
Alexander-von-Humboldt-Schule veranstaltet Demokratietag mit Herz, Hand und HaltungEin Tag, viele Zugänge – ein gemeinsames Ziel
LAUTERBACH (ol). Anlässlich des Jahrestags der hessischen Verfassung stand die Alexander-von-Humboldt-Schule in Lauterbach ganz im Zeichen der Demokratie. In nahezu allen Jahrgängen setzten sich Schülerinnen und Schüler fächerübergreifend mit demokratischen Werten, Strukturen und Herausforderungen auseinander. Der Demokratietag machte deutlich, wie lebendig, vielfältig und alltagsnah politische Bildung sein kann.
Am 01. Dezember 1946 wurde die heutige Verfassung des Landes Hessen offiziell verabschiedet. Aus diesem Anlass stand das Schulleben am 01. Dezember diesen Jahres ganz im Zeichen der Demokratie. In nahezu allen Jahrgängen griffen Lehrkräfte das Thema auf, jede Fachschaft mit einem eigenen Zugang. So entstand ein vielfältiges Mosaik aus historischen, politischen, sprachlichen, künstlerischen und ganz alltagsnahen Perspektiven.
Die Frage nach einer demokratischen Geschichtskultur spielte in mehreren Oberstufenkursen eine Rolle. So gingen einige Geschichtskurse der Q1 und Q3 der Frage nach, ob Gedenktage sinnvoll seien, um eine Identifikation mit unserem demokratischen Rechtsstaat und den damit verbundenen Werten zu vermitteln, heißt es in der Pressemitteilung des Lauterbacher Alexander-von-Humboldt Gymnasiums.
In Diskussionen wurde beleuchtet, wie Gedenktage identitätsstiftend wirken und demokratische Werte stärken können – und wo ihre Grenzen liegen. Dass ein Pflichtbesuch von KZ-Gedenkstätten als Beitrag zur Demokratiebildung dienen und damit Teil einer Erinnerungskultur sein kann, debattierte ein weiterer Kurs. Ebenso simulierte ein Kurs eine Podiumsdiskussion zur Umbenennung der Wissmannstraße in Kassel. Dabei argumentierten die Lernenden aus unterschiedlichen Rollen – etwa einer Zahnärztin mit Praxis in der Wissmannstraße oder einer Historikerin an der Universität. In Form eines Rollenspiels zu Schutzmaßnahmen gegen die Pest in einer mittelalterlichen Stadt erarbeitete ein Geschichtskurs der Oberstufe die Unterschiede zwischen direkter und indirekter Demokratie um anschließend herauszustellen, warum moderne Demokratien auf wehrhafte Strukturen angewiesen sind. Ergänzend dazu hörten die Lernenden Auszüge aus der Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, in der er dazu aufrief, „Demokratie wehrhaft zu machen“. Im Vergleich wurde deutlich, wie sich das Demokratieverständnis angesichts veränderter geopolitischer Lagen wandeln und anpassen muss, ohne seine Grundwerte aufzugeben.
Demokratie war auch jenseits der Geschichtsräume erlebbar. Im Musikunterricht der Jahrgangsstufe 9 entschieden die Klassen zunächst demokratisch, ob ein Tanzprojekt starten soll. Danach standen Regeln des respektvollen Miteinanders im Gesellschaftstanz auf dem Programm: höfliche Aufforderungen, Freiheit zur Annahme oder Ablehnung, Führung ohne Dominanz und der Verzicht auf abwertende Kommentare. „Gemeinsames Musizieren und Tanzen sind ideale Felder, um Rücksicht, Respekt und Selbstbestimmung zu üben“, so die Musiklehrerin Christin Böschen. Die Stufe 6 erarbeitete am Beispiel der Europahymne „Alle Menschen werden Brüder“ den Zusammenhang von Gemeinschaft, Freude und Brüderlichkeit als Grundideen demokratischer Systeme. Fragen wie „Warum ist eine Hymne wichtig, wenn viele Länder zusammenarbeiten?“ führten zu Gesprächen über Frieden, Gleichheit und Miteinander.
Damit aus Menschen Brüder werden können, ist über die musikalische auch eine verbale Kommunikation vonnöten: So rückte im Spanischunterricht der Klassen 7 und 8 „democracia“ ins Zentrum. Passendes Vokabular und die Auseinandersetzung mit dem politischen System der parlamentarischen Monarchie Spaniens machten Demokratie sprachlich greifbar. Der Französischunterricht des 8. Jahrgangs stand unter der Fragestellung: „La démocratie – qu’est-ce que c’est?“ Die Lernenden recherchierten, formulierten eigene Definitionen und führten Interviews auf Französisch mit dem Ergebnis, dass Demokratie über Sprach- und Landesgrenzen hinweg verbindet.
