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Der "Oscar der Fotografie" für Gerd Ludwig – Verleihung bei der Photokina in Köln„Er benutzt die Kamera nicht als Schild“

KÖLN/ALSFELD. Es hätte wohl kaum einen geeigneteren Raum für diesen Anlass geben können, als den Photodom in der Halle 1 der weltgrößten Fotomesse Photokina. Im Zentrum von einem Dutzend Ausstellungen in dem abgedunkelten Saal steht ein Mann im Rampenlicht der internationalen Fotoszene, der seit Jahrzehnten überall auf der Welt für Reportagen unterwegs ist – und dann auch immer wieder nach Alsfeld kommt, in seine Heimatstadt: Gerd Ludwig. Der 66-jährige bekam am Samstag in Köln den „Oscar der Fotografie“, den Erich Salomon-Preis, verliehen als ein Fotograf, „der in verschlossene Welten dringt“, wie Peter-Matthias Gaede formulierte.

Der ehemalige Chefredakteur des Magazins GEO hielt als langjähriger Weggefährte von Gerd Ludwig die Laudatio bei dieser Preisverleihung der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Der Dr. Erich Salomon-Preis würdigt seit 1971 in jedem Jahr einen Fotografen – oder auch eine Organisation – für „vorbildliche Anwendung der Photographie in der Publizistik“ und erinnert dabei gleichzeitig an den großen Fotografen der Weimarer Republik, der 1944 von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Es sei „der wohl renommierteste Preis für herausragenden Bildjournalismus“, erklärte Ditmar Schädel als Vorsitzender der Gesellschaft den gut 100 Gästen bei der Verleihung, darunter viele große Namen der publizistischen Foto-Szene.

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Auszeichnung für den gebürtigen Alsfelder: (v.l.) der Fotograf und Autor Michael Ebert, Karin Rehn-Kaufmann von Leica mit dem Preis, einer gravierten Leica M, Gerd Ludwig, Ditmar Schädel, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Photographie.

 

Dass die Auszeichnung in der Halle von Leica stattfand, ist dabei kein Zufall, ist das deutsche Traditionsunternehmen von Anfang an doch mit der Gesellschaft verbunden gewesen, stellte Katrin Rehn-Kaufmann heraus, die Leiterin der Leica Galerien International.

Große Namen finden sich in der Liste der Preisträger: Paolo Pellegrin, René Burri, Gilles Peress, Robert Lebeck, Sebastiao Salgado, Eva Besnyö oder die Menschenrechtsorganisation „Reporters sans frontières“ und Magazine wie GEO und Stern – nebst dem amerikanischen National Geografic, für das der in Los Angeles lebende Gerd Ludwig seit 1989 bereits 30 Reportagen fotografiert hat.

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„Das glückliche Gegenteil von Verzagtheit“: Peter-Matthias Gaede über Gerd Ludwig in der Leica-Ausstellungshalle.

Der gebürtige Alsfelder sei „das glückliche Gegenteil von Verzagtheit“, stellte Gaede in seiner Ansprache fest, in der er auch an ein Projekt erinnerte, dass sie in den achtziger Jahren gemeinsam vollendeten: eine Reportage über Alsfeld. Seither teilten sie ihre Neigung zur hessischen Provinz, und bei der Geschichte sei für ihn „beiläufig sichtbar“ geworden: „Gerd Ludwig ist ein Menschenfreund. Er benutzt die Kamera nicht als Schild.“ Darin liege eine seiner Stärken, denn „Fotografie ist Kommunikation.“

„Er nimmt sich Zeit, sich zu den Menschen zu setzen“

Dabei seien die Fotos von Gerd Ludwig bei aller Eindrücklichkeit klare Zeugnisse von Dokumentation: „Er nötigt uns nicht dazu, durch Kunstnebel zu tapsen.“ In seiner klaren Fotografie „muss er nicht den Horizont kippen.“ Das gelte auch für die Reportage-Reihe über den Unglücksreaktor von Tschernobyl, die Gerd Ludwig gerade mit einem großen Bild-Band krönte – und die Auslöser für die Preisverleihung ist. „Es sind keine lauten Bilder“, sagte Geade, „aber ernste“.  Außerdem: „Recherche, Recherche, Recherche“ sei ein Element für den Erfolg des Fotografen Ludwig. Ein anderes seine Fähigkeit und sein Anspruch, auf Menschen zuzugehen: „Er nimmt sich Zeit, sich zu den Menschen zu setzen.“

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Bilder von Gerd Ludwig sind in einer der Ausstellungen in der Leica-Halle zu sehen.

 

„Ich habe mich bemüht, Menschen so zu fotografieren, dass ihnen ihre Würde bleibt“, stellte Gerd Ludwig nach der Auszeichnung in seiner Ansprache fest, in der er vielen Menschen für ihre Unterstützung dankte – aber auch mahnende Worte fand. Denn obwohl in Deutschland für Kultur 50 Mal soviel Geld aus öffentlichen Mitteln ausgegeben werde, hätten junge Fotografen ohne reiche Eltern kaum noch eine Chance, ihr Leben zu bestreiten – eine Folge auch der Bilderflut im Internet. Diese Entwicklung hin zu „Fotografen mit reichen Eltern“ schränke aber den Blick auf die Geselllschaft ein. Es sei die Frage, so meinte Ludwig auch selbstkritisch: „Wo wollen wir, die Kreativen, dass diese Reise hingeht?“

von Axel Pries

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Gerd Ludwig beim Scherzen mit Kollegen: (v.l.) Alfred Büllesbach, Geschäftsführer der Fotoagentur Visum, Ludwig und die Fotografen Rudi Meisel sowie André Gelpke.

 

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