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Das Wechselmodell bei TrennungskindernHeute bei Mama, morgen bei Papa

ALSFELD (ol). Nach Trennung der Eltern stellt sich immer häufiger die Frage nach dem Umfang der Betreuungsanteile von Mutter und Vater. Eine Rolle spielt diese sowohl bei der Besserstellung der Väter als auch im Hinblick auf unterhaltsrechtliche Belastungen. In vielen Familien wird noch heute das sogenannte Residenzmodell beibehalten, das heißt die Kinder bleiben nach der Trennung bei dem Elternteil, der sich auch zuvor vermehrt um die Kinder kümmerte. Viele bevorzugen allerdings auch das Wechselmodell, ein Thema, das derzeit auch in der Politik aktuell ist. Eine Kolumne der Fachanwältin für Familienrecht, Andrea Rücker, im Wortlaut.

Eltern streiten sich auch heute noch darum, dass dem Kindeswohl entsprechend überhaupt regelmäßiger Kontakt zum anderen Elternteil gepflegt wird. Gleichwohl nehmen die Fälle stetig zu, in denen Eltern entscheiden, die Betreuungsanteile in gleichem Maße auszuüben, um so auch beide an der künftigen Entwicklung der Kinder paritätisch teilhaben zu können. Die gesellschaftlichen Rollenbilder haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert und es gibt immer mehr Väter, die an der Erziehung auch nach einer Trennung gleichermaßen teilhaben wollen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) trug mit zwei Entscheidungen Anfang 2017 zur Diskussion bei, in denen er sich zu Unterhaltsfragen beim Wechselmodell positionierte und sich zu der Frage äußerte, ob es sich beim Wechselmodell um eine Umgangsregelung handele und wann eine gerichtliche Anordnung des Modells möglich sei, auch wenn eine Zustimmung eines Elternteils dazu nicht vorliege.

Was ist das Wechselmodell?

Das paritätische Wechselmodell setzt voraus, dass sich beide Elternteile zu gleichen Teilen um die Betreuung und Erziehung kümmern, wobei das Kind regelmäßig zwischen den Haushalten des Vaters und der Mutter pendelt, wo jeweils auch ein Zimmer unterhalten wird. Das wiederum setzt das Einverständnis beider Elternteile voraus und auch dass diese gewollte Regelung dem Kindeswohl entspricht. In diesem Fall gibt es lediglich noch zu regeln, in welchem Umfang Unterhaltspflichten trotz der gleichen Betreuung und Versorgung noch entstehen. Einigkeit besteht dahingehend, dass häufiger Umgang mit beiden Elternteilen dem Kindeswohl entspricht und die Kinder so von den Vätern profitieren.

Nach den Entscheidungen des BGH hat es auch im Hinblick auf europäische Vergleiche eine rege politische Diskussion zu diesem Thema gegeben, die im Frühjahr dieses Jahres auch erneut den Bundestag erreichten. Hierbei gibt es ein breites Meinungsspektrum darüber, ob das Wechselmodell zum Wohle der Kinder gesetzlich angeordnet werden soll (so die FDP) oder eben nicht.

Die Linke lehnte das ab, auch die übrigen Parteien sehen eine Anordnung kritisch, zumal bislang Konsens dahingehend bestand, dass eine freiwillige und einvernehmliche Betreuungsleistung der Eltern vorliegt, was einer gesetzlichen Anordnung widerspricht. Schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stellte klar, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist die Anordnung paritätischer Betreuung anzuordnen und die Gerichte hier nur nach der jeweiligen Lage des Einzelfalls entscheiden können, um so die Grundrechte aller Beteiligten abzuwägen.

Im März diesen Jahres äußerte sich die Familienministerin dahingehend, dass man durchaus daran arbeite, den Vätern entgegenkommend im Unterhalt Entlastungen zu verschaffen, wenn sie viel Zeit mit ihren Kindern verbringen und sogar ein eigenes Zimmer vorhalten. Die Diskussion dauert auch in Fachgremien noch immer an.

Frage nach der Durchführung und den Konsequenzen

In der gängigen Praxis taucht die Frage nach der Durchführung und den Konsequenzen des paritätischen Wechselmodells immer häufiger auf. Die Mütter, die wegen der Kinder in den Ehen/Beziehung weniger arbeiteten, fürchten darum das Einkommen für eigene Unterhaltsanteile nicht aufbringen zu können oder gar selbst erhebliche Nachteile zu erfahren, da sie nicht so schnell genug beruflich wieder Fuß fassen können. Die Väter wollen Unterhaltsvorteile, weil ihr Aufwand im Wechselmodell erhöht wird. Diese Fragen allerdings sollten keinesfalls vor der nach dem Kindeswohl gestellt werden.

Will man das Wechselmodell ohne die Zustimmung des anderen Elternteils durchsetzen, wird sich das zuständige Amtsgericht immer zuerst mit der Frage nach dem Kindeswohl befassen und danach, ob die Kinder dem ständigen Wechsel zwischen zwei Haushalten gewachsen sind sowie auch, ob sich die Eltern prinzipiell über die Betreuung einigen können. Hierin liegt allein das Problem des Wechselmodells in der juristischen Praxis, denn bei wirklicher Einigkeit werden durch die Anwendung dieses Modells weder Anwälte noch Gerichte befasst.

Erst danach stellt sich die Frage nach dem Unterhalt und es gibt nicht wenige Fälle, in denen trotz gleicher Betreuungsbeteiligung keine Ersparnis für die Väter zum Tragen kommt. In anderen Fällen wird zu regeln sein, wie hoch die Anteile im Ausgleich zwischen den Elternteilen zu bemessen sind, was erneut Öl im Feuer der Auseinandersetzung zwischen Eltern bedeuten kann. Wer also nur wegen einer möglichen Ersparnis paritätisch betreuen will, sollte gut beraten sein.

Denken Eltern daran die Betreuung der Kinder nach einer Trennung unter sich aufzuteilen, gerade sie nicht mehr dem alten Rollenbild entsprechen, sollten sie sich vorher auch über die Konsequenzen im Klaren sein und sich immer fragen, ob der Elternwille auch unter allen Umständen dem Kindeswohl dient.

8 Gedanken zu “Heute bei Mama, morgen bei Papa

  1. „Solange der Gesetzgeber die Folgen der Durchführung eines paritätischen Wechselmodells nicht geregelt und die Ausgestaltung den Familiengerichten überlässt, besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten.“
    Meine Rede. Vom Entwurf bis zur Verabschiedung dauert ein Gesetzgebungsverfahren viele Jahre. Und statt Rechtsunsicherheit gibt es dann eine Baustelle, an der sich erstmal die „Fachanwälte“ eine goldene Nase verdienen, bis nach zehn Jahren oder mehr dann endlich mal der Bundesgerichtshof höchstrichterlich entschieden hat.
    Justiz in Deutschland? Mittlerweile so schlecht wie in Italien!

  2. Nochmals an alle Elternteile, die sich durch das paritätische Wechselmodell eine Besserstellung beim Kindesunterhalt wünschen. Der Unterhalt minderjähriger Kinder setzt sich aus Betreuungs- und Barunterhalt zusammen. Der Betreuungsunterhalt wird beim par. Wechselmodell durch beide Elternteile geleistet, der Barunterhalt (nach der Düsseldorder Tabelle) ebenfalls, natürlich im Rahmen der jeweiligen Leistungsfähigkeit. Sollte also bspw. die bisher allein betreuende Kindesmutter nicht leistungsfähig sein, muß der Kindesvater neben seinem Anteil am Betreuungsunterhalt nun auch noch zusätzlich den Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle leisten. Leistungen nach dem Unterhaltsvoschußgesetz entfallen im übrigen (kein Elternteil ist mehr allein erziehend). Solange der Gesetzgeber die Folgen der Durchführung eines paritätischen Wechselmodells nicht geregelt und die Ausgestaltung der Familiengerichte überläßt, besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit für alle Beteiligte. Im übrigen erfordert ein par. Wechselmodell im Regelfalle mehr Komunikation (Absprachen) unter den Eltern, als beim Residenzmodell, anderenfalls entsprich die Anordnung des par. Wechselmodells nicht dem Kindeswohl. Daran scheitert die gerichtliche Geltendmachung in der Praxis am häufigsten. Schön für die Kinder in den Fällen, in welchen sich die Eltern rundum einig sind. Dann wird i.d.R. jedoch auch kein Gericht entscheiden müssen.

