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Gefährlicher Virus im Nachbarkreis: Turniere abgesagt, Reitställe geschlossenVirus versetzt Pferdebesitzer in Panik

REGION (kiri). In den Sozialen Medien macht es seit Dienstag die Runde. Pferdebesitzer geraten in Panik. Was ist da los? Oberhessen-live hat recherchiert und nachgefragt: Was auf Facebook & Co kursiert, stimmt leider: Im Landkreis Marburg-Biedenkopf sind mehrere Pferde an einer ansteckenden Virusinfektion erkrankt. In einem zweiten Stall sind Verdachtsfälle aufgetreten. Um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, wurden kurzfristig lang geplante Reitturniere über Pfingsten – beispielsweise in Mengsberg oder auf der Amöneburg – abgesagt.

Auch die Vogelsberger Pferdebesitzer und Reiter sind betroffen – nicht nur von der Turnierabsage. Auch sie haben Angst, dass sich die Erkrankung bis hierhin ausbreitet. „Achtung! Warnung!“  oder „…ihr müsst richtige Maßnahmen zügig ergreifen!“ postet eine Alsfelder Pferdebesitzerin auf ihrem Facebook-Profil, die Informationen über Absagen und Warnhinweise teilend. Denn Pferde können an dieser Erkrankung – es wird ein Herpesvirus oder ein anderer, gleichermaßen gefährlicher Virus vermutetet – sterben beziehungsweise müssen eingeschläfert werden.

„Bei zwei Tieren aus einem Stall in Kirchhain war dies bereits der Fall. Weitere Pferde befinden sich in der Tierklinik und werden überwacht“, so ist vom Pressesprecher des Kreises Marburg-Biedenkopf, Stephan Schienbein, auf Nachfrage zu erfahren.

Fatale Folgen: Lähmungserscheinungen bei betroffenen Pferden

Der behandelnde Tierarzt, Thomas Geilhof, war für Oberhessen-live telefonisch nicht zu erreichen. Aus einem Artikel der Oberhessischen Presse ist aber folgendes Statement des Veterinärmediziners zu entnehmen: „Die Erkrankung beginnt mit starkem Fieber von 39 bis 41,8 Grad“, erklärt Geilhof, der eine Praxis im Ebsdorfergrund betreibt. In seinen 25 Jahren als Veterinärmediziner habe er so etwas noch nicht erlebt.

„Noch nie habe ich so hilflos neben einem Pferd gestanden“, sagt er demnach im Gespräch mit der OP und erläutert den Krankheitsverlauf, der jedoch von Pferd zu Pferd völlig unterschiedlich aussehen könne: Die leichtere Verlaufsform sei ein schwankendes Fieber über mehrere Tage bis zur Ausheilung. „Im schlimmsten Fall treten Lähmungserscheinungen anfangs an der Schweifrübe, später dann in der Hinterhand auf. Auch Darm und Blasenlähmung wurden beobachtet“, informiert Geilhof. Die Lähmungen könnten gleich zu Anfang des Infektes auftreten. Bei einem der Pferde seien die Ausfallserscheinungen erst nach Abklingen des Fiebers gekommen. „Zwei Pferde waren nicht stabilisierbar und mussten eingeschläfert werden. Ein Pferd konnte trotz Lähmungserscheinungen wieder genesen“, so der Tierarzt.

Noch keine genaue Erkenntnis über den Auslöser

Um was für einen Virus es sich handelt, konnte bislang noch nicht eindeutig geklärt werden. Aufgrund des Krankheitsverlaufs gehen die behandelnden Veterinärmediziner allerdings davon aus, dass es sich um ein Herpesvirus handelt. Endgültige Laborergebnisse lägen jedoch erst in ein bis zwei Wochen vor. Es wird aber vermutet, dass es sich um einen ähnlichen Virus handelt, der vergangenen Herbst unter anderem in Niedersachsen seine Kreise zog.

Die Besorgtheit der heimischen Pferdebesitzer sei nachvollziehbar, die Experten – so auch der Kreisreiterbund und der Pferdesportverband Hessen – warnen auf ihrer Homepage allerdings vor Panik. Geilhof sieht das etwas anders.