Im Darstellenden Spiel der Q3 untersuchten die Schülerinnen und Schüler, warum Theater seit der Antike immer wieder politisch war und bis heute zur Demokratisierung beiträgt. Im laufenden Projekt zu Franz Kafkas „Der Prozess“ setzt der Kurs einen demokratischen Gegenakzent: Am Ende der Inszenierung wird das Publikum das Urteil fällen – mit einem dramaturgischen Kniff, der die Verantwortung des Entscheidens erfahrbar macht. „Wir wollen, dass die Zuschauer spüren: Urteilen braucht Informationen, Abwägung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Kursleiterin Christa Lange.
Demokratie im Alltag griffen Klassen der Sekundarstufe I breit auf. Eine 7. Klasse arbeitete grundlegende Säulen der Demokratie heraus, übertrug Mitbestimmung auf den Schulalltag und übte Konsens- und Mehrheitsentscheidungen. In einer Klasse 5 ging es um die Basisfragen: „Was bedeutet Demokratie? Wo leben wir sie im Alltag? Welche Ziele verfolgt unsere Grundordnung?“ Die Kinder erkannten, dass demokratische Prozesse den Klassenalltag prägen – vom bunten Feedback über Abstimmungen bis zu gemeinsamen Entscheidungen. Einige Schülerinnen und Schüler entwickelten im Deutschunterricht eigene Fabeln, in denen sie heutige Werte und Merkmale des Lebens in einer Demokratie kreativ verarbeiteten. Ein „Bonbon-Spiel“ zeigte im Ethikunterricht der Klasse 10, wie notwendig Kooperation innerhalb einer Gemeinschaft ist. Gleichzeitig wurden unterschiedliche Gesellschaftsformen thematisiert und erfahrbar gemacht, wie schnell das Gleichgewicht zwischen Eigeninteresse und Gemeinwohl kippen kann.
So gingen Schülerinnen und Schüler der Einführungsphase im Physikunterricht der Frage nach einem Tempolimit auf Autobahnen nach. Der Sicherheitsaspekt wird in der wiederkehrenden Debatte häufig als Argument aufgeführt, sodass der Kurs dieses physikalisch näher untersuchte. Der Einfluss der Reaktionszeit und des Tempos auf den Anhalteweg wurden ebenso diskutiert wie die Betrachtung der Aufprallenergien bei verschiedenen Tempi. Des Weiteren flossen auch die Relevanz der Differenzgeschwindigkeit bei Überholvorgängen in die Schlussfolgerungen für mögliche Unfallgeschehen mit ein und dienten als faktenbasierte Argumente für die Abschlussdiskussion.

Foto: André Göller
Dass ein kritischer Blick auf Zahlen und Daten eine Schlüsselkompetenz in demokratischen Gesellschaften darstellt, in denen Statistiken häufig als Argumentationsgrundlage dienen, erfuhren Schülerinnen und Schüler einer Klasse 7 im Mathematikunterricht. Die Lernenden entwickelten Vorgehensweisen zur korrekten Auswertung einer Statistik sowie Kriterien zur Aussagefähigkeit. Darüber hinaus erörterten sie, welche Manipulationen möglich sind.
Ein besonderes Projekt des PoWi-Unterrichts in verschiedenen Klassen bestand darin, dass Schülerinnen und Schüler auf Basis eines Szenarios ihre eigene Insel bewohnten und dafür neue Staatsstrukturen entwickeln mussten. Sie wurden dabei scheinbar von einer Künstlichen Intelligenz unterstützt, die sich allerdings als voreingenommen erwies, einfache und schnelle Lösungen anbot und Zeitdruck aufbaute. In der Auswertung staunten die Lernenden nicht nur über die mechanischen Vorschläge der KI. So erkannte eine Schülerin: „Die Errichtung einer Demokratie ist eine komplexe Aufgabe, die sorgfältige Überlegung und Verantwortung erfordert – und die kontinuierlich gepflegt werden muss.“
Für politisches Engagement in der realen Welt warb der LK Politik und Wirtschaft der Q1. Die Demokratieinitiative Lauterbach unterstützend, erklärten die Schülerinnen und Schüler anderen Kursen den Ablauf der Kommunalwahl am 15.03.26 und riefen dazu auf, sich als Wahlhelfer zu bewerben.
Der Demokratietag machte eindrucksvoll sichtbar, wie vielfältig das Thema Demokratie im Unterricht bearbeitet werden kann. Allen Angeboten gemeinsam war die Botschaft: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss verstanden, aktiv gelebt, kritisch hinterfragt – und immer wieder neu verteidigt werden.
Am Ende des Tages nahmen die Schülerinnen und Schüler nicht nur Fachwissen mit, sondern vor allem die Erfahrung, dass ihre Stimme zählt – in der Klasse, in der Schule und in der Gesellschaft.
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