Finanzminister Michael Boddenberg besucht Alsfeld virtuellÜber die hessische Staatskasse und Wohnbauproblematik
ALSFELD (ol). Am vergangenen Donnerstag lud der CDU-Stadtverband Alsfeld zu einem Online-Bürgergespräch mit dem hessischen Finanzminister Michael Boddenberg ein. Nachdem man in der vorangegangenen Woche bereits mit der Fraktionsvorsitzenden der hessischen CDU, Ines Claus zum politischen Aschermittwoch einen prominenten Gast gewinnen konnte, schaltete sich nun der hessische Finanzminister digital zu den Alsfelder Parteifreunden.
In der Pressemitteilung der Alsfelder CDU heißt es, über 50 Personen durfte der Stadtverbandsvorsitzende Alexander Heinz live zugeschaltet über Webex und Youtube begrüßen. Nach einer kurzen Einleitung durch Heinz konnte der Minister über die aktuelle finanzielle Situation der hessischen Staatskasse berichten. Natürlich rede man momentan im Rahmen des in Hessen aufgenommenen Sondervermögens über gewaltige Summen, so Michael Boddenberg, verteile man dies jedoch auf die dafür vorgesehen Jahre, könne man sehen, dass dies das Land nicht vollkommen aus der Bahn werfe.
Mit einer Auszahlungsquote von 97 Prozent habe man darüber hinaus in Hessen bereits nahezu alle Anträge auf November- und Dezemberhilfe sowie die Überbrückungshilfen eins und zwei bearbeitet und so bestmöglich versucht, hessische Unternehmen zu unterstützen, heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Auch die Wohnbauproblematik dürfe man nicht aus den Augen verlieren, referierte Boddenberg. „Dieses Problem lösen wir nicht in Offenbach, Frankfurt, Wiesbaden oder Darmstadt. Dieses Problem können wir nur lösen, wenn die Attraktivität des ländlichen Raums funktioniert.“ Einer der essenziellsten Faktoren für eine Kommune sei demnach die Möglichkeit, dass sich ein Normalbürger noch Eigentum leisten könne.
Man müsse es schaffen, dass die Familien vor Ort bezahlbaren Wohnraum haben und gerade hierbei auch zunehmend die Mittelzentren in den Blick nehmen. Die hessische Landesregierung und insbesondere das Finanzministerium haben hierzu auch bereits Schritte eingeleitet. Mehrere tausend Stellen seines Ressorts seien so in den ländlichen Raum verlegt worden. Auch die zukünftige Standortverlagerung der hessischen Lehrkräfteakademie nach Alsfeld stehe an.
Im Rahmen des Schlussworts betonte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule, dass die Christdemokraten in allen Themenbereichen erfahren seien. Mit den 50 ehrenamtlichen Kandidaten, mit welchen man in Alsfeld zur Wahl antrete, zeige man Fleiß und Wissen, welches zur Gestaltung einer positiven Zukunft der Stadt Alsfeld eingebracht werde. Interessierte können die gesamte Videokonferenz weiterhin über den Youtube-Kanal der CDU Alsfeld in voller Länge abrufen.
Das Problem der Spekulation mit Wohnraum in den Großstädten löst man nicht durch billiges Bauland in den Randbezirken oder auf dem plattesten Land. Aber das Märchen von der Problemlösung durch eine höhere Attraktivität des ländlichen Raums ist ein hervorragendes Ablenkungsmanöver, um nämlich die wahren Ursachen etwa für den extremen Anstieg der Immobilienpreise und der Mieten in den Metropolregionen zu verschleiern. Zwar sind diese Ursachen differenziert zu betrachten, weil es auch Nachfrage-Faktoren gibt (z.B. Zuzug in die sog. „Schwarmstädte“ als Modeerscheinung, Zunahme des Single-Wohnens u.a.m., siehe hierzu auch https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_100_2018.pdf), die die Preise treiben und hierdurch wiederum die Spekulation mit Wohnraum anheizen, aber es bleiben gravierende politische Versäumnisse bzw. verdeckte „Fördermaßnahmen“ im Interesse von Großinvestoren wie Großbanken, der Versicherungswirtschaft oder gar der Geld waschenden Mafia, denen bestimmte politische Parteien bewusst in die Karten spielen. Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch, der das Zweckentfremdungsverbot kippte und am Ende seiner politischen Karriere mit dem Vorstandsvorsitz eines Baukonzerns belohnt wurde, ist hier nur eines von vielen unrühmlichen Beispielen. Oft wirkt das, was von politisch Verantwortlichen nicht getan, sondern unterlassen wird (z.B. ausreichender sozialer Wohnungsbau oder fehlendes Durchgreifen gegen Pseudo-Modernisierungen als Entmietungsstrategie) mindestens ebenso katastrophal auf die „Wohnbauproblematik“ in den Großstädten ein. Die jüngsten Beispiele raffgieriger CDU/CSU-Mandatsträger, die sich in der Pandemiekrise schamlos an mit eingefädelten Maskendeals bereicherten, sollten uns lehren, das Augenmerk auf ganz andere Dinge zu lenken als auf die Frage, wie sich der Normalbürger durch Ausweichen aufs platte Land trotz allem noch Wohneigentum leisten könne. Es geht darum, dieses „Trotz-allem“ zu bekämpfen, an das viele sich schon allzu sehr gewöhnt bzw. dem gegenüber man resigniert hat wie auch gegenüber dem Vordränglertum bei der Impfreihenfolge. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass die Folgen eines Werteverfalls, der ironischerweise mit Helmut Kohls „geistig-moralischer Erneuerung“ begonnen hat, unser Gemeinwesen zunehmend belasten und die Glaubwürdigkeit des parlamentarischen Systems von innen aushöhlen. Dies mag auch in anderen Parteien ab und an sichtbar werden, betrifft aber vor allem die Parteien mit dem C im Namen, die sich immer gern als „wirtschaftsfreundlich“ präsentierten, die aber durch ihre Nähe zur Wirtschaft den politischen Kompass in Richtung Gemeinwohl offensichtlich verloren haben.
Und diesen Eindruck teilen aktuell viele in unserem Land (siehe https://www.fr.de/meinung/kommentare/cdu-masken-affaere-union-kommentar-nuesslein-loebel-ideologie-90232540.html).
„Auch die Wohnbauproblematik dürfe man nicht aus den Augen verlieren, referierte Boddenberg. ‚Dieses Problem lösen wir nicht in Offenbach, Frankfurt, Wiesbaden oder Darmstadt. Dieses Problem können wir nur lösen, wenn die Attraktivität des ländlichen Raums funktioniert.‘ Einer der essenziellsten Faktoren für eine Kommune sei demnach die Möglichkeit, dass sich ein Normalbürger noch Eigentum leisten könne.“
Selten so einen Unsinn gehört, Minister Boddenberg! Und „dass die Christdemokraten in allen Themenbereichen erfahren seien“, Herr Paule, stimmt nur so lange, wie niemand fragt, wer die zu lösende Wohnbauproblematik erst geschaffen hat und jetzt mit völlig abstrusen Lösungsansätzen zu beheben sucht. Probleme müssen immer da gelöst werden, wo sie entstanden sind. Und wenn in Offenbach, Frankfurt, Wiesbaden oder Darmstadt aufgrund der Aufhebung des Zweckentfremdungsverbots im Jahr 2004 durch den CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch mit Wohnraum spekuliert und ein Großteil der Bevölkerung deshalb nicht mehr mit Wohnraum versorgt werden kann, dann muss man das Zweckentfremdungsverbot wieder einführen und nicht deren Bevölkerung in den Vogelsberg umsiedeln!
Wer wissen will, wie die Dinge in Sachen Wohnbauproblematik tatsächlich liegen, sollte sich mal das WDR-Feature „Leerstand trotz Wohnungsnot“ anhören (https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/dok5/leerstand-wohnungsnot-spekulation-innenstadt-wertsteigerung-100.html). Das ersetzt mindestens zehn virtuelle Desinformationsbesuche des CDU-Finanzministers!