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Faschingszeit, Kreppel-Zeit: Das beliebte Gebäck gibt es in vielen Varianten – Eine ganz besondere entsteht in der Konditorei Günther:Mit der speziellen Wende zum XXL-Kreppel

ALSFELD. Zu Helau und Alaaf, zu Konfetti und Luftschlange gehört auch in diesem Jahr der echte Karneval-Kreppel. Weshalb Bäcker bei der Produktion dieses Gebäcks derzeit Hochkonjunktur haben. Es gibt sie bei allen Bäckereien in vielen Varianten – eine ist eine Besonderheit: der XXL-Kreppel, den die Konditorin Birgit Günther dieser Tage herstellt. Dieser Berliner ist eine Herausforderung: für Kreppel-Genießer, die an dem Teil lange knabbern dürfen. Aber auch für die Bäckerin. So eine Menge Teig in einem Stück zu backen, hat seine Tücken.

Eigentlich ist die Kreppel-Produktion für gewiefte Bäcker kein größeres Problem. Das Siedegebäck wird bekanntlich in heißem Fett gebraten. Die Bestandteile des Hefeteigs stehen zum großen Teil fest, schließlich soll er ja am Ende das fluffig-süße Gebäck ergeben, das den Biss hinein noch mit einer leckeren Füllung belohnt. So sehr Bäcker sich Mühe geben, die Dinger individuell zu gestalten, die Grundform ist immer ein Teighäppchen in Größe einer Kinderfaust, das in heißem Fett ausgebacken wird. Es ist so einfach: Das übernehmen Siedeöfen mit automatisierter Steuerung für die Hitze und das Drehmanöver der Berliner. Diese Backhilfen sind inzwischen so raffiniert, dass sie am Ende den Deckel selbststätig heben und den Korb zum Herausnehmen hochfahren.

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Wie geht das? Birgit Günther und der Bäcker-Geselle Jan Haberkorn lassen den Teig in das Fett gleiten – und beratschlagen die weitere Technik.

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Der Kreppel-Siedeofen in der Backstube von Birgit Günther hat den verheißungsvollen Namen „Magic Baker“ und verfügt über viel Automatik, gestartet und kontrolliert über ein buntes Touchscreen. Für den XXL-Kreppel muss der „Magic Baker“ nun überlistet werden.

Ein Teig-Flatschen von 1200 Gramm Gewicht

Es ist alles bereit. Zwei Mal 1200 Gramm Teig warten im Gärschrank bei optimalen 35 Gramm auf das Siedebad im „Magic Baker“. Die eine 1,2 Kilogramm-Portion wurde in 40 Portionen aufgeteilt, aus denen handelsübliche Kreppel entstehen werden. Die andere ergibt gerade einen Flatschen von der Größe einer Pizza, aber doppelt so dick. Dieser Teig soll im „Magic Baker“ zu einem überdimensionierten Berliner werden, und die Chefin Birgit Günther diskutiert mit ihrem Bäckergesellen Jan Haberkorn, wie das funktionieren kann.

Das ist doch mal ein Aufsehen erregender Berliner, dachte sich die Konditorin. Ein Berliner oder eben Kreppel, auf den man wunderbar ein lustiges Gesicht malen kann – genau richtig zur Faschingszeit. Und so, wie die Familien-Radpizza in Gruppen Identität stiftend kann, kann das vielleicht auch der Gruppen-Kreppel als besonderes Faschingsutensil. Davon kann der ganze Betrieb naschen.

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Eine Hälfte ist gebacken – nun muss das Teil aus dem Fett geholt und gewendet werden. Das entpuppt sich als schwieriges Manöver.

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Wie wendet man den XXL-Rohling?

Aber zwischen dieser Idee und dem XXL-Kreppel steht das Problem, dass die Back- und Wende-Automatik des Magic Maker mit diesem Teichbrocken von 30 Zentimetern Durchmessern nicht viel anfangen kann. Das Gestell muss raus aus dem 172 Grad heißen Fett. Vorsichtig lässt Birgit Günther den Teig auf das Sieb in dem mit Öl gefüllten Siedebecken gleiten. Es fährt herunter, und da schwimmt er nun halb untergetaucht, während der Deckel sich schließt. Die Backzeit ist programmiert. Und wie wird die Oberseite braun?

Nach lang erscheinenden Minuten fährt der Deckel wieder hoch. Ja, die Unterseite hat die typische Farbe schon angenommen. Aber oben ist der Kreppel in spe halt noch roh. Große Frage: wie das Ding wenden, ohne es zu zerstören? Mit Hilfe eines Siebes, viel Gefühl und noch mehr Vorsicht vor dem heißen Fett gelingt es der Chefin und dem Gesellen, den Teig außerhalb des Magic Baker zu wenden. Der entscheidende Moment gelingt mit Schwung – der berühmten Omlett-Wende in der Pfanne nicht unähnlich. Der Teig ist nicht zerbrochen, und nun kann auch die andere Seite ins Fett tauchen.

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Fast fertig der Riesen-Berliner. Nach dem Fett-Bad folgt die Glasur.

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Ein weiteres Wendemanöver gelingt ohne größere Probleme, und nach vielleicht einer Viertelstunde kann der fast fertige XXL-Kreppel aus dem Fett geholt werden. Den letzten Schliff gibt die Chefin selbst: Auf einer Zuckerglasur kriegt der Kreppel noch Augen, Nase, Mund – und lacht seither Passanten vom Schaufenster der Bäckerei aus an. Wer so ein Ding haben will, muss ihn allerdings erst bestellen: Dann wagen die Konditorin und der Bäcker-Geselle sich wieder an das Wendemanöver.

Wer einen solchen Kreppel erstehen möxchte, muss übrigens 30 Euro hinblättern – für die mit der Standard-Füllung. Wer etwas anderes als die Erdbeer-Marmelade möchte, etwas Champagner-Creme, muss 36 Euro anlegen.

von Axel Pries

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Nun wird’s einfacher: Diese 40 Kreppel backt der Magic Baker fast alleine.

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