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Kay Ray freut sich: Alsfelder Publikum macht Stimmung für 500 LeuteObszöner Humor mit einer klaren Botschaft dahinter

ALSFELD (mb). Witzig, übertrieben, respektlos, zum Brüllen oder doch maßlos vulgär? Die Antwort auf diese Frage konnte nur finden, wer am Freitagabend die Veranstaltung des Kabarettisten und Entertainers Kay Ray in der Stadthalle Alsfeld besucht hat. Das Publikum in Alsfeld jedenfalls war begeistert von dem Humor jenseits der sogenannten „political correctness“ – ein Abend, der auch zum Nachdenken anregte.

Wer eine Show von Kay Ray besucht, der weiß normalerweise worauf er sich einlässt. Der gelernte Friseur präsentiert auf der Bühne schwarzen Humor vom Feinsten. Ob Juden, Blinde, Schwarze, Flüchtlinge oder eben die deutsche Kartoffel – jeder kriegt in der Show sein Fett weg. Zudem gibt es keine Tabu Themen. Kay analysiert begeistert das Eigenleben menschlicher Extremitäten in seiner Show. Das Publikum, das seine Shows besucht ist begeistert, denn Kay will mit seinen Witzen sicherlich nicht nur provozieren, sondern auch zum Nachdenken anregen.

Darf man das sagen?

Im neusten Programm von Kay Ray „YOLO“ haben Türken mit Ziegen Geschlechtsverkehr, Bundeskanzlerin Merkel ist eigentlich Hape Kerkeling und Brillenträger waren in ihrem früheren Leben einmal Schlangen. Auch vor Omas und ihren Verhütungsmitteln wird kein Halt gemacht oder dem weiblichen Geschlechtsteil und jegliche Randgruppen. Aber darf er das überhaupt? Die Delmenhorster Presse meint Nein: zu obszön, zu rassistisch. Kay Ray meint Ja und lässt es sich nicht nehmen Delmenhorst in seiner Show durch den Kakao zu ziehen.

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„Wenn wir nicht so viel über unsere Worte nachdenken würden, hätten wir auch weniger Probleme“

Der 50 jährige verarbeitet aber auch viel Privates in seinen Shows. Viele seiner Lieder, die auch einen großen Teil der Show bilden, sind selbstgeschrieben und regen zum Nachdenken an. So singt er in Alsfeld über seine Tochter, die sein größter Schatz ist oder auch „Das Lied für meine Feinde“. Neben seinem Talent als Komiker ist ihm auch das Gesangstalent definitiv nicht abzuschreiben.

Zudem war Kay Ray in jüngster Zeit auf Kur und berichtet auf urkomische Weise von seinen Erlebnissen und greift jegliche Vorurteile über therapeutische Maßnahmen auf. So leben in den verschiedenen Etagen die „Moppelchen“, die vom sozialen System aussortierten Manager oder die rollatierenden alten Leuten, die den Fahrstuhlverkehr immer aufhalten. Während seiner fünfwöchigen Aufenthaltszeit lernt er Nicole kennen, die ihn trotz offiziellem Witzeverbot gut versteht. Und so wird jeder, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, aufs Korn genommen. Da sind zum Beispiel Glubschi und ihre Freundinnen Durchblick und Rosinante. Rosinantes Gesicht gleicht das eines Pferdes und Nicole weiß sich nicht anders zu helfen als ihr Zucker anzubieten. Auch hier darf sich der Zuschauer wieder fragen: Darf er das denn oder ist das wirklich lustig? Kay Ray erzählt nach der Show, dass viele seiner Figuren, die es nämlich tatsächlich gibt, seine Shows besuchen mit der Begründung, sie kommen ja auch darin vor. Scheinbar darf man das also. Auch eine Frau aus dem Publikum kann den Komiker gut verstehen: „Ich war vor kurzem erst auf Kur und ich kann nicht mehr vor Lachen.“

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„Viele der Personen, die in meinem Programm vorkommen, besuchen meine Shows“

YOLO – You only live once. Zu Deutsch „Du lebst nur einmal“ – Der Name ist Programm und Kay versucht dem Zuschauer zu zeigen, dass wenn man das Leben einfach nimmt, es dies auch einfach sein kann. So ist auch Arno Kowalski aus Landenhausen vom Auftritt des Komikers begeistert „Ich gehe schon seit Jahren zu seinen Shows. Dieses Mal ist er allerdings etwas ruhiger als sonst und zieht sich gar nicht aus“, denn dies ist eines der häufigen Elemente in Kay Rays Show: Er liebt es sich auszuziehen und mit seinem Geschlechtsteil zum Beispiel Figuren zu formen. „Ein nackter Penis wird immer gleich mit Sex verbunden“, sagt der Kabarettist während seiner Show in Alsfeld.

Für alle, die ihn gerne nackt gesehen hätten, singt Kay das Lied „Nacktsehen“. Überhaupt macht er viel für und mit seinem Publikum: Ein gemeinsames Ratespiel von berühmten Zitaten oder das Aussuchen des nächsten Liedes – auch die Presse wird stets in die Show integriert. „Sie müssen uns vorher alles vorlesen, dann brauchen Sie es gar nicht mehr veröffentlichen.“ Der Komiker weiß sein Publikum immer wieder spontan zum Lachen zu bringen und führt fort: „Ich halte diese Anglizismen einfach nicht mehr aus. Das ist ein absolutes No-Go!“ Auch über die Verwendung vieler neu deutscher Wörter lässt er einen schmunzeln – aber regt auch zum Nachdenken an, ob Deutschland nicht vielleicht übertreibt mit seiner politischen Korrektheit. So werden aus den Blinden Menschen mit Sehbehinderung und aus Flüchtlingen Menschen mit Migrationshintergrund. „Die Sinti und Roma heißen demnächst Rotations Europäer und Politiker Lobbyisten mit Korruptionshintergrund.“ Makaber oder lustig? Alsfeld jedenfalls gefällt es, denn die mit 51 Menschen gefüllte Stadthalle macht eine Stimmung wie in Köln, freut sich Kay.

„Wie hast du denn ein Kind bekommen?“

Bei der Show des in Osnabrück geborenen Komikers dürfen natürlich auch die Witze aber auch Kritik an den Schwulen nicht fehlen. „Viele Schwule gehen auf öffentliche Veranstaltungen mit sogenannten Sandfrauen, damit niemand weiß, dass sie homosexuell sind. Die streuen den Gästen nämlich Sand in die Augen.“ Aber er beschwert sich auch über mangelnde Akzeptanz. „Viele haben mich gefragt, wie ich denn eigentlich ein Kind bekommen habe.“ Kay Ray bezeichnet sich selbst als bisexuell. Nachdem er 12 Jahre lang mit einem Mann zusammen war, hat er sich 2010 in seine beste Freundin verliebt und lebt nun mit dieser und seiner Tochter zusammen.

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„Lieber unterm Nievau amüsieren als mit dem Niveau langweilen“

Kay Ray polarisiert. Während die einen ihn lieben, können die anderen seine Art des Humors nicht nachvollziehen. Doch eins ist sicher: hinter den vielen obszönen Witzen und nachdenklichen Liedern liegt eine klare Message: Toleranz und ein bisschen Offenheit schadet nie. Und man sollte das Leben nicht zu ernst nehmen und dabei das Leben vergessen. In einem abschließendem Lied weist er das Publikum noch einmal darauf hin indem er singt „Man darf seine Bürger nicht abhören, man darf keine Zäune vor Flüchtlinge bauen“. Darf man das? Entscheiden Sie selbst.

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