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Mitarbeiter der Stadt wurden bei Facebook beschuldigt - Autor rudert zurückWer trank das letzte Fass im Rockkeller aus?

ALSFELD (jal). Es war nichts Geringeres als eine sensationelle Enthüllung, die ein Alsfelder Facebooknutzer seinen Fans und Freunden da kürzlich anpries. Mutig und unerschrocken nahm er das Berichten über einen echten Skandal selbst in die Hand. Vermutlich, weil er der heimischen Lügenpresse (eh alles Knalltüten diese Journalisten) nicht zutraute, selbst so mutig und unerschrocken zu sein, die Wahrheit zu schreiben. „Rockkeller – Was nicht in der Lokalzeitung stehen wird!“ begann der Post. Was dann folgte, war wirklich eine kleine Sensation. Fast zumindest. Eine Glosse von Juri Auel.

Der selbsternannte Reporter schien genau zu wissen, was bei der Aufdeckung eines solchen Skandals, den er seinen Lesern dort präsentierte, von Nöten ist. Ganz wichtig sind natürlich Details. Minutiös und mit jeweiligem Datum versehen rekonstruierte der Schreiber daher, wie die Betreiberin des Rockkellers am Anfang des Jahres wann genau mit wem in ihrer Kneipe war, um den Laden abzuwickeln. Denn der Rockkeller, das steht nun fest, muss schließen.

Weil man die scheidende Wirtin nicht alleine lassen wollte, fanden sich dem Post zufolge einige Helfer ein, die kräftig mit anpacken wollten. Und wer bei einem Um- bzw. Auszug kräftig mit anpackt, der hat seit jeher Anspruch darauf, seinen Durst mit einem kühlen Bier zu löschen. Wenn es sich bei dem Umzugsobjekt um eine Kneipe handelt, ist dieses Recht bestimmt auch gesetzlich irgendwo verankert. Müsste es zumindest, wenn es in der Welt auch nur etwas gerecht zugeht.

Der Autor des Posts lässt seine Fans jedenfalls wissen, dass man beim Aufräumen noch ein ganzes Fass des Gerstensaftes in der Kühlung fand. Einfach zurückgeben? Ne, viel zu schade. Also soll die Wirtin das Fass fix an die Zapfanlage angeschlossen haben, um ihre Helfer gebührend verköstigen zu können.

Ein Auszug des Facebookposts. Screenshot: OL

Ein Auszug des Facebookposts. Screenshot: OL

So viel Durst hatten die freiwilligen Möbelpacker dann aber anscheinend doch nicht – und so freute man sich, als es eine Woche später weiter gehen sollte, auf noch ein paar Schlücke aus dem letzten Fass. Aber daraus wurde nichts. Der Autor kommt jetzt zum Höhepunkt seines Berichts und schildert mit vielen Ausrufezeichen und dramatischen Worten, dass die Helfer bestürzt feststellen mussten: Das Fass war leer. Das Bier weg, alles. Die ganzen 25 Liter. Auch die Kohlensäure. Einfach verschwunden. Wer macht denn sowas? Etwa schon wieder diese verdammten Flüchtlinge?

Der Autor versteht auch hier sein Handwerk. Wer einen Skandal aufdeckt, der muss auch einen Schuldigen parat haben, den man seinem Publikum präsentieren kann. Er fängt also an zu kombinieren und seine Schlüsse zu ziehen. In der Zwischenzeit, wo das Bier alleine war, müssten wohl Arbeiter der Stadt bereits in den Räumen gewesen sein (die Stadt ist die Vermieterin des Rockkellers gewesen). Das Indiz dafür: Die Tischplatten waren plötzlich abgeschraubt.

Messerscharf bringt der Autor das ganze Geschehen auf den Punkt und schlussfolgert: „Einfach verdunstet sind die 25 Liter nicht und so haben die Arbeiter der Stadt wohl einfach das Bier getrunken als sie da an den Tischen am arbeiten waren.“ Die Wirtin sei stinksauer darüber – was ja auch nur verständlich ist. Zumal die Geschichte plausibel erscheint. Wer weiß denn nicht, dass die beim Bauhof keine Kinder von Traurigkeit sind und gerne mal einen heben?

Das Bier ist weg, die CDs sind noch da

Jetzt, da der Spannungsbogen zu brechen droht, kommt es drauf an, das Bedrohungsszenario für die Leserschaft weiterzuspinnen und in die Zukunft zu schauen. Auch diesen journalistischen Handgriff beherrscht der Autor perfekt. „Was kommt als nächstes?“, fragt er die beunruhigten Fans. Die Wirtin habe noch ihre ganze CD-Sammlung in den Räumlichkeiten und könne die nicht auf einen Schlag dort rausholen. Um auch wirklich den letzten Deppen wachzurütteln, fasst der mutige Schreiber also nochmal zusammen: „Das ist wirklich der Hammer! Das Bier und die Kohlensäure war ihr Eigentum!!!“

Als wir von Oberhessen-live von dem Skandal erfuhren, wollten wir uns auch schon Helfer suchen, um unsere Sachen zu packen. Der Autor hat ja Recht, wir wären nie mutig genug gewesen, solch eine investigative Spitzenstory zu verfassen. Und jetzt, wo wir solch eine Konkurrenz vor Ort haben, die es der vermaledeiten Lügenpresse endlich mal zeigt – warum also nicht das Handtuch werfen? Unsere Methoden sind aber auch völlig überholt. Aussagen gegen zu checken, bevor man eine Beschuldigung gegen jemanden raushaut, am Ende vielleicht sogar noch die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen, also, das ist nun wirklich sowas von 2017. Wer macht denn bitte sowas heute noch? Diese journalistischen Standards behindern einen doch nur.

Ich mein, sicher, wir wussten, dass seitens der Rockkeller-Community schon ein Mal Beschuldigungen gegen die Stadt laut wurden, die sich im Nachhinein dann als falsch heraus stellten. Aber dennoch waren wir dann doch sehr enttäuscht und überaus überrascht, als sich der Autor der mittlerweile gelöschten Enthüllungen erneut zu Wort meldete. Die Wirtin habe einen Anruf von der Stadt bekommen. Dort habe man ihr versichert, dass kein Mitarbeiter das Bier oder die Kohlensäure verbraucht habe. Aussage gegen Aussage – im Nachhinein.

Ob die Autorenkarriere des investigativen Facebooknutzers damit schneller beendet ist als sie angefangen hat? Das wäre ziemlich schade. Wir wollten uns schon zurücklehnen und es uns gemütlich machen. Natürlich mit einem schönen, kalten Bier in der Hand.

Anmerkung der Redaktion: Eine Glosse ist ein etwas aus der Mode gekommenes, journalistisches Stilmittel. Es zeichnet sich durch starke Polemik und satirischen, zugespitzten Charakter aus, hat aber zumeist eine wahre Nachricht als Kern – so wie hier der Fall. 

7 Gedanken zu “Wer trank das letzte Fass im Rockkeller aus?

  1. Was für ein Kindergarten mal wieder… Es ist nun einmal Diebstahl, wer nun dafür verantwortlich ist hin oder her, aber dieser verfasste Text ist einfach nur unter aller Sau. Klar sind Journalisten auch nur Menschen aber anscheinend fühlte sich der Schreiber ganz schön gekränkt, ansonsten gäbe es keinen Grund für diese Art der „Berichterstattung“. Für mich kommt das in die gleiche Schublade wie ein Artikel aus der Bild. Echt traurig.

  2. Ob Eigentum der Brauerei oder nicht ist erstmal egal! Es ist in diesem Moment Diebstahl da die Ware nicht von Seiten der Mieterin zur Abholung freigegeben wurde. Und warum soll die Kohlensäure mitgenommen werden und das leere Fass stehen gelassen werden wenn wäre beides weg.

  3. Hat Sie bestimmt selber getrunken und sucht wieder einen anderen Depp dafür!!! Das Sie da raus muss sind ja auch alle anderen Schuld……nur nicht Sie

  4. Bierfass und Kohlensäure sind meistens Eigentum der Brauerei, und werden gegen Pfand nur ausgeliehen.

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