Das neue Zentrallager bei Alsfeld geht in eine neue Bauphase – Ein ÜberblickDie Diskussion geht weiter: wiegen Arbeitsplätze oder Naturschutz mehr?
ALSFELD – Dass künftige Zentrallager der Nordwest Handels AG auf der Flanke des Alsfelder Hombergs wächst zügig und dominiert mittlerweile die Landschaft. Die Nordwest Handel AG spricht davon, dass der Bau nach Plan verläuft. Wer sich umhört, erfährt aber auch: Der Neubau polarisiert nach wie vor in Alsfeld. Die einen sprechen von Landschaftsverschandlung, die anderen sehen neue Arbeitsplätze im Gewerbegebiet „Am weißen Weg“. Das Unternehmen erklärt den neuen Stand.
Als „ein wichtiger Baustein für die Zukunft des Lagergeschäfts sind
Investitionen in die Neuausrichtung der logistischen Abwicklung“, benennt das Unternehmen selbst den Neubau „eines wirtschaftlich und logistisch optimalen sowie zukunftsfähigen Zentrallagers in Alsfeld“. Vor der Errichtung der Hallen wurden zur Vorbereitung für den Neubau mehr als 200.000 Kubikmeter Erde bewegt. Das Gebäude ist mittlerweile geschlossen, und „die Übergabe der ersten Hallenflächen an das Verbundunternehmen ist für September 2025 geplant“, heißt es bei dem Unternehmen. Man gehe davon aus, dass die erste Einlagerung von Artikeln, im ersten Quartal 2026 stattfindet, verlautet die Nordwest Handel AG.
Güter werden in Alsfeld konzentriert
„Von diesem Zeitpunkt an wird das Verbundunternehmen sukzessive die Güter aus allen Standorten nach Alsfeld umlagern und zeitnah mit dem Versand der Waren von dort
beginnen“, heißt es weiter. Auch das Gefahrstoffhandling werde dort bereits voll integriert sein. Parallel zur zunächst manuellen Abwicklung mit Fachbodenanlage und Palettenregal werde über das Jahr 2026 hinweg „das hochautomatisierte Kleinteilelager mit seinen knapp 170.000 Stellplätzen, 210 Shuttle- und sechs Doppel-Liftsystemen installiert.“
Am Ende soll das neue Zentrallager an zentralem Ort in Deutschland für die umfangreiche Kundschaft des Unternehmens Vorteile in Sachen Logistik, Geschwindigkeit und Kosten erbringen, heißt es im eigenen PR-Magazin.
Die NORDWEST-Vorstände v. l. n. r. : Michael Rolf, Jörg Simon, Thorsten Sega. Foto: Nordwest Handel AG
Werden es bis zu 1000 Arbeitsplätze?
In Alsfeld wird derweil diskutiert, welche Vorteile die Stadt daraus ziehen kann – praktisch seit Bekanntwerden der Planungen im Jahr 2020. Kritiker sehen eine Naturzerstörung direkt im Alsfelder Naherholungsgebiet, Befürworter heben den Wert der Arbeitsplätze und der Wertschöpfung für die strukturschwache Region hervor. Dabei werden große Zahlen genannt: Bis zu 1000 Menschen sollen in dem Zentrallager Lohn und Brot finden.
Doch das stimmt ganz offensichtlich nicht. Auch die Nordwest Handel AG geht von einer erheblich geringeren Zahl aus. In einem aktuellen firmeneigenen Magazin heißt es wie schon in einer Erklärung vor Jahren: „Mit dem neuen Logistikzentrum in Alsfeld werden perspektivisch mehr als 200 Arbeitsplätze geschaffen.“ Und die müssen auch nicht unbedingt aus dem Umland kommen.
Gießener können nach Alsfeld wechseln
Denn den aktuell im Zentrallager in Gießen beschäftigten Mitarbeitern sei angeboten worden, mit nach Alsfeld zu wechseln. Es geht insgesamt um ungefähr 30 Mitarbeiter in der Administration und Prozessmanager, etwa 170 Mitarbeiter in der Logistik, Teamarbeiter, Techniker und Wartungspersonal. Zudem sollen diverse Ausbildungsplätze angeboten und die Möglichkeit zum Dualen Studium geschaffen werden.
Die Konzernzentrale der NORDWEST Handel AG in Dortmund. Foto: Nordwest Handel AG
Nach der intensiven Kritik von Naturschützern hat das Unternehmen zugleich versprochen, für viel Begrünung rund um die riesige Lagerhalle zu sorgen – und deren massigen Anblick durch ein vorgelagertes, kleineres Verwaltungsgebäude zu entschärfen. Dadurch sollen Wanderer am Homberg nicht plötzlich vor einer riesigen Wand stehen.
Insektenhotels und Photovoltaik für die Öko-Bilanz
„Das Außengelände wird naturhaft angepasst“, erklärte ein Unternehmenssprecher, mit Insektenhotels, Ruhebänken und begrünten Beeten. Die Parkflächen sollen –wasserdurchlässig werden, sodass der Boden nur im nötigsten Maße versiegelt werde und das Regenwasser im Bereich der Parkplätze weiterhin versickern kann. Photovoltaikmodule auf dem Dach sollen die Co2-Bilanz verbessern. Auch Ladesäulen für E-Autos und für E-Bikes seien vorgesehen, denn das Unternehmen biete für Mitarbeiter unter anderem das Job-Bike an.
Wie viele Lkw fahren durch Alsfeld?
Letztlich werde das Lager auch den Fahrzeugverkehr in Alsfeld nicht vergrößern. Mit 80 Lastwagen am Tag werde gerechnet, an Spitzentagen bis zu 120. Die Logistik-Partner würden aber keine regionale Verteilung vornehmen und zu 85 bis 95 Prozent ausschließlich die benachbarte Autobahn nutzen.
von Axel Pries
Der Werdegang des Projekts Zentrallager „Am weißen Weg“ über die Jahre lässt sich auch in mehreren Beiträgen bei Oberhessen-live nachvollziehen.
2021: Als das Unternehmen erstmals seine Pläne für ein großes Zentrallager vorstellte.
2021: Als das Stadtparlament das Grundstück im Industriegebiet zum Verkauf freigab.
2022: Wie der Nordwesthandelsverbund auf Kritik von Umweltschützern reagierte.
Und: Wie die Kritiker auf Reaktionen des Unternehmen antworteten.
2023: Wie die Nordwesthandel AG die Planung für das Zentrallager vorantrieb.
2024: Als der Ministerpräsident anreiste: der symbolische erste Spatenstich vor einem Jahr
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