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Stadtparlament beschließt Vereinbarung des MediationsergebnissesDas Regelwerk für Windräder steht fest

ALSFELD (jal). Windkraft in Alsfeld funktioniert zukünftig nach diesen Regeln. Die Stadtverordneten haben am Mittwochabend die ausgearbeitete  Vereinbarung über das Ergebnis der Mediation beschlossen. Damit erhält die in einem Grundsatzbeschluss angenommene Variante zwei der Windkraftstandorte ein greifbares, juristisches Profil. Heißt übersetzt: Jetzt ist klar, wer wo Windräder bauen darf. Fürs Erste jedenfalls. 

Es war den Volksvertretern anzusehen, einige sagten es sogar laut am Rednerpult: Sie waren erleichtert. Endlich, nach fünf Jahren Zank und Hickhack mit dem Land, Investoren und dem Gießener Regierungspräsidium, verschwindet das leidige Thema Windkraft langsam aber sicher von der politischen Tagesordnung.

Vor einigen Wochen nahm das Parlament in einem Grundsatzbeschluss die so genannte Variante zwei des Mediationsverfahrens zum Thema Windrad-Standorte an. Jetzt, eine Woche später als geplant, hat es die Hülle mit Inhalt gefüllt. Es hat den Vertrag, der die Umsetzung des Besprochenen regelt und nun fünf Standorte für Windkraft rund um die Stadt vorsieht, in einer Sondersitzung in der Stadthalle verabschiedet. Zuvor hatte am selben Ort der Planungsausschuss ebenfalls in einer Sondersitzung abschließend über den Vertrag beraten.

Der Plan stellt die betroffenen Flächen und das Mediationsergebnis dar. Durch Anklicken wird die Karte größer.

Der Plan stellt die betroffenen Flächen und das Mediationsergebnis dar. Durch Anklicken wird die Karte größer.

Das gestern beschlossene Regelwerk betrifft nur eine Vereinbarung mit dem Projektier Wenger-Rosenau. Im Vertrag verpflichtet der sich, die Baugenehmigungen für acht Windräder auf der Fledermausfläche zurückzugeben. Dafür darf er seine acht Windräder in der Elebenröder Dick bauen. Kommt der Vertrag zu Stande, lässt die Stadt die Klage gegen die Baugenehmigungen fallen. Das würde die Stadtkasse mit rund 5000 Euro belasten. Der Projektier WSB, der ebenfalls Windräder bauen möchte, ist mit seinen Planungen noch nicht weit genug fortgeschritten. Die Ergebnisse der separaten Verhandlungen mit ihm müssten später in den Vertrag ergänzt, dieser dann neu unterzeichnet werden.

Soll Alsfeld den Vertrag unterschreiben oder nicht? Die Stadt hatte zwei Anwälte engagiert, um verschiedene Meinungen über das Regelwerk zu hören – und die bekamen die Abgeordneten auch geliefert. Rechtsanwalt Johannes Bohl, der die Stadt im Thema Windkraft seit Jahren vertritt, sprach sich klar für den Vertrag aus. Er sei die beste Chance, bei einer relativ hohen Rechtssicherheit, wichtige Kernforderungen der Stadt verbindlich zu erreichen. Das sei zum einen der Wegfall der Fledermausfläche, zum anderen der vorgeschriebene Abstand zu Ortsgrenzen von 1200 Metern. In Hessen gilt eigentlich eine 1000 Meter Grenze.

Nicht immer einer Meinung: Die Rechtsanwälte Johannes Bohl und Christian H. Hagemeier.

Nicht immer einer Meinung: Die Rechtsanwälte Johannes Bohl und Christian H. Hagemeier.

Rechtsanwalt Christian H. Hagemeier, der bislang als Rechtsbeistand der örtlichen Bürgerinitiative gegen Windkraft aufgetreten ist, war da anderer Meinung. Er habe sich in die Gegenseite versetzt und sieht einige Möglichkeiten, das Regelwerk zu torpedieren. So schätz der unter anderem anders als sein Kollege Bohl die Chance höher ein, dass sich WSB doch noch Genehmigungen für Windräder auf der Fledermausfläche einklagen könnte. Besonders einer seiner letzten Sätze beschäftigte einige Abgeordnete sehr: „Was mich als Stadtverordneten stören würde: Sie binden sich. Sie binden sich an das Mediationsergebnis und können nichts anderes mehr durchsetzen“, sagte Hagemeier.

Am Ende gab der Ausschuss mit fünf Ja-Stimmen, einem Nein und zwei Enthaltungen die Empfehlung an das Parlament, den Vertrag anzunehmen. Allerdings mit kleinen Veränderungen. So verpflichtet sich Alsfeld zwar gegen den künftigen Regionalplan Mittelhessen keine Einwände zu erheben, jedoch nur was Windräder im eigenen Stadtgebiet betrifft. Heißt: Alsfeld bewahrt sich das Recht gegen Windanlagen vorzugehen, die in anderen Kommunen gegen den Willen der Alsfelder errichtet werden sollen.

CDU und SPD dafür, die übrigen dagegen

In der Stavo selbst blieben große Diskussionen diesmal aus. Bürgermeister Stephan Paule bat zu Beginn höflichst um Zustimmung. Dann hatten die Fraktionschefs das Wort. „Die Mediation ist nicht gescheitert, die Mediation ist aber auch kein leuchtender Erfolg, der als landesweites Beispiel dienen könnte“, sagte Sven Bastian für die SPD-Fraktion. Er bezeichnete das Verfahren als sperrig und klagte, es habe wenig Führung durchs Land gegeben, das dieses Mittel doch extra geschaffen habe. Doch dass die beiden Kernforderungen der Stadt durch den Vertrag in relativ trockene Tücher kommen, überzeugte die SPD dann doch zur Zustimmung.

Berthold Rinner von der CDU warb ebenfalls um Zustimmung. „Wir wollten uns an der Energiewende beteiligen und wir wollten bestimmen, wo was hinkommt“. Auf direktem Wege sei das der Stadt nicht gelungen. Durch die Mediation könne Alsfeld jetzt zumindest teilweise über die Windkraft vor der eigenen Haustür mitbestimmen.

Debatte in der Stadthalle: Die Fraktionschefs fassten sich dieses mal kurz.

Debatte in der Stadthalle: Die Fraktionschefs fassten sich dieses Mal kurz.

Gegenwind gab es von den übrigen Fraktionen. ALA-Fraktionsvorsitzender Michael Riese sagte, Alsfeld habe ein gutes, eigenes Windkraftkonzept erarbeitet. „Doch dann ist das RP dazwischengegrätscht.“ Riese würde dieses Konzept gerne vor Gericht verteidigen. Das RP habe ein größeres Interesse daran, dass die Stadt ihre Klage zurückziehe.

Der FDP-Abgeordnete Rolf-Peter Stein sah sich von der durch andere Anwesende beschrieben relativen Rechtssicherheit nicht überzeugt. Er kündigte an, dagegen  zu stimmen. Martin Räther von der UWA erinnerte daran, dass in einer Mediation jede Seite etwas geben und etwas bekommen müsse. Am Ende sah er dabei für die Stadt ein Minus. „Wir wollten Herr über das eigene Verfahren sein. Diese Planungssicherheit geben wir jetzt für nahezu immer ab“, sagte er.

Am Ende wurde die Vereinbarung mit einer Mehrheit aus SPD und CDU gegen die Gegenstimmen der ALA, UWA und FDP angenommen. Bei 32 Stimmen gab es eine Enthaltung aus den Reihen der CDU.

 

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