Gästen war die Thematik nicht unbekannt, jedoch waren sie über das Ausmaß erstaunt.

ol-weltladen-alsfeld4-2709

Trotz des umfangreichen Vortrags nutzen die Besucher die Gelegenheit, sich beim Rundgang durch die Ausstellung weiter zu informieren.

 

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren