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Vierte Testwanderung auf Vogelsberger Strecken: die Bachtour bei LauterbachViel Landschaft entschädigt für falsche Schilder

LAUTERBACH. Es ist eines dieser wunderbaren Sonnenwochenenden im Herbst, das raus in die Natur lockt. Zeit für eine weitere Vogelsberger Wanderung, wie sie die Region Vogelsberg Touristik GmbH auf ihrer Website anpreist. Nicht zu anstrengend soll sie sein, nicht zu lang, aber eben doch ausgewachsen. Die Wahl für die vierte Testwanderung fällt auf die Lauterbacher Bachtour: relativ eben, 16 Kilometer lang. „Bach“, das klingt nach Naturromantik. Es stellt sich heraus: Ja, es ist alles dran – aber die Bachwanderung hat ihre Tücken. Die Strecke müsste gepflegt werden.

 

Das A und O einer entspannten Naturwanderung ist die Beschilderung. Der gemeine Wanderer will schließlich die Natur genießen, dabei vielleicht auch seinen Körper spüren – aber nicht so gerne Rätsel raten, wo die meist unbekannten Wege eigentlich hinführen. Die Vogelsberger „Extratouren“, die der Autor mit bester Ehefrau von allen seit dem Sommer gelaufen ist, waren alle hervorragend ausgeschildert. Top ist in der Hinsicht zum Beispiel die Schächerbachtour bei Homberg/Ohm, die es an keiner Wegebiegung dem Zufall überlässt, ob das Wandervolk den richtigen Pfad findet.

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Serie: Testwanderungen auf Vogelsberger Wegen

In der Reihe der Testwanderungen auf Vogelsberger Wegen gibt es drei weitere Berichte – der letzte davor beschreibt die Weitblicktour bei Ulrichstein.

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Nach fünf Stunden Lauterbacher Bachtour ist für uns die Wegeführung aber der größte Minuspunkt dieser Strecke, die mit Feld-, Wald- und Bachabschnitten ansonsten recht abwechslungsreich ausfällt. Wir dürften allerdings mangels Wegweiser nicht 16, sondern wenigstens 17 Kilometer gelaufen sein. Einen haben wir offenbar gänzlich verpasst, wenn er denn überhaupt da ist, einer ist irreführend verdreht, einer liegt irgendwo auf dem Weg, und ein Wegweiser steht einfach völlig falsch, weist die falsche Richtung. Da dürfte mal nachgebessert werden.

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Lauschiger Start in der Mittagssonne: Der Saumpfad am Rande Lauterbachs lädt zum Wandern ein. Das Vulkansymbol weist den Weg – meistens.

Schöner Start Am Eichberg mit lauschigem Saumpfad

Aber der Start Am Eichberg ist schonmal schön. Dort beginnt auch der Vulkanradweg, und die Versuchung ist da, ihm einfach zu folgen und bald zum Schloss Eisenbach zu kommen. Wir entschließen uns, anders herum zu laufen – gegen den Uhrzeigersinn – um uns das Schloss für den Schluss auzuheben. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellt. Auch, wenn das heißt, gleich am Anfang einige Steigungen nehmen zu müssen. Aber der in goldenes Herbstlaub getauchte Saumpfad entlang der Lauter ist die kleine Mühe wert. Zu Füßen raschelt das trockene Laub, links unten plätschert der Bach, und von oben wärmt die Sonne vom knallblauen Himmel – schöner geht es nimmer, so soll wandern sein. Es stört nicht, dass die Lauter alsbald verschwindet, und erst gegen Ende wieder auftaucht – der Name „Bachtour“ insofern etwas bemüht erscheint.

Am Waldrand entlang marschiert das Wanderpaar gen Frischborn und kommt nach knapp einer Dreiviertelstunde oberhalb des Dorfes am Sportplatz an. Halt! Da stimmt etwas nicht: Kein Vulkansymbol zeigt die weitere Richtung. Nach einigem Suchen fällt ein kleines Holzschild an einem Privatgrundstück auf: Es weist zur Bachtour – aha! Aber warum sieht das Schild so anders aus? 150 Meter weiter kommt wieder ein offizielles Schild, und wir entdecken den Fehler: Da oben am Sportplatz hätten wir gar nicht sein sollen, haben aber offenbar einen Bogen nicht mitgemacht, der zu Strecke gehört. „Hast du ein  Schild gesehen? Nein? Ich auch nicht.“ Das geht offenbar genügend Wanderern so, dass ein Privatmensch ein privates Hinweisschild anbrachte, damit nicht andauernd gefragt wird. Das mutmaßen wir jedenfalls. Immerhin, zwei Frauen, denen wir begegnen, haben die Runde gefunden. Es muss irgendwo einen kleinen stilisierten Vulkan am Weg geben. Vielleicht etwas versteckt…?

