ULRICHSTEIN (ol). Was die Stärke des Bobenhausener Unternehmens ist, wurde Wirtschaftsdezernent Dr. Jens Mischak bei einer Betriebsführung schnell klar: „Hier spielen Erfindergeist und eine hohe Fertigungstiefe zusammen – faszinierend, wenn am Anfang Kunststoffplatten im Regal liegen und hier am Ende ein hochtechnisiertes Medizingerät zur Blutwäsche steht.“

Günter Rahn, Gründer und Geschäftsführer der medicap GmbH, formuliert das Selbstverständnis der Firma so: „Wir sind spezialisiert auf Medizingeräte in kleiner Stückzahl, die wir maßgeschneidert auf die Wünsche von Ärzten und Medizinern hin entwickeln – wir können keine großen Stückzahlen, das ist nicht unsere Stärke.“ Das berichtete die Kreispressestelle  über den Besuch beim Bobenhausener Unternehmen.

Rahn ist selbst gelernter Elektromechaniker und sei im Außendienst einer Medizintechnikfirma beschäftigt gewesen, bevor er 1981 in der elterlichen Garage in die Selbstständigkeit startete. „Wir waren damals zu zweit, die Uniklinik Köln wollte ein neues Gerät haben, das wir dann für sie entwickelt haben“, beschreibt Rahn die Anfänge. Die Produktion sei inzwischen weit über die damalige Doppelgaragengröße hinausgewachsen, es seien Nachbargebäude hinzu gekauft und für Verpackung und Versand eine Leichtbauhalle errichtet worden. „Das wäre in einer Stadt undenkbar“, so die Meinung des Firmenchefs. Er habe „x-mal überlegt wegzugehen“ und sei doch immer noch da – schließlich sei die Erreichbarkeit kein Problem und man liege deutschlandweit zentral.

An dieser Stelle des Produktionsprozesses wird das Gehäuse des „ADAsorb“ mit seinem elektronischen Innenleben bestückt.

Heute noch würden rund 80 Prozent eines Gerätes im eigenen Haus hergestellt, etwa 30 Mitarbeiter seien in den beiden Firmenzweigen „medicap homecare“ und „medicap clinic“ beschäftigt, davon fünf Ingenieure. Fachkräftemangel sei kein Thema, so Rahn, man habe bisher noch alle benötigten Kräfte gefunden. Es gebe gute Kontakte zur Technischen Hochschule Mittelhessen, worüber auch eine Medizintechnikerin nach ihrer Diplomarbeit bei medicap für die Qualitätssicherung habe gewonnen werden können. Ein Vertriebsmitarbeiter arbeite in Heidelberg vom Home-Office aus – alles machbar in einer Firma mit weltweiten Geschäftsbeziehungen. Ausgebildet habe das Unternehmen bislang nur im kaufmännischen Bereich, für den technischen Bereich fehlten Ausbildungsinhalte, sodass man davon Abstand genommen habe.

Gehäusefertigung, Lackierung und Siebdruck finden in einem Gebäudeteil statt, die Fertigung von mechanischen Teilen erfolgt auf modernen CNC Maschinen in einem anderen Teil, heißt es in der Pressemeldung. Auch das Innenleben – die hochintegrierten elektronischen Schaltungen nebst der dazugehörigen Software – würden von den Ingenieuren der Firma entwickelt, produziert und schließlich montiert. Abschließend erfolge bei jedem Medizintechnikgerät eine Qualitätskontrolle, bevor es verpackt und versandt wird. Nur wenig Verbrauchsmaterial werde zugekauft und mit den Geräten zusammen vertrieben.

Wirtschaftsdezernent Dr. Mischak (Mitte) darf das Intervall-Höhentrainingssystem „HYPOXcontrol“ unter der Aufsicht von Geschäftsführer Günter Rahn (l.) und Key Account Manager Damir Danic testen. Hinter ihm ist „ADAsorb“ zu sehen, ein Gerät zur Blutreinigung außerhalb des Körpers.

Ein Produkt der Firma medicap ist „ADAsorb“: Ein Gerät für die therapeutische Apherese (Blutwäsche), das bei schweren Erkrankungen wie vor und nach Transplantationen oder bei Stoffwechselerkrankungen eingesetzt wird. Die Besonderheit: Es sei das weltweit erste offene Apheresesystem, auf dem verschiedene Typen und Techniken von Adsorbern diverser Hersteller betrieben werden können. Weitere Produkte für die Anwendung zuhause seien beispielsweise ein Überdruck-Inhalationsgerät oder das Höhentherapiesystem für Patienten, die in der Rehabilitation bei geringer Belastung von Muskeln und Gelenken einen hohen Wirkungsgrad am Herz-Kreislaufsystem erzielen möchten.

Im abschließenden Gespräch habe der Geschäftsführer angemerkt, es gebe zwei Dinge, die eine Herausforderung für den Firmenstandort seien: Die Infrastruktur und der Immobilienmarkt. „Würde ich ein Gebäude für rund zwei Millionen erstellen und müsste es aus irgendwelchen Gründen wieder verkaufen, dann wäre das hier nicht zu machen. Aber Weggehen ist was für Feiglinge“, findet Rahn. Für Dr. Mischak sei die Firma „ein beispielhaftes innovatives Unternehmen, das weltweit agiert und die zentrale Lage im Vogelsberg trotz aller Herausforderungen nutzt“.

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