Auch Geilhof warnt im Gespräch mit der OP zwar vor Hysterie, schätzt die Lage allerdings als „heftig“ ein. Wichtig sei nun zu kontrollieren: Die Leiterin der Gießner Tierklinik, Professor Kerstin Fey, rät laut OP jedem Pferdebesitzer zwei Mal am Tag bei seinem Tier die Temperatur zu messen. Landtierarzt Geilhof geht noch weiter. Er hält eine dreimalige Temperaturkontrolle am Tag für sinnvoll.

„Wenn die Temperatur über 35 Grad steigt, sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden“, so Fey in dem Bericht. Auf Facebook schreibt der Kreisreiterbund Marburg-Biedenkopf allerdings: „Ab 38,5 Grad Temperatur sollte der Tierarzt eingeschaltet werden. Im Zeitungsbericht hat sich ein Fehler eingeschlichen.“

Keine Meldepflicht beim Veterinäramt

Oberste Priorität habe nun, eine Ausbreitung des über Tröpfchen übertragbaren Virus zu verhindern, betont Thomas Geilhof. Deshalb rät er besorgten Pferdebesitzern zu Vorsichtsmaßnahmen im Stall. „Der Publikumsverkehr in den Ställen ist zu unterbinden und geeignete Desinfektionsmöglichkeiten sind zu etablieren. Das betrifft insbesondere Personengruppen wie Schmiede, Reitlehrer, Pferdebesucher sowie Reiter, die in mehreren Ställen aktiv sind“, sagt Geilhof.

Die ersten Reitställe – beispielsweise in Schrecksbach und seit Donnerstagabend auch der Ländliche Reit- und Fahrverein Alsfeld – haben deshalb schon dicht gemacht, fremde Reiter oder Pferde werden bis auf weiteres nicht mehr auf die Anlage gelassen und auch die eigenen Pferde verlassen diese nicht.

„Unser Veterinäramt hat keine Absagen veranlasst. Ein solcher Virus unterliegt nicht der Meldepflicht, muss nicht angezeigt werden“, erläutert Schienbein. „Wir sind daher nicht unmittelbar eingebunden, stehen aber dennoch in Kontakt mit Pferdebesitzern, um sie in Sachen Hygiene oder beispielsweise bei der Trennung von betroffenen und gesunden Tieren zu beraten und zu unterstützen.“

Der Vogelsberger Veterinärmediziner Dr. Risse weiß bisher von keinem Fall im Vogelsbergkreis. Rät aber auch zu vorrausschauendem Verhalten von Mensch und Tier.

Tipps und Hilfestellung vom Kreisreiterbund  Marburg-Biedenkopf

Der Kreisreiterbund Marburg-Biedenkopf empfiehlt auf seiner Homepage folgende Verhaltensregeln:

+ Fremde Pferde und Reiter sollten die eigene Anlage nicht mehr betreten.

+ Pferde sollten die Anlage nicht mehr verlassen und derzeit nicht an Turnieren und Wettkämpfen teilnehmen.

+ Reitschüler und weitere Besucher, die sich auch in anderen Ställen aufhalten, werden angewiesen, Kleidungsstücke vor dem Betreten der Stallungen zu wechseln.

+ Tiere dürften nicht mehr gestreichelt werden.

+ Besondere Sorgfalt gelte für Tierärzte, Hufschmiede und Reitlehrer, die zu verschiedenen Betrieben fahren. Sie könnten den Virus sehr leicht von einem Stall in den nächsten tragen. Deshalb sollten nicht notwendige Besuche bis auf weiteres verschoben werden.

2 Gedanken zu “Virus versetzt Pferdebesitzer in Panik

  1. Hallo Frau Valdorf!
    Gestern Mittag habe ich noch einmal bei der Pressestelle des Kreises Marburg-Biedenkopf angerufen. Die Untersuchungen dauern noch an. Die Laborergebnisse werden Sicherheit geben, um was für eine Erkrankung es sich handelt. Es wird aber von den behandelnden Veterinärmedizinern vermutet, dass es sich um besagtes Herpes-Virus handelt. Mehr können wir Ihnen zu diesem Zeitpunkt leider auch nicht an Information geben.
    Viele Grüße
    Anja Kierblewski
    Redaktion Oberhessen-live

  2. Hallo ich habe ähnliche Symptome schineinmal erlebt und da mussten 14 Pferde eingeschläfert werden. Ist es denn sicher ausgeschlossen, dass es sich um die equide anämie der einhufer handelt? Denn dann müsste auch das veterinäramt eingeschaltet werden. Liebe grüße

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