Politik0

Den Vogelsbergkreis als Wohn- und Wirtschaftsstandort vermarkten„Für Broschüren habt ihr Geld, für Internet nicht!“

VOGELSBERGKREIS (cdl). „Vogelsberg – hier geht es bergauf“, so lautet eine von vielen Einsendungen für einen neuen Slogan für den Vogelsberg. „Du willst mit coolen Säuen abhängen“, ist dagegen der Slogan einer Stellenanzeige zur Fleischereifachverkäuferin in München. Beide Slogans haben eines gemeinsam: Sie sollen für Aufmerksamkeit und ein positives Image sorgen. 

Am Donnerstag referierte Jörg Lennardt von Experconsult über das Thema Standortmarketing vor Vertretern der Vogelsberger Wirtschaft und Politik im Sitzungssaal der Kreisverwaltung in Lauterbach. Dabei zeigte er zunächst schonungslos, wie es nicht funktioniert, um im Anschluss Lösungsansätze vorzustellen. In etwa 70 Besucher hatten sich zum dritten Unternehmer-Dialog eingefunden. Sie haben sich das Ziel gesetzt, die Region Vogelsberg gemeinsam voranzubringen. Dabei war das Thema des Abends „Image/Außendarstellung unserer Region als Wohn- und Wirtschaftsstandort“.

Die Quintessenz des Vortrages lautete: Setzt auf Neue Medien und bespielt die entsprechenden Kanäle zielgruppengerecht. Der Streuverlust von Printprodukten sei viel zu hoch. Viele Firmen, Gemeinden und Städte seien im Internet und in den Sozialen Medien aktiv, aber: „Das ist alles so schlecht aufgebaut. Wir sind im Vergleich mit den USA mindestens fünf bis sechs Jahre zurück“, so Lennardt.

ol-unternehmer-dialog-1106

Unter den Gästen waren größtenteils Unternehmer, zahlreiche Bürgermeister und weitere Lokalpolitiker.

Gemeinsam für die Region und den Standort einstehen

70 Prozent aller Unternehmen hätten laut eigener Aussage Probleme mit der Ak­qui­si­ti­on von Fachkräften. Das Problem sei erkannt und sollte angepackt werden. Jedoch würden viele Unternehmen gänzlich darauf verzichten, die Region und somit einen möglichen neuen Wohnort den Fachkräften vorzustellen. Das müsse sich ändern. Da heiße es dann, das sei die Sache des Landkreises. „Jeder zeigt immer auf den anderen. Das muss sich ändern.“

Außerdem gelte es, die Arbeitskräfte vor Ort anzusprechen. Fast 50 Prozent aller Beschäftigten seien Auspendler aus dem Vogelsberg. In einem Nachbarkreis habe er einen Vertreter auf den Fachkräftemangel angesprochen. Die Antwort sei gewesen: „Mit Fachkräften haben wir kein Problem. Die kommen aus dem Vogelsberg zu uns.“ Die größte Schwäche des Vogelsbergs sei der Bevölkerungsrückgang. „Der Vogelsberg verliert die meisten Einwohner.“ Die Jungen Leute sagen „der Standort ist nicht attraktiv“. Dagegen müsse angegangen werden.

Die Meisten wüssten gar nicht, was es alles an Veranstaltungen und weiteren Möglichkeiten im Vogelsberg gibt, behaupten dagegen die Älteren. Lennardts einfache Antwort. Die Möglichkeiten müssten den Jugendlichen eben gezeigt werden. Weil die Jugendlichen alle online sind, müsse man genau hier ansetzen. Daher zeigte er ein paar Internet Seiten und Social Media Auftritte von regionalen Unternehmen und Einrichtungen. Genau hier, wo die Jugendlichen fündig werden müssten, fänden sie nichts. Ähnlich sei es bei dem Thema Wirtschaft, auch hier seien die Informationen spärlich gesät. „Wenn schon die Jugendlichen nichts finden, dann finden auch die Fachkräfte und Investoren nichts“, so Lennardt.

Der Vogelsbergkreis nutzt Twitter als Social Media Kanal

„Vielfalt ist die Position der Verlierer“

„Stellen Sie sich einmal vor, ein auswärtiger Bewerber hat ein Jobangebot aus dem Vogelsberg. Was sagen seine Kinder dazu?“ Daher müsse die Region attraktiv für Bewerber und Familien vermarktet werden. Standortmarketing machen alle Regionen. Es gehe darum, sich von der Masse abzuheben. „Der größte Vulkan Europas. Das ist schon einmal eine Marke.“

Alle Regionen würden mit Vielfalt werben. „Vielfalt ist die Position der Verlierer.“ Man müsse dementsprechend auf Schwerpunkte setzen und im Anschluss die Botschaft über die entsprechenden Kanäle verbreiten. Das Internet habe längst die klassischen Medien abgelöst. „Für Broschüren habt ihr Geld, aber für das Internet nicht!“ Bilder, Videos und „Storytelling“ seien die Ansatzpunkte beim multimedialen Auftritt. Große Bilder in Verbindung mit „Storytelling“ sorgten für die größte Aufmerksamkeit. Mit kleinem Geld könne man bereits viel erreichen. Gerade kleine, kurze Videos müssten nicht professionell sein. Gerade Youtube als mittlerweile „zweitgrößte Suchmaschine der Welt“, sei ein guter weiterer Kanal.

Doch zuvor gelte es, „klare Prioritäten zu setzen und die Ziele zu definieren“. Eine Strategie müsse immer langfristig ausgerichtet sein. Lennardt empfahl mindest drei Jahre als Richtwert. Kreative Ideen seien einem höheren Etat immer noch überlegen. Dafür hatte er Folien einer Werbekampagne der Metzgerei Hack mitgebracht. Solche Kampagnen seien gar nicht so teuer und führten zu großer Aufmerksamkeit. „Ein bisschen Selbstkritik macht das Konzept perfekt“, so der Referent, aber denken Sie immer daran „Fakten müssen überprüfbar sein.“

Bei der anschließenden Diskussion wurden viele einzelne Punkte aufgegriffen, die es weiter zu verfolgen gelte. Allerdings kamen auch Fragen auf, wer letzten Endes die gemeinsame Strategie festlege und wann die ersten gemeinsamen Aktionen starten können. Landrat Manfred Görig warb bei den Anwesenden dafür, verstärkt gemeinsam an einem Strang zu ziehen. „Jeder muss ein Stück mitmischen. Unternehmen, Städte und Gemeinden müssen zusammenlegen. Wir müssen für die Region werben, nicht für einzelne Standorte.“ Beispielsweise spreche man auch davon, nach Tirol zu fahren, ohne die einzelnen Städtenamen zu nennen. Das müsse dem Vogelsberg auch gelingen.

Dass man sich neben eigenen Aktivitäten gemeinsam Aufstellen muss, war vielen der Anwesenden bewusst. Ein Unternehmer ging nochmals auf das Stichwort Vielfalt ein. „Mit Vielfalt werden wir nicht weiter kommen, irgendeinen Tod müssen wir sterben.“

Hintergrund-Informationen über die Aktivitäten des Landkreises
Unter der Schirmherrschaft von Landrat Manfred Görig möchte der Vogelsbergkreis sich als attraktiver Standort deutschlandweit positionieren.

Eine noch einzurichtende Arbeitsgruppe soll ein Konzept erstellen, dass den Vogelsberg als Wohn- und Wirtschaftsstandort vermarktet. Der Unternehmer-Dialog ruft Unternehmen, Städte und Gemeinden zum aktiven Mitwirken auf. Interessenten haben die Möglichkeit sich per E-Mail direkt beim Landrat unter landrat@vogelsbergkreis.de zu melden.

Weitere Informationen über Wirtschaft und Region sind auf der Homepage des Vogelsbergkreises sowie bei der Vogelsberg Consult oder Regionalmanagement Mittelhessen zu finden.

Der Landkreis lockt seit 2012 mit Aktionen wie dem RAL-Siegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ Unternehmen in Region. Es beinhaltet 14 definierte Service-Versprechen wie Beispielsweise, dass innerhalb von 40 Tagen eine Baugenehmigung vorliegen muss und weitere serviceorientierte Dienstleistungen für Unternehmen.

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren