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„Echt Earthporn hier, Du Smombie!“ – Wie verbreitet ist das neue Jugendwort?Überall „Smombies“, aber wer kennt das Wort?

VOGELSBERGKREIS. Sind Sie schon einmal einem Zombie mit Smartphone begegnet? Nein? Dann geht es Ihnen vermutlich wie vielen anderen. Ein Zusammenhang zwischen den lebenden Toten und dem allseits beliebten technischen Gerät springt einem nun wirklich nicht auf Anhieb ins Auge – und doch lautet das Jugendwort des Jahres 2015 „Smombie“: Eine Mischung aus Smartphone und Zombie.

Seit dem Jahr 2008 initiiert der Langenscheidt-Verlag die Aktion „Jugendwort des Jahres“, das durch mehrere Auswahlverfahren und eine Jury bestimmt wird – seine kreativen Ideen einschicken kann jeder, der Zugang zum Internet hat. Dadurch ergibt sich jedes Jahr eine Vielzahl von witzigen, teils vielleicht sogar nachdenklich machenden Wörtern, aus denen dann der Sieger ausgewählt wird: Das Jugendwort des Jahres.

2015 standen auf dieser Liste Begriffe wie „Earthporn“, ein Synonym für eine tolle und schöne Landschaft, sowie das an Bundeskanzlerin Angela Merkel angelehnte „merkeln“, das soviel wie Nichtstun oder „Keine Entscheidungen treffen“ bedeuten soll. Bei diesem Beispiel wird deutlich, dass die Jugendwörter im wahrsten Sinne des Wortes nicht immer hundertprozentig politisch korrekt sind.

Dennoch musste noch kein Wort aus dem Verfahren ausgeschlossen werden – bis zu diesem Jahr: Die Bezeichnung „Alpha-Kevin“ soll stellvertretend für den „Dümmsten von allen“ stehen und jemanden beschreiben, der als der Einfältigste einer Gruppe gilt – zugegeben, mit Sicherheit haben wir uns alle schon einmal dabei erwischt, jemandem diese Position zuzuschreiben. Dennoch ist die Nutzung des Namens Kevin verständlicherweise ein Problem, da sie die Beschreibung direkt mit den Namensträgern in Verbindung setzt und somit diesen in eine Lage bringt, die einer Diskriminierung gleich kommt.

Smombies: die gegen Laternenmasten laufen

Somit wurde 2015 „Smombie“ zum Jugendwort des Jahres gewählt. Wenn auch die Sinnhaftigkeit des Begriffs nicht direkt ins Auge sticht, so werden sie nach einer kurzen Erklärung auf jede Fall nachvollziehen können: Man läuft durch die Stadt, und da passiert es: „Peng!“. Schon wieder ist die Person vor einem gegen eine Straßenlaterne gelaufen. Der Grund? Ganz einfach: Das Smartphone! Das beliebte Gerät, das es inzwischen in gefühlten hunderten verschiedenen Modellen gibt, ist nicht zu selten der Grund für Unaufmerksamkeit. Ob in der Schule, beim Essen oder selbst im Kino, überall wird das Smartphone mitgenommen. Nicht überraschend ist es deshalb, dass das Wort „Smombie“ genau diese Entwicklung beschreibt: Menschen die so gebannt auf ihr Smartphone starren, dass sie wie Untote durch die Gegend laufen und alles um sich herum vergessen, kann man nicht treffender betiteln!

Ein umstrittenes Unwort mit hohem Wahrheitsgehalt

Folglich scheint das Jugendwort diesen Jahres durchaus einen hohen Wahrheitsgehalt zu besitzen. Und dennoch ist die Initiative umstritten: Handelt es sich bei den Auswertungen der Jury tatsächlich um sinnvolle Erkenntnisse mit wissenschaftlichen Hintergrund, welche die Sprachentwicklung der Jugendlichen näher beleuchten? So oder ähnlich kann man die alljährliche Kampagne durchaus verstehen. Allerdings ist es falsch zu vermuten, dieses Wort sei ein Spiegelbild der deutschen Jugend und würde ihren Sprachstil in seiner Ganzheit umfassen: Wie Umfragen im oberhessischen Raum zeigten, ist der diesjährige Gewinner „Smombie“ fast niemandem ein Begriff.

