Wirtschaft0

Ernte 2015: insgesamt durchschnittlich bei Getreide, aber Grünland mit ProblemenTrockenheit ließ Erträge stark schwanken

VOGELSBERGKREIS. Noch gut in Erinnerung: Vergangenes Jahr versanken Mähdrescher im durchweichten Boden, so nass war der Sommer. Das drohte in diesem Jahr nicht – aber dafür sprach alles von Trockenheit und drohenden Ausfällen. Doch im Vogelsbergkreis ist die gerade abgeschlossene Getreideernte insgesamt gut verlaufen, erklärt der Kreislandwirt Andreas Kornmann – mit zwei Einschränkungen: Schlechte Böden machten sich bemerkbar, und Grünlandbauern haben jetzt tatsächlich ein Problem.

Die über den ganzen Sommer anhaltende Trockenheit zeigte die unterschiedliche Qualität der Böden im Vogelsberg auf, stellt Andreas Kornmann in einem Gespräch auf seinem Hof in Zell fest: Es kam darauf an, wie gut der Boden die verbliebene Feuchtigkeit halten konnte. „Wo gute Böden sind, haben wir gut geerntet, wo schlechte sind, gab es eine schlechte Ernte.“ Heißt: Landwirte im Kirtorfer Raum, in Antrifttal oder bei Lingelbach ernteten weniger, weil das Getreide auf den sandigen Böden mangels Wasser weniger gut wachsen konnte. Ähnlich ging es manchen Bauern ein Stück den Vogelsberg hinauf: Auf felsigem Grund floss das Nass ebenfalls schneller ab. Infolge dessen schwankten die Erträge von Standort zu Standort recht stark, aber erreichten insgesamt ein solides Niveau, meint der Zeller Landwirt.

Mit moderner Technik zur Landkarte der Erträge

Dieses Phänomen registrierte er bei seiner eigenen Ernte sogar auf einzelnen Schlägen mit moderner Technik recht deutlich: Der Mähdrescher stellt fest, wie viel Korn gerade geerntet wird, und die Elektronik verknüpft das Ergebnis mit dem per GPS exakt ermittelten Standort – und schafft so eine Landkarte der Erträge. Darauf, so denkt der Landwirt schon weiter, könnte er später zum Beispiel seine Düngung abstellen. „Aber das ist im Moment  noch Zukunftsmusik!“ Erst einmal interessierte ihn einfach, was wo tatsächlich wächst. Er habe übrigens die eine oder andere Überraschung auch erlebt.

„Unter den Bedingungen haben wir relativ gut geerntet“, fasst Andreas Kornmann die Getreideernte zusammen. Es sei keine Missernte gewesen, aber es gab auch keine Spitzenerträge. Im Durchschnitt rund acht bis 8,5 Tonnen Weizen pro Hektar: So schätzt er den Ertrag beim Weizen ein – schwankend zwischen fünf und zehn Tonnen.

OL-Ernte-2008

Ernte bei Trockenheit und Hitze: Der Qualität des Getreides tat das gut. Archivfoto: aep

Dafür hat die Trockenheit sogar Vorzüge: „Wir hatten gutes Erntewetter“, sagt der 34-Jährige, der vor eineinhalb Jahren das Amt des Kreislandwirts von seinem Vorgänger Norbert Reinhardt übernommen hat. Im vergangenen Jahr waren manche Landwirte noch bei Regen auf dem Acker unterwegs, um endlich rein zu holen, was sonst zu verderben droht – und das feuchte Getreide muss dann behandelt werden.

Der Sommer 2015 war anders: Die Bauern konnten das Getreide trocken einfahren, mussten nicht mit großem Energie- und Geldaufwand das Nass daraus vertreiben: „Wir haben durchweg trocken geerntet.“ Und die Qualität sei gut gewesen: Weizen und Roggen erreichten gute Backqualität – und bringen damit mehr ein.

Theoretisch. In  der Praxis bereitet der Markt der Landwirtschaft wieder Probleme: Die Preise sind seit Jahren stabil – während die Kosten stetig steigen. Auch aktuell sei keine Steigerung der Getreidepreise zu erwarten: „Mengenmäßig war die Ernte 2014 gut“, sagt der Kreislandwirt. „Da ist noch viel auf dem Markt.“

Bei Trockenheit wenig Gras: wenig Futter fürs Vieh

Ein richtiges Problem aber hätten die vielen Grünland-Bauern mit Viehzeug im Vogelsberg bei der Trockenheit  bekommen: Auf den Wiesen wuchs kaum Gras. Was den Gartenbesitzer womöglich freut, beschert diesen Landwirten Kopfzerbrechen: Der erste Schnitt sei schon mager gewesen und der zweite praktisch ausgefallen. Der hätte längst geschehen müssen, aber: „Da ist kaum etwas gewachsen“, sagt Andreas Kornmann und hebt die Hand vielleicht zehn Zentimeter über den Tisch. Das Gras, das jetzt nach dem Regen noch wächst, habe auch nicht mehr die Qualität des Frühsommers.

OL-ErnteKornmann1-2008

Der Regen tat dem Boden gut: Andreas Kornmann zeigt eine Handvoll feuchte Erde bei Zell.

Folge: „Die Grünland-Bauern haben enorme Ertragseinbußen“. Danach folgt Futterknappheit für die Tiere: „Auf den Höfen wird es richtig knapp mit dem Grundfutter.“ Die Bauern müssen Futter dazu kaufen – und das schmälert das Einkommen der ohnehin nicht verwöhnten Landwirtsfamilien.

Der Regen, der zuletzt aber doch über mehrere Tage nieder ging, stimmt den Landwirt nun hoffnungsvoll. Es war genau die richtige Menge in der richtigen Zeit, und der Boden konnte sich voll saugen. Auf einem seiner Schläge hebt Andreas Kornmann eine Handvoll Erde auf: Sie ist feucht, nicht bröselig, aber auch nicht glitschig nass – genau richtig. Auf solchem Acker kann man gut das neue Getreide und neuen Raps aussähen: „Das ist der Grundstein für die neue Ernte.“

von Axel Pries

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren