Poetry Slam im Bananenkeller war Höhepunkt der Alsfelder KulturtageKluge Gedanken, fein präsentiert
ALSFELD (ol). Der Poetry Slam im Bananenkeller im Rahmen der Alsfelder Kulturtage 2025 lockte ein begeistertes Publikum und bot ein abwechslungsreiches Programm mit tiefsinnigen, humorvollen und nachdenklichen Texten. Fünf Poetinnen und Poeten traten gegeneinander an, den Bananenpokal sicherte sich Kaddy Kupfer aus Limburg. Veranstalter und Gäste zogen ein durchweg positives Fazit, getragen von Wortwitz, gesellschaftlicher Relevanz und einem starken Gemeinschaftsgefühl.
Schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung war der Bananenkeller rappelvoll: Es hatte sich wohl herumgesprochen, wie grandios der Poetry Slam an diesem besonderen Ort ist, zu dem man nur wenige Male im Jahr überhaupt Zutritt hat. Der Bananenkeller bietet die perfekte Kulisse für ein außergewöhnliches Literaturerlebnis – und die Inhaber Andreas Gerhardt und Silvia Grahmann-Gerhardt öffnen ihre Location gerne für Gäste. In diesem Jahr hatte sich das Team der Alsfelder Kulturtage e.V. mit den Organisatorinnen der Alsfelder Kellerwunder zusammengetan und gemeinsam mit Slam-Masterin Stella Jantosca zum Poetry Slam geladen, so berichtet der Verein in einer Pressemitteilung.
Diese stellte dem Publikum zunächst die Regeln vor: Die Poetinnen und Poeten dürfen sich nicht verkleiden und haben pro Vortrag sieben Minuten Zeit. Das Publikum indes muss den Vortragenden mit Respekt begegnen und über die Intensität seines Applauses den Sieger ermitteln. Schwer genug, denn auch dieses Mal hatte Stella Jantosca ein überaus abwechslungsreiches Line-Up zusammengestellt: Fünf Künstlerinnen und Künstler von Marburg bis Mainz hatten ihre Gedichte und Geschichten mitgebracht. Den Anfang machte Kaddy Kupfer aus Limburg mit ihrem berührenden Text vom „Moment“.
Sie trug auswendig vor und nahm das Publikum auch mit ihrer warmen Stimme und unglaublichen Präsenz direkt für sich ein. Nicht zuletzt, weil die Bedeutung des Moments, die man im Alltag immer und immer wieder missachtet, eigentlich jedem Menschen klar ist. Ein schöner, ein nachdenklicher Beitrag, dem die Poetin Ilse aus Marburg folgte. Sie trug einen Text vor, den sie seit Kindertagen mit sich trägt. Sehr persönlich handelte er von einer streitenden Familie, deren Kämpfe sich im Ohr der jungen Frau festgesetzt haben und sie bis heute begleiten.
Richtig witzig dagegen war der Beitrag des Mainzers Lenny Felling – auch wenn das Thema, die Beerdigung seiner Großtante – eher traurig war. Nicht bei ihm und seiner Familie, die angeblich nur mit veränderten Namen dafür Patin stand, dass man mit einer guten Ausstattung an Alkohol und Süßigkeiten jede Beerdigung zu einem für alle Beteiligten unvergesslichen Ereignis machen kann. Die Geschichte, gepaart mit absurden Ideen und ganz viel Wortwitz, begeisterte das Publikum im Bananenkeller sehr. Genauso wie die nächste Poetin, wenn auch ihr Betrag wieder sehr ernsthaft war: Lisa Thiel ist Slam Poetin aus Marburg. Sie verpackte ihre Erfahrungen als Therapeutin in berührende Worte; ihre Hilflosigkeit artikulierte sie mit den Worten „Ich bin eine Lügnerin“. Und dennoch: Hoffnung machen, ist das Einzige, was zählt. Wie die Poeten vor ihr auch der letzte Poet der Riege, Artem Zolotarov aus Mainz, flocht Lisa Thiel aktuelle Bezüge ein. Die Poeten warben in ihren Texten und Ansagen für eine offene, vielfältige Gesellschaft. Artem Zolotarov mahnte in seinem Beitrag explizit vor Gier und Dummheit, vor kurzen Erfolgen, vor dem Hunger der Affen auf die Bananen. Dabei zog er ganz konkret Vergleiche zur Nazizeit und beschrieb eine stille Resignation den heutigen Zuständen gegenüber.
Die zweite Runde des Slams verlief so abwechslungsreich wie die erste: Vom Funken des Muts zum Widerspruch, über die Verlockungen des Alkohols bis hin zu einem wahnwitzigen Wortspiel hatten Kaddy Kupfer, Ilse und Lenny Felling ihre Texte gestreut. Lisa Thiel beschrieb sehr eindrücklich das Verschwinden einer Frau mit Demenz, und Artem Zolotarov schließlich trug einen fiktiven Liebesbrief Franz Kafkas vor. Alle Texte nahmen das Publikum gefangen, sodass die Kür des Siegers oder der Siegerin schwerfiel. Slam-Masterin Stella Jantosca gelang es, das Publikum so zu motivieren, dass am Ende natürlich eine Siegerin gefunden war: Kaddy Kupfer konnte den Bananenpokal, den Silvia Grahmann-Gerhardt eigens für diesen Slam gebastelt hatte, mitnachhause nehmen. Doch auch bei den anderen Poetinnen und Poeten war die Stimmung gut – sie kennen und schätzen sich und gönnen sich den Sieg. Viel mitnachhause zu nehmen hatten auch die Gäste: Sie hatten an diesem Abend viele kluge Gedanken geschenkt bekommen, großartigen Wortwitz und jede Menge Hoffnung.
Traudi Schlitt von den Alsfelder Kulturtagen dankte allen Beteiligten für die Gastfreundschaft, für die Texte und fürs Zuhören. Sie zeigte sich sehr erfreut, dass mit Hilfe des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ wieder eine so hochkarätige und viel beachtete Veranstaltung in Alsfeld stattfinden konnte, und sie lobte auch die Kooperation mit der Stadt Alsfeld.
Einen Rückblick über die Veranstaltungen der Alsfelder Kulturtage 2025 findet man auf der Website: https://www.alsfelder-kulturtage.de.
Foto: Tanja Gremmel
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