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Katharina Jacob berichtet aus Sprechstunden und kritisiert Umgang der Stadt mit sozialen ProblemlagenLinke-Bürgermeisterkandidatin fordert mehr Transparenz und Unterstützung für Vaitsberg-Bewohner

LAUTERBACH (ol). Die Bürgermeisterkandidatin der Linken, Katharina Jacob, erhält nach eigenen Angaben in ihren Sprechstunden zahlreiche Hinweise auf soziale Missstände in Lauterbach. Besonders die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner am Vaitsberg habe sie stark bewegt. Jacob kritisiert fehlende Transparenz, unzureichende Instandhaltung städtischer Gebäude und mangelnde soziale Betreuung. Sie fordert mehr Offenheit im Stadtparlament und ein entschiedenes Eintreten für die Betroffenen.

„Starke und interessante Impulse“ bekommt Katharina Jacob, die als Kandidatin der Linken für das Amt der Bürgermeisterin kandidiert, laut eigenen Angaben in ihren Sprechstunden, heißt es in einer Pressemitteilung von Die Linke Vogelsbergkreis. „Ein Mensch mit Migrationshintergrund wünscht sich Hilfe bei der Ausländerbehörde“, erzählt Jacob, die seit dieser Legislaturperiode im Lauterbacher Stadtparlament ist. „Vielleicht kann man versuchen, Migrantinnen und Migranten zu helfen, sich gegenseitig zu vernetzen und zu unterstützen, auch als politische Partei“, überlegt Jacob.

Besonders unter die Haut sei ihr allerdings ein Gespräch mit einer Bewohnerin des Vaitsberges gegangen, erzählt Jacob. „Wir haben in einer Stadtverordnetenversammlung bereits gefragt, wo die Bewohnerinnen und Bewohner des Vaitsberges denn hin sollen, wenn das benachbarte Holzwerk die Siedlung aufkauft.“ Die Antwort erfolgte, wie so vieles, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Dabei haben die Bewohner:innen doch ein Recht darauf, zu erfahren, wie es weitergehen soll und wann.“ Die Bewohnerin, hier der Einfachheit halber Karin Schäfer genannt, sprach laut Jacob von „Flickschusterei“, was die Instanthaltung der städtischen Gebäude anbelange. Es sei immer nur das nötigste repariert worden, jetzt seien die Gebäude in einem fast irreparablen Zustand. Eigentlich solle ein Vermieter doch seine Häuser instand halten, zumal hier Menschen lebten, die auch ohne Wohnungsmängel schon genug Probleme hätten. „Wir hatten hier u. a. auch Mieterinnen und Mieter mit Suchtproblematik, die Hilfe brauchten. Es kam oft zu Vandalismus, um den sich dann niemand kümmerte. Wenn etwas zu Bruch geht, bleibt es oft kaputt.“

Eine Frau sei schwer krank gewesen, ihr Partner, ein Alkoholiker, habe beider Geld auf den Putz gehauen, sie habe die Miete ihrer Wohnung nicht mehr zahlen können und wurde mit ihrem Partner am Vaitsberg eingewiesen. „Niemand wusste, dass sie schwer erkrankt war. Und so starb sie kurz nach ihrem Einzug, erinnert sich Schäfer. Aber das sei noch lange nicht alles, so Schäfer. Ein Bewohner mit schwerer Problematik habe wochenlang tot in seiner Wohnung gelegen, niemand habe es bemerkt, weil er jeden Kontakt vermied. Ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin, die hier regelmäßig nach dem Rechten sähe und Ansprechparter:in für alle Mietparteien wäre, hätte hier Abhilfe schaffen können, findet Schäfer.

Nun ist es nicht so, dass Schäfer sehr am Vaitsberg hängt. Eine Großfamilie suche bereits nach einem Haus, das Platz für alle hätte. Auch Schäfer träumt vom Eigenheim. „Es kann ja klein sein, reparieren könnte ich einiges selbst“ – doch bei ihrer finanziellen Situation liegt der Traum wohl in weiter Ferne. Niemand wohnt schließlich aus freien Stücken hier, im Staub, Lärm und in der Lichtverschmutzung des Holswerkes, wo regelmäßig schwere LKW die Fracht verladen, abseits der Stadt. „Dabei sind wir nicht so wenige, wie in der Zeitung stand“, ärgert sich Schäfer. Drei Mieter, so habe der LA berichtet, wohnten noch am Vaitsberg. „Es sind mehr“, erklärt sie. „Ich komme auf mindestens 13, verteilt auf circa acht Mietparteien.“

Acht Mietparteien, die zwar wissen, dass sie ihre Wohnungen verlieren werden, aber dann nicht wissen, wohin. Überall sind die Mieten höher als am Vaitsberg, was für so manchen Bürger und manche Bürgerin durchaus ein Problem darstellt. „Mein größter Alptraum wäre, wenn die Stadt die Wohnungen verkaufen und dann zurückmieten würde“, so Schäfer. Sie befürchtet, dass dann keine Verbesserung eintreten würde, die Wohnungen würden dann erst recht nie wieder renoviert.

Jacob verspricht, all diese Bedenken in die nächste Fraktionssitzung zu nehmen. „Wir müssen uns für die Bewohnerinnen und Bewohner des Vaitsbergs einsetzen“, erklärt sie. „Schließlich sind es Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, wie alle anderen auch. Sie dürfen uns nicht egal sein!“ Vor allem aber hofft sie, dass der Bürgermeister endlich die Karten offen legt. „Wir brauchen mehr Transparenz im Stadtparlament und im Magistrat. Es lebt sich nicht gut mit einem Maulkorb“, so Jacob.

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