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Wohnraumverknappung und fragwürdige FinanzpolitikUmstrittener Ankauf in Lauterbach: Stadtverwaltung umgeht Parlamentbeschluss

LAUTERBACH (ol). Das Stadtparlament von Lauterbach hat sich für den umstrittenen Ankauf des Hauses Obergasse 10 entschieden, obwohl dieser zuvor abgelehnt wurde. Kritiker bemängeln eine Umgehung des Parlamentsbeschlusses und warnen vor der Verknappung von bezahlbarem Wohnraum und steigenden Mieten.

Bei der letzten Sitzung des Stadtparlamentes der Stadt Lauterbach wurde mit Mehrheit der Ankauf des Hauses Obergasse 10 durch die Stadt Lauterbach beschlossen. Der Ankauf stand 2023 schon einmal auf der Tagesordnung einer Stadtverordnetenversammlung, wurde aber damals noch mit großer Mehrheit abgelehnt, heißt es in der Pressemitteilung der Die Linke im Stadtparlament Lauterbach.

Ein Hauptargument für die damalige Ablehnung war, dass hier drei Wohnungen im Innenstadtbereich in Lagerräume umgewandelt werden sollten und, dass die Stadt bei der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen sollte. Solche Argumente spielen heute bei der Mehrheit der Stadtverordneten keine Rolle mehr, so Vertreter von Die Linke.

In der Zwischenzeit wurde unter anderem beschlossen, dass die Wohnhäuser am Vaitsberg mit 13 Wohnungen, die sich in Stadtbesitz befinden, einer Industrieerweiterung weichen sollen. Weitere Häuser im Stadtbesitz zur Unterbringung von Obdachlosen wurden verkauft. Häuser, die von der Stadt angekauft wurden, etwa in der Vogelsbergstraße, stehen leer und werden nicht zur Vermietung angeboten, heißt es weiter.

Nachdem der Ankauf der Obergasse 10 durch das Stadtparlament 2023 abgelehnt wurde, teilte der Bürgermeister in einer der nächsten Sitzungen mit, dass die Gemeinnützige Heimstätten Baugesellschaft mit ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden beschlossen habe, das Haus zu kaufen. Erst dadurch, dass auf diesem Wege der damalige Beschluss des Stadtparlamentes umgangen worden sei, wurde der Ankauf des Hauses durch die Stadt jetzt möglich. „Mit der Zustimmung zu dem Ankauf jetzt hat das Stadtparlament praktisch toleriert, dass seine Entscheidungen von der Stadtverwaltung mit Hilfe von Beteiligungsgesellschaften umgangen wurden “, so Winfried König von der Fraktion Die Linke.

Zweck der Gemeinnützigen Heimstättenbaugesellschaft war laut einem Beteiligungsbericht der Kreisstadt Lauterbach aus dem Jahr 2021 „vorrangig eine sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung   (gemeinnütziger Zweck)“. Mit den zunehmenden finanziellen Problemen der Stadt in Kombination mit den Millionenprojekten, die sich die Parteien zur Vertretung der Interessen der gehobenen Mittelschicht für ihre Klientel wünschen, verschiebe sich der Fokus der Gemeinnützigen Heimstättenbaugesellschaft wohl hin zu einem weiteren Zweck, der städtebaulichen Entwicklung – eine weitere Gefahr für die Versorgung der Lauterbacher Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum.

„Letztendlich entsteht für die Fraktion Die Linke so der Eindruck, dass durch die Umwandlung, den Verkauf, den Abriss, den Leerstand und die Aktivitäten der Heimstätte jenseits der Wohnungsversorgung Wohnraum verknappt wird, was die Mieten insgesamt in die Höhe treibt. Unseres Erachtens handelt es sich hier um Klientelpolitik einiger Parteien für ihr Vermieter*innenklientel. Durch höhere Mieten steigen bei diesen die Gewinne“, so Winfried König.

Neben der verfehlten Wohn- und Finanzpolitik finde die Fraktion Die Linke auch die mangelhafte Bearbeitung von Beschlüssen des Stadtparlamentes so kritikwürdig, dass hier Beschwerde bei der Kommunalaufsicht eingelegt wurde. „Aktuell müsste es aus unserer Sicht in Lauterbach vor allem um den Erhalt des Bestehenden gehen, da für alles weitere das Geld fehlt. Da das nicht geschieht, droht in absehbarer Zeit der Verlust liebgewonnener Einrichtungen wie dem Freizeitzentrum, der Stadtbücherei, der Musikschulförderung und einigem mehr“, so König abschließend.

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