  3. Der Unterhaltsanspruch hebt sich nicht gegenseitig auf. Die Kinder haben auch weiterhin einen Unterhaltsanspruch an den Besserverdienenden. Natürlich nicht soviel wie wenn das Residenzmodell greift, jedoch immer noch ein bisschen.
    Da sollten Sie sich vielleicht nochmal genau informieren.

  4. Ein regelmäßiger Wechsel in relativ kurzen Abständen in den Haushalt des Vaters bzw der Mutter schadet einem kleinen Kind weniger als zum Beispiel den Vater nur alle zwei Wochen am Wochenende besuchen zu dürfen. Das Wechselmodell bietet beiden Elternteilen die gleiche Chance sich an der Erziehung des Kindes zu beteiligen. Nachteilig sehe ich allerdings, dass unsere Gesetze noch nicht an dieses Modell angepasst sind. Ob Krankenkasse, Wohnsitz oder andere Ämter.. Hier besteht dringend Handlungsbedarf.
    Dass sich der Unterhaltsanspruch nun gegenseitig aufhebt ist ein weiterer Nachteil. Ich bin selbst Mutter von drei Kindern, werde dadurch die nächsten Jahre nicht Vollzeit arbeiten gehen können. Ich wäre auf die finanzielle Unterstützung des Vaters angewiesen gewesen.
    Durch das Wechselmodell stehen mir keine finanziellen Mittel mehr zu. Traurig aber wahr. Kein Richter oder Anwalt fragt danach, ob am Ende des Monats der Kühlschrank noch gut gefüllt ist oder alle Rechnungen beglichen werden können. Traurig vor allem für die Kinder..

  5. Im hessen vertuschen Jugendämter Klinibericht in denen steht das die Mutter die Kinder Misshadelt u dann geht das Jugendamt mit der Mutter zum Gericht u sagt die Mutter brauch das alleinige Sorgrecht .So waren 2 Kinder 23 mal in Klinken u sind heute schwer Krank . Und Hessen lehnt an der sache nachzugehen .Jugendämter sind Kriminell .

  6. Starke Worte, doch die Realität sieht leider anders aus. Selbst als pensionierter Vater bekommt man vom Familiengericht gesagt, dass eine Klage bzgl. des gleich aufgeteilten Rechts keine Aussicht auf Erfolg hat, obwohl alle Voraussetzungen gegeben sind…

    Leider ist es immer noch so, dass Väter – welche sich kümmern wollen – keine reelle Chance bekommen.

    Auf dem Papier und in den hier gemachten Ausführungen klingt das toll, die Realität spiegelt es definitiv nicht.

  7. Wäre echt toll wenn sich am finanziellen etwas ändern würde. Jedes Mal wenn ich anspreche, dass ich genauso Klamotten, Essen, Urlaub, Geschenke und ein Zimmer bereit halte bekomme ich nur zur Antwort sie sei im Recht. Ich hab nichtmal irgendeine Gesetzesgrundlage um über eine Aufteilung des Unterhalts zu sprechen. Beim Jugendamt hat man mir wortwörtlich Gesagt ich sei ein Einzelfall in der Regel würden sich die Väter nicht kümmern und damit könne man nichts machen. Wobei mir reichlich egal ist was andere Väter machen. Fühl mich da ziemlich allein gelassen.

    1. Sie sind kein Einzelfall, das wird mir auch immer entgegen gehalten. Ist doch schon komisch, jetzt sind es schon 2 Einzelfälle!

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