Kommt eine Bundeswehr-Einheit? – Eine Betrachtung zur Alsfelder „Militär-GeschichteSeit Napoleon gab es nur selten Militär in der Stadt
ALSFELD – Die CDU/UWA-Koalition hat einen Prüfantrag zur Ansiedlung der Bundeswehr in Alsfeld gestellt, der auf ein unterschiedliches Echo stoßen dürfte und der in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung angenommen wurde. Das ist Anlass für einen historischen Rückblick: Wie ist es mit Alsfeld und dem Militär? Offenbar gab es stets mehr Wunsch als Soldaten in der Stadt.
Der in verschiedenen Beiträgen getätigte Hinweis, dass die Stadt bereits eine historische Verbindung zu militärischer Infrastruktur vorweisen könne, da sie „bis in die 1990er Jahre eine Kaserne des Bundesgrenzschutzes beherbergte“, regte dazu an, den Blick in die örtliche Geschichte zu lenken und folglich skizzenhaft darzustellen, wie es historisch mit dem „Wunsch nach einem Militärstützpunkt“ in Alsfelds Vergangenheit bestellt war.
Alsfeld in strategisch günstiger Lage
Galt Alsfeld im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wegen seiner wirtschaftlichen, verkehrstechnischen und strategisch günstigen Lage als prädestinierte Bastion, um Herrschaftsansprüche auszuüben und diese zu festigen, verrät der Blick in die jüngere Geschichte, dass die Stadtoberen stets bemüht waren, Alsfeld zu einer „Garnisonsstadt“, also zu einem Standort einer Besatzungstruppe beziehungsweise einer Truppe, auszubauen.
Hier ist nicht beabsichtigt, einen ausführlichen, lückenlosen Beitrag zu Alsfeld Militär-Geschichte zu schreiben, sondern lediglich Aphorismen zum aufgeworfenen Thema mitzuteilen. Diese Gedankensplitter sollen helfen, den Antrag der CDU/UWA-Koalition vielleicht besser verstehen und in die historisch-gegenwärtige Situation leichter einordnen zu können, weil er sich in eine Tradition einreiht.
Alsfelder Garnison zu Napoleons Zeit
In Alsfelds Geschichte war, wird auf die bewegte Napoleonische Zeit geblickt, 1803 das II. Füsilier-Bataillon, das mit zwei anderen Bataillonen vereint werden sollte, stationiert, wobei diese Alsfelder Garnison bereits 1806 aufgelöst worden ist. Im langen und ereignisreichen 19. Jahrhundert gab es vor allem im ersten Drittel weitere Stationierungen und Einquartierungen, was aber nicht zur festen Etablierung eines militärischen Kontingents führte.
1899: vergeblicher Wunsch im Militarismus
1899 initiierte der Stadtvorstand einen erneuten Versuch, Garnisonsstadt zu werden, worauf Helmuth Riffer, einer meiner Vorgänger im Amte des ehrenamtlichen Stadtarchivars in einer Heimat-Chronik der Oberhessischen Zeitung (HC 11. Jg., 1994, H. 3, März 1994) hingewiesen hat, und was den Zeitläufen geschuldet gewesen sein dürfte, denn Imperialismus, Kolonialismus, Militarismus, Nationalismus und Chauvinismus bestimmten das Denken und Handeln im Kaiserreich. Der Wunsch, Garnisonstadt zu werden, war aus der vorgeblich militärisch günstigen, strategisch plausiblen und wirtschaftlich bedeutenden Lage entstanden, wobei sich der Stadtvorstand neben dem Prestige als Mittelpunkts-Ort einen weiteren Aufschwung in ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht erhoffte. Gedanken, die auch dem jetzigen Antrag der CDU/UWA-Koalition nicht fremd sind.
1899 war der Versuch gescheitert, da das Kriegsministerium keinen Truppenteil zur Verfügung habe, der nach Alsfeld verlegt werden könne. Alsfelds Stadtväter gaben in ihrem Streben nicht nach, den Ort zur Garnison oder zumindest zu einem Militär-Übungsplatz zu machen, was mehrere Anträge in den Folgejahren deutlich werden lassen, die allesamt mit den Hinweisen auf eine überragende Infrastruktur und dem Ausblick auf zukünftige Investitionen begründet sind.
Trotz der Betonung der herausragenden Schienen-Anbindung, dem bestehenden Raum für das Exerzieren und die kleineren Manöver, der Bildungseinrichtungen oder dem Bau einer größeren Bade-Anstalt sind die Anträge vom Reichskriegsministerium zurückgewiesen worden.
Eine Reserve-Einheit im Ersten Weltkrieg
1912, zwei Jahre vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, unternahm Bürgermeister Dr. Karl Völsing einen weiteren Versuch, eine Garnison nach Alsfeld zu holen. Das Ansinnen stieß erneut auf Ablehnung. Während des Ersten Weltkrieges befand sich zumindest eine Reserve-Einheit in Alsfeld, die alsbald an die Front verlegt worden war. Fotos und Postkarten, die Soldaten in Alsfeld zeigen, sind – wie aus der Sammlung Andreas Lenths zu ersehen – Zeugnisse jener Kriegsjahre.
Wehrmacht an der Alsfelder Hochstraße
In den 1930er Jahren konnte Dr. Völsing samt Stadtvorstand erreichen, was Jahrzehnte nicht gelungen war, so Helmuth Riffer. Alsfeld war kurzzeitig Garnisonsstadt geworden. Zwei Ausbildungsbataillone sind der Stadt damals zugewiesen worden, bis der 1939 beginnende Zweite Weltkrieg verhinderte, dass der Ausbau der Kasernen an der Hochstraße zu einem Ende gebracht werden konnte. Die Gebäude verfielen und die Keller sind nach dem Krieg verschüttet worden. In diesen Bereichen erfolgte 1960 die Ansiedlung des Bundesgrenzschutzes in Alsfeld.
Wir dürfen vor dem Hintergrund der historisch nachgewiesenen Bemühungen gespannt sein, ob es den Stadtoberen dieses Mal gelingt, Alsfeld zu „einem militärischen Stützpunkt“ auszubauen.
von Michael Rudolf
Danke für die interessanten Infos.
Zu welchem Staatt gehörte das Füssilier-Bataillon zu Napoleons Zeiten?
Königreich Westfalen?