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Bei Frischborn führt die Strecke über Feldwege.

Rund um Frischborn ist die Beschilderung fehlerhaft

Rund um Frischborn geht es übers freie Feld – und so frei die Sicht, so verwirrend die Schilder. An einem, das etwas verdreht in der Landschaft steht, biegen wir falsch ab und lernen so die Frischborner Gemarkung besser kennen, als uns lieb ist. Immerhin: Wir finden zum Weg zurück und landen bald darauf an der kleinen Wochenendhaussiedlung Am hohen Rain. Da laufen wir komplett hindurch, bis uns aufgeht: Etwas stimmt nicht! Zurück zur Straße und dort des Rätsels Lösung: Das Schild zeigt die falsche Richtung, aber das folgende ist zu weit entfernt, als dass es korrigieren könnte. Ein fetter Minuspunkt! Die Abkürzung vor Frischborn haben wir in der Laufbilanz jedenfalls mehr als wieder gutgemacht. Apropos Laufbilanz: eine Bank wäre nach zwei Stunden nicht schlecht. Aber auf der Hälfte des Weges mangelt es an Sitzgelegenheiten. Zum Schloss Eisenbach hin wird die Austattung aber besser.

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Glatt falsch: Diesem Schild am hohen Rain sollte man nicht folgen, sondern nach links abbiegen.

Hinter der Siedlung wird der Weg auch richtig schön: Es geht zwei Kilometer zwischen Wald und Wiesen entlang und dann rein ins Gehölz. Ups – ein Bach ist zu überqueren. Diese 50 Meter Weg vor und hinter der Furt sind mehr als genug ausgeschildert – dafür gilt es danach wieder raten, wo der wunderbare Waldweg entlang führt. Ab besten ist, den Spuren zu folgen, die in der Natur nach Weg aussehen – es funktioniert und lohnt sich. „Das hier ist echtes Waldgefühl!“, lautet das Sprachmemo dazu – gleich hinter der Gesangseinlage: „Schilderlos durch den Wald! Bald ist dunkel, dann wird’s kalt!“

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Auf dem ersten Drittel gibt es nur venige Rastmöglichkeiten – aber dafür Richtung Eisenbach auch diese Liegen zum Entspannen.

Kaffeepause nach vier Stunden Marsch

„Es ist richtig schön“, lautet die Notiz nach drei Stunden und 15 Minuten: Dem Wald folgt viel freie Sicht auf lang gezogenen Wirtschaftswegen, die mit ihrer Unebenheit den Knöcheln einiges abverlangen. Das Schloss nähert sich laut der kleinen Karte im Handy. An zwei zauberhaft gelb leuchtenden Kastanien biegen wir rechts ab – der Kaffee- und Kuchenpause entgegen. Von dort sieht man das Schloss schon. Nach vier Stunden Marsch fragt eine Kellnerin dann: „Was darf’s sein?“ Das ist die verdiente Pause.

Und siehe da: Auf den letzten 3,7 Kilometern ab dem Schloss wird der Wanderer für die Fehler der Strecke noch entschädigt: Ein wunderbar lauschiger Waldweg führt zum Teil parallel zum Vulkanradweg zurück zum Auto. Und plötzlich ist da auch wieder die Lauter, komplettiert mit fröhlichem Rauschen in der nahenden Dämmerung das Naturgefühl. Nach fünf Stunden und 20 Minuten ist das Auto wieder erreicht.

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Wanderromantik kurz vor Abendämmerung: Zwischen Eisenbach und Lauterbach wird die Strecke noch richtig schön.

Fazit: Die Bachtour verlangt Wanderern mit wenigen Steigungen kräftemäßig eher wenig ab, zieht sich aber eben mit 16 (bis 17) Kilometern doch etwas. Wer dafür fünf bis sechs Stunden Wanderzeit einplant, bekommt auf insgesamt schöner Strecke viel Vogelsberger Landschaft geboten.

Von Axel Pries

Weitere Eindrücke von der Bachtour bei Lauterbach:

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Ein Gedanke zu “Viel Landschaft entschädigt für falsche Schilder

  1. Der Erfolg von Wander-und Pilgerrouten hängt von einer guten und nachhaltig gepflegten Beschilderung ab. Hinweistäfelchen „verschwinden“ manchmal oder sind missverständlich angebracht. Wanderer erwarten kurz nach einer Kreuzung ein weiteres „Beruhigungsschild“. Wegeabschnitte sollten regelmäßig kontrolliert werden. Dann klappts auch mit dem Wandern. :-)

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