Lifestyle0

Kolumne "Rike's Report" am Samstag: Valetinstag - Für viele ein Fluch, für manche ein SegenVom Märtyrer-Tod zum Rosen-Tanga

Mit Liebe gefüllte Berliner in Herzform und rote String-Tangas zu fantasievollen Rosenblüten gefaltet: Der Valentinstag steht vor der Tür – Tag der Liebenden und Verliebten. Doch während die Singles ihre Voodoopuppen auspacken, ist der Einzelhandel hellauf begeistert: Rund 50 Euro geben wir Deutschen bundesweit für diesen Anlass aus. Dass die hübschen Rosen rund 11.000 Kilometer weit aus Kenia her geflogen werden interessiert die wenigsten. Dass wir den Märtyrer-Tod von Geköpften feiern, vermutlich niemanden.

Eine kleine Süßigkeit hier, eine nette Geste da – wer sein Leben mit einem Gefährten teilt, der weiß, dass man manchmal einfach nicht anders kann. So geht es zumindest mir: Ein paar Gummibärchen „für zwischendurch“, eine neue Teetasse „für einfach nur so“ – wenn ich etwas für meine bessere Hälfte sehe, schaltet sich mein Sparinstinkt aus. Doch ein Grinsen im Gesicht des Gegenübers, ein dankbarer Blick, ein liebes Wort – all das ist es wert. Wem im Alltag jedoch die nötige Zeit und Inspiration fehlt, für den hat die Gesellschaft ein passendes Pendant zu den restlichen 364 Tagen im Jahr gefunden: Den Valentinstag. 24 Stunden im Zeichen der Liebe. Doch nicht nur über das Wann, sondern auch über das Wo und Was muss sich unsereins dank Internet und Co. keine Gedanken mehr machen: ein romantisches Dinner zu zweit, ein gemeinsames Badeerlebnis im Kerzenschein. Oder auch: Für einen Kurztrip nach Paris und zwecks Küssen auf den Eiffelturm dem Arbeitnehmeralltag trotzen. Das Einzige, was man selbst mitbringen muss: einen Partner.

Dabei sind die Ursprünge dieses Tages alles andere als ein tiefer Griff in die Romantikkiste: Schenkt man der Geschichte glauben, so gab es einst zwei junge Männer, denen wir den kommenden Dienstag zu verdanken haben: Valentin von Viterbo und sein Valetin von Terni. Ersterer wagte es zu Lebzeiten trotz Verbot des Kaisers, Paare nach kirchlichem Ritus zu trauen – inklusive Blumen. Welch ein Fauxpas! Als Strafe wurde er am 14. Februar im Jahr 261 enthauptet. Seinen Namensvetter ereilte dasselbe Schicksal: Offensichtlich waren seine heilenden Fähigkeiten so manchem ein Dorn im Auge. Na wenn das nicht Lust auf traute Zweisamkeit macht.

Wer sich verliebte Träumereien nicht mit derartigen historischen Henkersgeschichten versalzen will, dem stehen zahlreiche weitere Überlieferungen zur Verfügung: Im Viktorianischen Zeitalter war es Brauch, dem oder der Liebsten eine selbst gestaltete Karte zu schenken. Im antiken Rom überreichte man Frauen Blumen, zu Ehren der Göttin Juno. Was damals als schick galt, ist heute in manchen Ländern mehr als zu verpönt: Von Ausgangssperren, über das Verbot Blumen zu kaufen bis hin zu Strafen für öffentliche Liebesbekundungen – wer nicht aufpasst, für den wird die Hingabe schnell zum Spießrutenlauf.

Doch statt selbst verfassten Gedichten und verschlüsselten Liebesbriefen, sind heutzutage ohnehin andere Beweise der Zuneigung gefragt: Das Internet wirbt mit lauschigen Plätzen, an denen man „so viel knutschen kann, wie man will“ – also bitte, als könne ich das nicht immer! Obwohl die Erregung öffentlichen Ärgernisses nicht zu meinen liebsten Beschäftigungen zählt. Wer statt Speichel lieber Action mag, kann am 14. Februar mit dem Seelenverwandten jagen gehen – virtuell gesprochen zumindest: Beim Valentins-Event von Pokémon GO hat man die Chance, gemeinsam das seltene Porygon zu schnappen. Mehr Romantik geht wohl nicht.

Doch trotz der zahlreichen Angebote schleicht sich bei vielen Anfang Februar die Skepsis ein: Braucht meine Beziehung den Valentinstag? Und ist er mehr Fluch oder Segen für die traute Zweisamkeit? Abhilfe bezüglich dieser Fragen schaffen, kann wie so oft das World Wide Web. Dort stehen Psychologen mit Rat und Tat zur Seite – denn was wäre das Fest der Liebenden ohne vorherige Psychoanalyse?

Während die Zweifler zweifeln, verzweifeln die Verzweifelten: Für niemanden ist der Valentinstag wohl so sehr ein Dorn im Auge wie für Singles. „Ich bin mal im Park, glückliche Pärchen vergiften“, heißt es nicht ohne Grund auf so manchen Postkarten. Auch für mich gab es diese Zeit: ätzende Bilder von perfekten Paaren, den Papierkorb voll mit verdammten Anzeigeblättern für Geschenkideen, nervige Freundinnen, die ohne Punkt und Komma über ihre Pläne mit dem Geliebten palavern. Vielleicht lag es daran, das mein einziges Valentinsgeschenk bis dato eine rote Rose in einem (leeren!) Bierglas war. Ich mag keine roten Rosen. Vielleicht waren es auch die zahlreichen Fachartikel, die angaben, dass die Liebe ohnehin rein auf chemischen Prozessen basiere. Ich hatte mich nach allen Kräften bemüht, durch teils rationales, teils gehässiges Gedankengut diesen Tag in den Abgrund zu verfrachten. Es gelang mir nicht immer.

Nun, mitten in einer Beziehung, wird mir klar: Ich hatte recht. Denn so spannend, wie es als Teilnahmsloser aussieht, ist das Ganze dann doch nicht. Trotz Aufrufe der Blumenhändler und Süßwarenhersteller „Seid lieb zueinander“, bin ich überzeugt: Ihre Argumente hinken gewaltig. Statt materielle Zwangsmaßnamen in Form von pinkem Duschgel und herzförmigen Pralinen an einem Tag zu vollstrecken, konzentriere ich meine Energie lieber darauf, meine Beziehung das restliche Jahr lang über Wasser zu halten und meinem Compagnon meine Aufwartung zu machen. Dies mindert nicht nur den Stresspegel in der momentanen Klausurphase, sondern lässt auch mein Konto, für den Moment, lachen.

Und trotzdem bin auch ich nur ein Mensch. Und dem Gruppenzwang alles andere als gefeit: Im Bett allein, mit einer Tasse „Heiße Liebe“ und einer Schnulze vor der Nase, möchte ich am kommenden Dienstag dann doch nicht sein. Stattdessen hoffe ich auf ein gemeinsames Essen mit meinem Herzbuben, auf ein kaltes Bier und ein (oder zwei?) Tafeln Schokolade zum Einschlafen. Denn mit wem kann man einen konsumorientierten, von der Industrie ausgeschlachteten Valentinstag schöner in Abrede stellen, als mit seinem Partner?

 

Einen schönen Tag der Liebe!

Ihre Rike

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren