Politik0

Besucher der Feldataler Podiumsdiskussion wünschten sich aussagekräftigere Antworten„Politische Antworten und ein bisschen Komik“

GROSS-FELDA (mb). Knapp 400 Feldataler Bürger nutzen gestern Abend die Gelegenheit vor der anstehenden Bürgermeisterwahl in Feldatal am Wochenende den drei Kandidaten – Bürgermeister Dietmar Schlosser (FWG) sowie den Gegenkandidaten Peter Weiß (AUF) und Michael Bierbach (parteilos, unterstützt durch die CDU) – auf den Zahn zu fühlen. Die Diskussionen waren aufreibend, blieben aber stets politisch orientiert. Am Ende des Abends hätten sich viele Gäste allerdings konkretere Antworten einiger Kandidaten gewünscht.

Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der Podiumsdiskussion war die Feldahalle gut gefüllt. Die Bürger waren gespannt, was der amtierende Bürgermeister und seine Mitstreiter zu aktuellen politischen Themen des Feldatals, wie dem demographischen Wandel und dem heiß diskutierten Thema Windenergie zu sagen hatten.

Eingeleitet wurde der Abend mit einer Fragerunde, die durch Henning Irek – Redaktionsleiter der Oberhessischen Zeitung – moderiert wurde. Anschließend hatten auch die Bürger die Möglichkeit das Wort zu ergreifen und die drei Teilnehmer jeweils 90 Sekunden Zeit für ihre Antworten.

Die Halle füllt sich schnell an diesem Abend.

Die Halle füllt sich schnell an diesem Abend.

Nicht jede Antwort gefiel den Bürgerinnen und Bürgern. In der fast dreistündigen Diskussion stieg bereits während der Fragerunde durch den Moderator die Stimmung im Saal und das Publikum forderte im Anschluss Fakten. Beispielsweise auf die Frage nach den Möglichkeiten von Stromkostensenkungen für die Bürger. „Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage ist eine Direktvermarktung unseres Stroms leider nicht möglich“, so die weniger befriedigende Antwort von Dietmar Schlosser.

Weiterhin bemängelte ein Bürger falsche Zahlen in den sogenannten Klartexten der CDU, diese würden zum Beispiel den Anschein erwecken, dass Gemeinden ohne die Nutzung von Windkraft weniger Schulden generieren würden. Zudem wurde vom amtierenden Bürgermeister mehr Offenheit und Engagement gegenüber den Bürgern erwartet.

Kandidat Weiß war gefordert zu erläutern, wie er einen angekündigten sechsstelligen Betrag einsparen möchte: „Die Kosten für den Kindergarten sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Zudem muss die Schulbetreuung wieder vom Kreis übernommen und der Bürgermeister abgeschafft werden“. Auf die Frage, ob die Kandidaten zukünftig in der Kinderbetreuung einsparen möchten, verwies Michael Bierbach auf Konzepte der Kommune Romrod hin. Der Kandidat Weiß plädiert auf die Übernahme der Schulbetreuung durch den Kreis und befürwortet  den Vorteil einer von Kindergärten vor Ort. Dietmar Schlosser hoffe hier auf die eventuell kommenden Übernahmen von Kindergartenkosten durch den Bund.

Auch die Infrastruktur und die Zukunft als Gemeinde waren brennenden Fragen der Bürger, auf diese Kandidat Bierbach angibt, vorerst zu forcieren, dass die Gemeinde die Möglichkeit behält, ihr Rathaus und dessen Mitarbeiter zu behalten. Für die Haltung von Lebensmittelmärkten seien allerdings auch die Bürger mitverantwortlich, indem sie zum Beispiel vor Ort einkaufen würden. Der Kandidat Weiß versprach seinen Wählern, dass er sich um dieses Thema intensiv kümmern wird und verwies auf Einnahmen durch Windenergie und Einsparung des Bürgermeisters hin, während der amtierende Bürgermeister zusätzlich auf den Tourismus aufbauen möchte.

Am Ende des Abends zogen einige Besucher, die nicht gleich nach Hause gingen, ein Fazit: „Der Abend ist wie zu erwarten ausgegangen. Politische Antworten und ein bisschen Komik.“ Das Stimmungsbild ist zum größten Teil einheitlich.

Ausschnitte aus dem Interview mit Hennig Irek:

„Warum möchten Sie Bürgermeister im Feldatal werden?“

Weiß begründet seine Kandidatur damit, dass er Probleme gut angehen kann und diese im Feldatal lösen möchte. Bierbach richtet seinen Fokus auf einen ausgeglichenen Haushalt, ohne dabei von den Einnahmen der Windenergie abhängig zu sein. Schlosser begründet seinen Entschluss damit, dass er bereits vor fünf Jahren aus Überzeugung den Menschen des Feldatals ein Ansprechpartner sein zu wollen, angetreten sei und zudem durch seine bisherige Berufserfahrung die entsprechenden Kenntnisse für das Amt mitbringe.

