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„Schöpferische Innovationskraft“: Junge „Jugend forscht“-Erfinder zu Gast in AlsfeldForschung: Gemeinnützigkeit statt Wirtschaftlichkeit

ALSFELD (ls). Was haben ein Operationsbesteck-Tracking-Armband, ein Rettungsroboter und ein kostengünstiges elektronisches Kamerastabilisierungssystem gemeinsam? Nichts? Nicht ganz, denn deren Erfinder – allesamt nicht älter als 20 Jahre – sind alles Gewinner des Sonderpreises der „Heinz und Gisela Friedrich“-Stiftung beim bundesweiten „Jugend forscht“-Wettbewerb. Mit ihren Ideen im Schlepptau besuchten sie heute Vormittag das Alsfelder Rathaus.

Dort hatte Bürgermeister Stephan Paule bereits den Sitzungssaal zu einem Empfang vorbereitet und ehrte die jungen Erfinder stolz mit einer bronzefarbenen Medaille. Neben dem Stadtwappen ist darauf auch das Lorbeerblatt zu sehen, welches „für besondere Leistungen in Sport und Wissenschaft steht“. Mit am ovalen Tisch des Sitzungssaales saßen Dr. Bert Rauscher, Vorstandsvorsitzender der „Heinz und Gisela Friedrichs“-Stiftung, Elisabeth Weisbach von Hartmann Spezialkarosserien sowie die beiden Geschäftsführer Sebastian Decher und Steffen Heinecke. Die Stiftung ist nicht nur Förderer des „Jugend forscht“-Wettbewerbes, sondern hält seit 25 Jahren auch insgesamt 75 Prozent der Anteile an den Alsfelder Karosserie-Experten.

Bürgermeister Stephan Paule freut sich den Erfindern die Medaille überreichen zu können. Foto: ls

Bürgermeister Stephan Paule freut sich, den Erfindern die Medaille überreichen zu können. Foto: ls

Neben dem gestrigen Ausflug in die Hartmann-Werkshallen waren ebenfalls eine Stadtführung und der Besuch beim Rathauschef verbunden, der sich sichtlich begeistert und interessiert an dem Forschergeist der jungen Erfinder zeigte und diese Tradition sehr schätzt. Zustimmung kam von allen Seiten. Besonders Heinecke zeigte sich persönlich sehr fasziniert von den Raffinessen der Jungs: „Das alles sind Beispiele dafür, was die Jugend von heute leisten kann, ohne auch nur einen Gedanken an kommerzielle Gründe zu haben“, so Heinecke. Dies sei eine tolle Sache und vor allem stelle es einen Mehrwert für die Allgemeinheit dar.

Kostengünstiges Kamerastabilisierungssystem – gibt es nicht? Und ob!

Einen solchen Mehrwert schufen die beiden 18-jährigen Josua Janus und Max Frankenhauser vom Max-Planck-Gymnasium in Lahr. Die zwei Jungs sind selbst Hobbyfotografen, weshalb sie ein elektronisches Kamerastabilisierungssystem gebaut haben, das dafür sorgt, dass selbst Bilder, die aus der Bewegung heraus geschossen werden, nicht verwackelt sind. Die Kamera bleibt dadurch genau gerade.

Dafür entwickelten sie eine kardanische, also eine um 3-Achsen drehende Aufhängung, die die Kamera beim Filmen stabilisiert. Es gibt zwar auf dem Markt schon solche Geräte, diese seien aber sehr teuer. Die Jungforscher fertigten ihr System kostengünstig mit 3D-Druck aus PLA-Kunststoff und Aluminiumteilen per Hand an, deren Vorlage frei zugänglich sein wird. Dafür wurden die Jugendlichen von der Stiftung mit dem 3. Platz und 500 Euro ausgezeichnet.

OL_Preisträger

Jaro Habiger erklärt den Anwesenden sein Ortungsprinzip anhand von Schallwellen, mit dem er den 2. Platz belegen konnte. Sein Partner Robin Heinemann konnte aufgrund der Führerscheinprüfung nicht anwesend sein. Foto: ls

Besonders hellhörig wurden die Anwesenden bei dem Vortrag des 15-jährigen Jaro Habiger, der zusammen mit dem leider aufgrund der Führerscheinprüfung verhinderten Robin Heinemann das menschliche Gehör in einem Modell nachbaute. Sie widmeten sich dem Richtungshören, bei dem verschiedene Verfahren dafür sorgen, den Schall zu orten. Dieses Modell könnte im Rettungsdienst helfen. Beispielsweise könnte ein Rettungsroboter mit diesem System ausgestattet werden, um verborgene oder verschüttete Menschen, die um Hilfe rufen, zu finden. Für diese gemeinnützige Arbeit wurden sie mit dem 2. Sonderpreis und 1000 Euro der Stiftung ausgezeichnet.

Faszination über Gemeinnützigkeit der „Jugend forscht“ Erfindungen

„Wir wollen Operationen sicherer machen“ lautete die Aussage des 19-jährigen Christoph Moser, der zusammen mit dem 16-jährigen Lukas Ruf und Fabian Glaser für den 1. Platz und einem Geldpreis in Höhe von 1500 Euro ausgezeichnet wurde. Überrascht und gleichzeitig geschockt zeigten sie sich über die Anzahl des Operationsbesteckes, das während einer Operation im Patienten vergessen wurde – insgesamt sind es weltweit 800 Stück im Jahr. Außerdem werden meist zu viele Bestecke mit in den Operationssaal genommen, die gar nicht benötigt werden und danach trotz allem wieder kostenintensiv sterilisiert werden müssen.

Dagegen müsse man doch etwas machen, dachten sie sich. Also entwickelten sie kurzerhand eine robuste und kostengünstige Markierung für Operationsbestecke durch RFID-Tracking. Das Krankenhauspersonal trägt Auslese-Armbänder, die registrieren, wann welches Besteck benutzt wird. So kann es nicht mehr dazu kommen, dass bei Operationen Instrumente falsch zugeordnet werden, nicht ausreichend sterilisiert oder schon gar nicht im Patienten vergessen werden können. Eine zeitsparende und zudem noch sichere Methode, um das Gesundheitswesen zu verbessern. Nicht umsonst wurden die drei Jungs dafür ebenfalls mit dem 5. Platz im Bereich Arbeitswelt ausgezeichnet und erhielten einen Preis vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Alle bedankten sich und hörten den spannenden Projekten aufmerksam zu - viele Fragen kamen auf, die die Erwachsenen noch weiter in Fassungslosigkeit über das Ideenreichtum der jungen Erfinder versetzte. Foto: ls

Alle bedankten sich und hörten den spannenden Projekten aufmerksam zu – viele Fragen kamen auf, die die Erwachsenen noch weiter ins Staunen über den Ideenreichtum der jungen Erfinder versetzte. Foto: ls

Die Beteiligten bedankten sich mit Stolz für diese innovativen Ideen und Erfindungen und boten für den weiteren Weg ihre Hilfe an. Auch Dr. Bert Rauscher freute sich über seinen Besuch in Alsfeld und betonte, dass er sich immer wohlfühle und mit der Stadt besonders verbunden sei, denn „in Frankfurt sei das nicht möglich, einfach Mal mit dem Bürgermeister zusammenzusitzen“, erklärte Rauscher, dem zuvor zum 20-jährigen Stiftungsjubiläum von Paule gratuliert wurde.

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