Die 18-jährige Emilie Schneider aus Alsfeld erzählt beispielsweise folgendes: „Ich habe das Wort zwar schon einmal gehört, finde es aber nicht so toll, dem Ganzen einen Namen zu geben und benutze ihn auch nicht. Ich finde es sinnfrei, das zu betiteln und in meinem Umkreis wird das Wort auch nicht verwendet. Ich habe es nur irgendwann mal im Internet aufgeschnappt, aber ansonsten noch nie gehört.“.

Dies zeigt, dass selbst eine deutschlandweite Aktion zur Suche des Jugendwortes, nicht alle Meinungen erfassen und alle Jugendlichen vertreten kann – zumindest nicht jeden einzelnen auf unserem Breitengrad – und dass auch der Sinn hinter der Aktion in Frage gestellt wird. Aber vielleicht sollte man das ganze nicht so eng sehen: Möglicherweise ist keine wissenschaftliche Erkenntnis das Gut des Jugendwortes, sondern vielmehr die Idee dahinter, dass sich Jugendliche Gedanken machen, welche Worte in ihrem Umfeld wichtig und gebräuchlich sind – oder welche sie für Quatsch und für zu unsinnig halten, um sie zu benutzen. Und Möglicherweise können Begriffe wie „Smombie“ und „merkeln“ nicht nur junge Menschen, sondern auch Erwachsene das ein oder andere Mal zum Nachdenken über unsere Gesellschaft aufrütteln – und die Frage aufwerfen, ob wir anderen wirklich den Eindruck vermitteln wollen, wir seien lebende Tote, pausenlos angewiesen auf die moderne Technik der Smartphones.

von Friederike Gerbig

Nachgefragt: Kennt Ihr das neue Jugendwort?

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Henrike Kömpel, 17, Grebenau

Ich wusste, dass es jedes Jahr ein Jugendwort gibt und habe es dieses Jahr aus dem Radio erfahren. Doch auf der Straße ist mir dieses Wort noch nie begegnet. Ich denke, es gäbe wesentlich bessere Jugendwörter und frage mich, welche Jugendlichen befragt wurden, da es mir so gänzlich unbekannt ist.

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Jacqueline Fedrowitz, 16, Grebenau


Mir ist zwar bekannt, dass jedes Jahr ein Jugendwort gewählt wird, allerdings muss ich sagen, dass ich kaum eines der zur Wahl gestellten Wörter kenne. Auch das diesjährig gewählte Wort „Smombie“ war mir neu und ich konnte mir auch zuerst nicht vorstellen, was es bedeuten sollte. Ich habe dann nachgeschaut und fand das Wort ziemlich passend, andererseits hat es mich gewundert, dass so viele Jugendliche sich dadurch irgendwie eingestehen, dass sie sich wie Zombies verhalten. Insgesamt halte ich von den „Jugendwörtern“ nicht viel, da die Wörter selten im tatsächlichen Sprachgebrauch auftauchen und die Jugend häufig mit einer schlechten Sprache in Verbindung gebracht wird.

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Luisa Schmadel, 16, Laubach

Ich finde es cool, dass jedes Jahr ein Jugendwort gewählt wird. Das Wort „Smombie“ beschreibt meiner Meinung nach den Umgang einiger Menschen mit dem Smartphone sehr gut. Ich habe das Wort auch schon öfters gehört, aber selbst benutzt habe ich es noch nie.

 

Celina Kuhl, 16, Alsfeld


Tatsächlich weiß ich, dass zwar jedes Jahr ein Jugendwort gewählt wird. Allerdings habe ich mich bisher nie bewusst damit auseinandergesetzt, da es mich recht wenig interessiert hat. Das kommt wohl einfach daher, dass ich die Wörter der vergangenen Jahre einfach nie wirklich als passend empfunden habe – ich hatte die meisten vor der Bekanntgabe nie gehört. Dieses Jahr habe ich durch ein Let’s Play von der neuen Wahl und somit von dem Wort „Smombie“ erfahren – ich konnte mir da wirklich keinen Reim drauf machen. Niemand hier hat das je verwendet. Mittlerweile habe ich mir die Liste aller zehn Worte angesehen – eins davon kenne und benutze ich tatsächlich. Ich frage mich, welche Leute das wählen, wenn keiner den ich kenne, nicht mal welche von weiter weg, es je gehört hat? Im Nachhinein finde ich vielleicht die Hälfte der Worte dann doch irgendwie ein bisschen lustig, aber ich werde sie wohl trotzdem nie benutzen.

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