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"Sind Sie in ihrem Leben schon einmal gescheitert?" – Eine ex-Fußballerin referiertKatja Kraus: Wie Scheitern eine Chance sein kann

ALSFELD (cdl.) „Sind Sie in ihrem Leben schon einmal gescheitert?“ So lautete die Gretchenfrage der Referentin Katja Kraus. Und siehe da: Niemand meldete sich unter den vielen Besuchern bei der Vortragsveranstaltung des kommunalen Jobcenters Vogelsbergkreis im Autohaus Deisenroth & Söhne am Dienstagabend in Alsfeld unter dem Titel „Erfolg, Macht, Privilegien – und deren plötzlicher Verlust!“.

Die Frage zeigt auf, wie tief die Angst vor dem Scheitern in der Gesellschaft verwurzelt ist. Sein eigenes Scheitern einzugestehen, erfordert Mut. Die Furcht sein eigenes Scheitern öffentlich einzuräumen macht das Aufzeigen aufgrund des sozialen Drucks nahezu unmöglich. In ihrem Vortrag ging sie auf Chancen und Möglichkeiten ein, „Lebensbrüche“ durch geschicktes Management zu meistern.


Über Katja Kraus

Kraus war Torhüterin in der Frauen-Bundesliga und Nationalspielerin. Während ihrer aktiven Fußballkarriere jobbte sie neben dem Studium der Politologie und Germanistik zusätzlich als Kellnerin und Postbotin. Nach Beendigung ihres Studiums hängte Kraus früh die Torwarthandschuhe an den Nagel und wurde mit 26 Jahren erste Pressesprecherin bei Eintracht Frankfurt. Mit 30 Jahren berief sie der damalige HSV-Vorstand Bernd Hofmann zum Vorstand Kommunikation beim Hamburger Traditionsverein. Damit ist sie die erste und bisher einzige Frau im Vorstand eines Bundesliga-Vereins. Nach acht Jahren beim HSV wurde ihr gekündigt. Obwohl sie auf die Kündigung vorbereitet war, zeigte sie sich betroffen. Sie begann ein Buch zu schreiben und gründete darüber hinaus gemeinsam mit Christoph Metzelder und Raphael Brinkert die Jung von Matt/sports GmbH. Des Weiteren ist sie Mitglied im Aufsichtsrat der Adidas AG.


„Mein größter Erfolg war es, neue Wege zu gehen“

Ohne die Entlassung beim HSV und dem damit verbundenen Scheitern, hätte sie wohl nie ein Buch geschrieben und eingetretene Pfade verlassen. Scheitern beinhaltet immer die Möglichkeit, neu zu starten, sich selbst neu zu erfinden und aus vorangegangenen Fehlern zu lernen. Bei ihren Recherchen zum ersten Buch beschäftigte sie zunächst die Frage, was alle erfolgreichen Menschen gemeinsam haben? Dabei fand sie allerdings keine charakterlichen Spezifika. Doch alle erfolgreichen Menschen hätten eine Sache gemeinsam: Sie wären dazu bereit gewesen, deutlich mehr für ihre Ziele zu riskieren, einen hohen Preis dafür zu zahlen, indem sie alles dem Erfolg unterordneten und das Scheitern in Kauf nahmen.

In ihrem ersten Buch mit dem Titel „Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern“ reflektiert sie mit Interviewpartnern wie Roland Koch, Hartmut Mehdorn und Sven Hannawald das Phänomen Macht und deren Verlust. Sie stellte klar, dass die Persönlichkeiten in ihren Büchern zumindest finanziell eine geringe Fallhöhe gehabt hätten, die nicht existenzbedrohend seien. Vielmehr thematisiere sie in ihrem Buch Aspekte wie Reputationsverlust oder das Einbüßen der Würde. Nach einer Demission sei man plötzlich nicht mehr gefragt, das E-Mail Postfach bleibe leer, man werde nicht mehr zu Veranstaltungen eingeladen und fühle sich ausgegrenzt.

Der Verlust von hohen Positionen beinhalte jedoch die Chance, erneut an eine hohe Position zu gelangen. Sie konnte beispielsweise ihre Netzwerke nutzen, um mit der Agentur Jung von Matt/sports oder im Aufsichtsrat von Adidas neu durchzustarten. Auf Nachfrage erzählte sie, zukünftig nicht mehr bei einem Profiverein arbeiten zu wollen, sondern könne mittlerweile wieder Fußballspiele als Zuschauerin genießen.

Unternehmen können vom Profifußball lernen

In ihrem Vortrag berichtete sie über einige Anekdoten aus ihren beiden Büchern und spannte immer wieder den Bogen vom Fußball Business zum klassischen Unternehmertum. Firmen könnten etwa von Fußballvereinen viel über Motivation lernen. Gerade die anfänglich belächelten Konzepttrainer verkörperten einen neuen Führungsstil, der auf das Erklären setze und den autoritären Trainertypus abgelöst habe. Dies gelte auch für Unternehmen, da die junge Generation nach Erklärungen verlange. Entscheidend für den Titelgewinn der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im vergangenen Jahr sei das perfekte Projektmanagement gewesen. Unternehmen sollten sich auf gutes Projektmanagement fokussieren, um erfolgreicher zu werden. In Führungspositionen bestehe ein stetiges Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht, Machtausübung sei gar ein Zeichen von Schwäche. Deshalb sollte man sich stetig selbst reflektieren und seinen Führungsstil je nach Situation anpassen.

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