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Claudia Regel und Tim Brod begeistern bei den Alsfelder Kulturtagen mit ihrem Kreisler-ProgrammMehr als „Tauben vergiften im Park“

ALSFELD (ol). Mit schwarzem Humor, virtuosem Spiel und ausdrucksstarkem Gesang präsentierten Claudia Regel und Tim Brod kürzlich in der Aula der Stadtschule ihr Programm mit Chansons von Georg Kreisler. Rund 150 Gäste erlebten einen Abend voller Witz, Tiefgang und musikalischer Anmut, der zwischen Kaffeehausmanier, gesellschaftskritischen Pointen und skurrilen Figuren oszillierte. Die beiden Lauterbacher Künstler überzeugten mit Spielfreude, Präzision und spürbarer Leidenschaft und ließen das Publikum begeistert und nachdenklich zugleich zurück.

Georg Kreislers Klassiker „Tauben vergiften im Park“ ist bekannt und zeigt ziemlich genau die Richtung, in die man sich beim Besuch eines Kreisler-Abends begibt: Schwarzhumorig bis böse, witzig (mit einem Lachen, das einem auch schon mal im Halse stecken bleibt), sprachvirtuos und von großer musikalischer Anmut. All das präsentierten kürzlich Claudia Regel und Tim Brod auf der Bühner der Alsfelder Kulturtage in der Aula der Stadtschule.

Walter Windisch-Laube vom Orga-Team der Veranstaltungsreihe freute sich sichtlich, dass die beiden Lauterbacher erstmals in Alsfeld auftraten und viele Gäste aus Nah und Fern angelockt hatten. Er versprach dem Publikum einen mehr als vergnüglichen Abend – einen Auftrag, den die beiden Künstler gerne annahmen, wie es in der Pressemitteilung der Alsfelder Kulturtage heißt.

Mit großer Spielfreude – sowohl Claudia Regel am Klavier als auch Tim Brod am Mikrofon – haben die beiden ihr Kreisler-Programm einstudiert, mit genau der gleichen Freude trugen sie es vor und begeisterten das Publikum vom ersten Ton an: Präzise und doch leicht intonierte die Lauterbacher Kantorin die Chansons des Österreichers, der keiner sein wollte: Swing, Polka, Tango, Sprechgesang – Claudia Regel spielte sich in die Herzen der Zuhörer und begleitete ihren Partner Tim Brod kongenial. Dieser wiederum bestach mit seinem Gesang und seiner Mimik gleichermaßen. Er lebte die skurrilen Bilder, die Georg Kreisler mitunter erschuf, er gab den verschiedenen Charakteren Ausdruck und Sprachfärbungen und er gewährte dem Publikum die eine oder andere Schrecksekunde, wenn es politisch dann doch ein bisschen zu unkorrekt wurde.

Und so ließen Claudia Regel und Tim Brod an diesem Abend nicht nur die allseits bekannten Taubenvergifter Hansl und Mali („die zahlt’s Zyankali“) in der Aula der Stadtschule kurzfristig auferstehen, sondern auch den Mann ohne Lust, der damit am Ende (vielleicht) sogar den Tod vor den Kopf stößt. Witzig, schmissig und mit so viel Schmackes interpretiert, dass das Publikum von Anfang an dabei war.

Foto: Tanja Gremmel

Auch die weniger Kreisler-versierten Besucher freuten sich über die neuen, nicht immer ganz einwandfreien Bekanntschaften aus dem Kreisler-Kosmos: den schönen Heinrich etwa, für den Frauen so gut wie alles tun („Frauen boxen für dich, melken Ochsen für dich, backen Torten für dich, sparn mit Worten für dich, fälschen Pässe für dich, kriegn Abszesse für dich.“) Ob sich dahinter auch persönliche Erfahrungen des viermal verheirateten Kabarettisten (was er auch nicht sein wollte) verstecken, bleibt zu vermuten. Überhaupt ist das Frauenbild des Künstlers zweifelhaft, sein Männerbild aber auch, was zumindest ein gewisses Gleichgewicht herstellt.

In schönster Kaffeehausmanier gaben Claudia Regel und Tim Brod die absurdesten Schnurren zum Besten, darunter die Geschichte eines einfallsreichen Frauenmörders oder zweier Tango tanzender Tanten. Während die Pianistin ihr Instrument geradezu feierte, beeindruckte der Bariton auch mit zungenakrobatischen Darbietungen, etwa bei der Telefonbuchpolka („Vondrak, Vortel, Viplaschil, Voytech, Vozzek, Vimladil, Viora, Vrabel, Vrtilek, Viglasch, Vrazzeck, Vichnalek“ usw.), die das Publikum genauso mitriss wie die Hommage an den „Guaden alten Franz“ oder auch das Kapitalistenlied.

Foto: Tanja Gremmel

Es waren viele Ansichten und Einsichten, die die Künstler ihren Zuschauern an diesem Abend präsentierten – nicht immer witzig, aber stets tiefgründig und nach wie vor auf der Höhe der Zeit. Mit ihrem grandiosen Klavierspiel und dem nicht minder perfekt dargebotenen Gesang der Kreisler-Stücke haben Claudia Regel und Tim Brod an diesem Abend ihre etwa 150 Gäste nicht nur unterhalten, sondern sie begeistert und ihnen nachhaltigen Gesprächsstoff mitgegeben.

Die Alsfelder Kulturtage bieten bis zum 21. September ein vielfältiges Programm – von Musik über Lesungen und Ausstellungen bis hin zu Theater und Kabarett. Aktuelle Informationen sowie kurzfristige Programmänderungen sind auf der Website des Vereins zu finden: https://www.alsfelder-kulturtage.de/event/.

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