War es die letzte Bürgermeisterwahl im Feldatal?

Natürlich stellte sich auch die große Frage, ob es in sechs Jahren überhaupt noch einmal zu einer Podiumsdiskussion kommen könnte oder im Feldatal schlussendlich eine Fusion stattfinden wird. Kandidat Bierbach bemängelt hier entsprechende Absprachen, da eine Fusion eine Option hätte sein können. Peter Weiß ist der festen Auffassung, dass dies nun die letzte Bürgermeisterwahl im Feldatal gewesen sein wird und die Diskussion der Fusion für ihn ein Thema der nächsten sechs Jahre sein wird. Der aktuelle Bürgermeister Dietmar Schlosser verweist auf den kürzlich gegründeten Gemeindeverwaltungsbund (GVV) zwischen Schwalmstadt, Romrod, Grebenau und dem dem Feldatal, das vor allem zur Entlastung und Kosteneinsparung in der internen Verwaltung führen soll. Das Projekt stecke noch in den Kinderschuhen und würde in seiner zweiten Amtszeit ausgebaut werden. Vorteil sei die bleibende Eigenständigkeit Feldatals und das Bestehen des Rathauses.

Auf Nachfragen der Bürger erläutert Dietmar Schlosser zudem, dass eine Abschaffung des Bürgermeisters nicht zwangsläufig zu einer Kosteneinsparung führen würde, da hierfür zusätzliche Verwaltungsebenen geschaffen werden und deren Mitarbeiter auch bezahlt werden müssten. Auch sei dann der Bau eines interkommunalen Rathauses von Nöten, was ebenfalls ein weiterer Kostenfaktor sei. Der GVV sei eine Möglichkeit Mitarbeiter einzusparen und Kosten zu sparen, indem man Ausschreibungen gemeinsam mache und günstigere Konditionen erwirtschaften könne. Außerdem könne man den Kostenaufwand für Mitarbeiter auf zu besuchenden Veranstaltungen minimieren.

Die Kandidaten geben Antwort.

Die Kandidaten geben Antwort.

„Wie steht es um die Zukunft des Feldatals?“

Ein Thema, das nicht nur das Feldatal, sondern fast den ganzen Vogelsberg belastet ist der demographische Wandel. Weniger Kinder werden geboren und viele junge Menschen entscheiden sich dafür in die Stadt zu ziehen. Peter Weiß sieht tendenziell keine Zukunft für die Gemeinde. „Wir haben ein Defizit von 300.000 Euro jährlich, mit dem Gemeindeverwaltungsverbund wird zu kurz gegriffen. Wir müssen die nächsten sechs Jahre für eine Fusion nutzen und den Bürgermeister abschaffen“.  Dietmar Schlosser beschreibt das Problem als eine Folge der Globalisierung, die vor allem Kindergärten, Vereine und Schulen betrifft. Der GVV sei der erste Ansatz Kosten zu sparen, allerdings könne er nichts an den Pflichtausgaben einer Gemeinde tun, die würden bleiben. Michael Bierbach beschreibt die Infrastruktur des Feldatals als sehr gut, denn er selbst sei 2005 mit seiner Frau aus diesen Gründen in das Tal gezogen. Man müsse mehr für die Außendarstellung der Gemeinde tun und zum Beispiel eine IT-Firma gründen, sollte eine Breitbanderweiterung stattfinden.

Stirbt der Vogelsberg aus?

Henning Irek befragt die Kandidaten zu aktuellen Entwicklungszahlen der Einwohner, auch in Bezug auf die Flüchtlinge. Schlosser gab an, dass die Entwicklung in den letzten zwei Jahren konstant geblieben sei, allerdings nicht nur aufgrund der 28 hinzugezogenen Flüchtlinge. Er plädierte darauf, dass hinzugezogene Menschen – mit oder ohne Migrationshintergrund – im Feldatal willkommen geheißen und integriert werden müssten. Kandidat Bierbach bestätigt die Offenheit der Feldataler und wies darauf hin, dass Zeilbach keine leerstehenden Gebäude zu verzeichnen habe. Peter Weiß bezog sich auf aktuelle Presseberichte, die für die positive Integration der Flüchtlinge sprächen. Sein Ziel sei es, erwerbsfähige Kräfte ins Feldatal zu locken und Handwerksbetriebe und Firmen zu unterstützen und zu fördern. So können Arbeitsplätze für die jungen Menschen geschaffen werden. Allerding sei hier auch wichtig, dass junge Leute sich mit dem Vogelsberg identifizieren. Dagegen hielt Michael Bierbach, dass bereits viele Menschen aufgrund der familienfreundlichen Situation im Feldatal blieben, wie zum Beispiel seine Tochter. Auch der aktuelle Bürgermeister plädierte für die intakte Infrastruktur des Feldatals. Von der Krabbelgruppe bis zu den Jugendräumen werde viel für junge Leute in der Kommune angeboten. Er werde Gründerideen im Feldatal stehts fördern und entwickeln, versprach er und betonte zudem, dass es für ihn wichtig sei, dass sich in den umliegenden Städten und Gemeinden Firmen ansiedeln

Windkraft oder Atomkraft?

„Ich bin nicht für Atomkraft, aber in meiner näheren Umgebung möchte ich trotzdem keine Windenergieanlagen haben“, so Kandidat Bierbach. Es reiche mit den Anlagen, sechs stehen bereits im Bereich Biehnes, weitere sind für Markhohl und Eckmannshain geplant. Am Ende liege die Entscheidung aber in den Händen der Bürger. Dietmar Schlosser betonte, dass er Windkraftanlagen keinesfalls um jeden Preis in das Feldatal stellen möchte. Aufgrund der Anweisungen durch den Regierungspräsidenten sehe er sich allerdings im Zugzwang, Windkraftanalgen auf die kommunalen Flächen zu lenken, bevor andere Gemeinden in den Bereichen bauen würden. Mit dem Bebauen der Vorrangflächen könne man schlussendlich auch Einnahmen erzielen. Auch der Kandidat Weiß befürwortete eindeutig die Frage nach der Windenergie und den hohen Einnahmen, die zu erzielen seien.

Wie kann man Einnahmen im Feldatal generieren?

Weitere Einnahmen, bzw. Kostenersparnisse, so Peter Weiß, ließen sich mit der Verkleinerung der Verwaltung sichern. Dietmar Schlosser weist ebenfalls auf die Einnahmen durch die Windenergien, er gab aber auch zu, dass Leistungen und Steuern Maßnahmen seien, die manchmal einfach nicht umgänglich seien. Kandidat Bierbach gab zu die Unsicherheit in Bezug auf Einnahmen aus der Windenergie zu bedenken. Bei einer Wahl zum Bürgermeister werde er alle Aufwendungen der Gemeinde neu betrachten und Abschreibungen neu definieren, um Kosten niedrig zu halten.

Auf nachdrücklichem Fragen der Bürger nach mehr Möglichkeiten für Einnahmen, gab der amtierende Bürgermeister zu, dass aufgrund vieler weggebrochener Betriebe in der Kommune die Einnahmen durch Gewerbesteuer gesunken seien. Peter Weiß versprach in Zukunft zu versuchen, mehr Gewerbe im Feldatal anzusiedeln. Der Kandidat Bierbach plädiert hingegen auf attraktivere Gestaltung des dörflichen Umfeldes.

„Kurze Beine – Kurze Wege“, bleibt die Grundschule?

„Um den Erhalt der Grundschule brauchen Sie sich keine Sorgen mache. Der Vogelsbergkreis sieht es vor, dass jede Gemeinde eine eigene Grundschule hat. Unser Ziel wird es sein, eine Verbundschule zu gründen, um die Kosten für eine zweite Schulleitung einzusparen und eingesetzte Lehrkräfte flexibler nutzen zu können“, versuchte Dietmar Schlosser die Bürger zu beruhigen. Michael Bierbach unterstützte diese Art von Projekt, während Peter Weiß auf eine zusätzliche Nutzung der Räume hinweist.

Gibt es eine Nachfolge für Dr. Weiß?

In sechs Monaten ist der Amtssitz des am 1. April aus dem Dienst ausscheidenden Arztes, Dr. Weiß, verwirkt. Hier sieht Kandidat Bierbach keine Probleme, da genug Räumlichkeiten vorhanden seien und junge Menschen so die Möglichkeit haben sich zu entfalten. Peter Weiß möchte das Thema für die Kommunalwahl ausblenden, weist aber auf Gespräche hin, die geführt würden. Dietmar Schlosser erläutert die Probleme, die er und Dr. Weiß bei der Suche nach einem Arzt hatten und auf die nun fehlende Möglichkeit der Einweisung eine neuen Arztes. Allerdings gebe es Kontakt zu einer interessierten Ärztin.

Die Bürger ergreifen das Wort. Herbert Schott macht sich Sorgen um die zukünftigen Einnahmechancen der Gemeinde.

Die Bürger ergreifen das Wort. Herbert Schott macht sich Sorgen um die zukünftigen Einnahmechancen der Gemeinde.

Die drei Kandidaten Michael Bierbach, Peter Weiß und Dietmar Schlosser (von links nach rechts) vor der Diskussion.

Die drei Kandidaten Michael Bierbach, Peter Weiß und Dietmar Schlosser (von links nach rechts) vor der Diskussion.

OL-Podiumsdiskussion

OL-Podiumsdiskussion

OL-Podiumsdiskussion

OL-Podiumsdiskussion

OL-Podiumsdiskussion

 

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren