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Debatte um Internetpräsenz und Verbleib in der Stadthalle: Alsfelds Parlament beschließt entschärfte SPD-/ALA-AnträgeMit Konsens zu einem neuen Internetauftritt

ALSFELD (aep). Es sind für die Stadt gar keine großen Themen, waren aber doch geeignet, Stadtverordnete über Stunden streiten zu lassen. Es geht um die Alsfelder Internetpräsenz und die Frage, wo das Stadtparlament künftig tagen soll. In beiden Fällen hatte die SPD/ALA-Koalition die aktuelle Praxis bemängelt und für Widerspruch gesorgt. Aber siehe da: Am Donnerstagabend fand man einen Konsens, mit dem fast alle Stadtverordnete zufrieden sind – zum eigenen Erstaunen. Kern der Beschlüsse: Der Webauftritt wird überarbeitet, und das Parlament zieht mehr über die Dörfer.

Beide Forderungen hatten in den Anträgen von SPD und ALA noch anders geklungen: wesentlich schärfer und folgenreicher. Thema Stadthalle und Stadtparlament. Da forderte der Antrag, dass die Stadtverordnetenversammlung nicht mehr wie seit Jahren üblich in der Regel in der Stadthalle tagt, sondern „grundsätzlich nur noch in dafür geeigneten, eigenen Dorfgemeinschaftshäusern.“ Als Hauptgrund werden „nicht unerhebliche Aufwendungen angegeben“. Würde in DGHs getagt, so erklärte der SPD-Sprecher Swen Bastian, wären diese Kosten wenigstens haushaltsintern, und die Arbeit würde „ohne großes Gewese“ ehrenamtlich erledigt.

Stadthalle – Dorfgemeinschafthaus: Die Kosten sind ähnlich

Für Heizung, Tontechnik und Reinigung berechnet die Stadthalle bislang etwa 400 Euro – die Nutzung des Saals dagegen ist kostenfrei. Eine Berechnung seitens der Stadt ergab allerdings, dass die Kosten in etwa gleich blieben, denn geheizt werden müsste ein Dorfgemeinschaftshaus auch, und da die meisten Stadtverordneten aus der Kernstadt kommen, müsste auch noch Fahrgeld gezahlt werden. Dazu kommt der Arbeitsaufwand; wenn der Saal hergerichtet werden muss.

Blieb das Argument, das Bastian vortrug, das Stadtparlament würde bei einem Auszug aus der Stadthalle „in die Fläche gehen“. Doch auch da gab es Widerspruch: Bei bestimmten Themen tage das Parlament ja auch bereits dort, wo es den Betroffenen näher ist – beim Thema Windkraft zum Beispiel fand die Sitzung in Hattendorf statt. Und die Ausschüsse versammeln sich in der Regel im Angenröder Dorfgemeinschaftshaus.

Nach längerer Debatte im Ausschuss kam als Kompromissformel heraus, dass die Stadtverordnetenversammlung künftig nicht generell in der Stadthalle tagt, sondern häufiger wandert – wobei die Hoheit darüber weiter beim Stadtverordnetenvorsteher Heinz Heilbronn verbleibt, wie in der Gemeindeordnung vorgesehen. Auch dieser Konsens fand nicht nur Befürworter: Er sei generell gegen den Auszug aus der Stadthalle, kündigte auch aus der Koalition der ALA-Vertreter Stephan Rühl an, gegen den Antrag zu stimmen. Er sei Alsfelder Abgeordneter und wolle als solcher in Alsfeld tagen. „Ich bin mit der geübten Praxis zufrieden. Hartmut koch (CDU) und Dieter Welker (UWA) unterstützten diese Meinung, und der FDP-Vertreter Rolf-Peter Stein stellte dazu fest, dass die Stadthalle als Tagungsort am ehesten die Chance biete, auch Publikum zu haben.

Dieser Konsens sollte gelten, weil er ein Konsens ist, der eine Konfrontation vermeidet, wie auch Bürgermeister Stephan Paule feststellte, der sich damit dem Vorschlag anschloss. Darüber freute sich auch Vorsteher Heinz Heilbronn und lobte die Kompromissfähigkeit des Parlaments. Die Parlamentswanderung wurde letztlich mehrheitlich mit acht Gegenstimmen beschlossen.

Konsens: Der Internetauftritt wird überarbeitet

Ein Konsens beendete auch beim Thema „Internetpräsenz“ die Diskussion der vergangenen Wochen. Dabei forderte die Koalition, dass die Stadt den bestehenden Vertrag für den Betrieb der städtischen Website mit der Werbeagentur Vobitz um nächstmöglichen Zeitpunkt kündigt und statt dessen einen neu und selbst gestalteten Internet-Auftritt präsentiert, der insbesondere „die Informationsbedürfnisse der Alsfelderinnen und Alsfelder erfüllt“. Und zwar ohne jegliche kommerzielle Nutzung, Inhalte Dritter oder externe Elemente, wie sie derzeit in einigen Bereichen enthalten sind, die nicht von der Stadt selbst gestaltet wurden und verwaltet werden.

Das sind jene Bereiche, die außerhalb von Verwaltungsthemen stattfinden, zum Beispiel beim Branchenverzeichnis. Das wird ebenso von Vobitz gepflegt wie der touristische Auftritt mit dem Unterkunftverzeichnis oder der Veranstaltungskalender, der inhaltlich mit Meldungen von Veranstaltern belebt wird. Alle Firmen oder Unterkunftgeber kommen mit den Grunddaten kostenlos darin vor – aber wer sich mehr präsentieren will, muss dafür zahlen: an Vobitz. Andere Inhalte, dazu zählen auch die Meldungen auf der Startseite mitsamt der städtischem Werbebanner, pflegt Vobitz im Auftrag der Verwaltung ein. Vorteil für die Stadt: Erstellung und Betrieb der Seite kosten sehr wenig.

Dagegen forderten SPD und ALA eine rein im Rathaus gestaltete und gepflegte Internetpräsenz mit barrierefreiem Zugang für die Einwohner und Möglichkeiten der Interaktion. Mitarbeiter sollen unkompliziert Inhalte einstellen können, die nach städtischen Prioritäten angeordnet werden.

„Lieblose“ Präsentation des Leitbildes für Alsfeld

Wie Letzteres beispielsweise gemeint ist, erklärte am Donnerstag der ALA-Sprecher Michael Riese, als er bemängelte, dass das städtische Leitbild in der Rubrik „Leben in Alsfeld“ unter Stadtinformationen „nur lieblos“ mit einem Link erwähnt werde. Der Link führt immerhin zu einer aufwendigeren PDF-Datei, die das Alsfelder Leitbild in wort und Bild präsentiert. Es gehe um nichts anderes, so fasste Riese zusammen, als um eine „verbesserte Würdigung der Webpräsenz“.

Der radikalen Forderung nach sofortiger Umstellung durch Kündigung folgten allerdings längst nicht alle Stadtverordnete – auch aus pragmatischen Gründen. Eine Neugestaltung sei „eine aufwendige Sache“, befand etwa der FDP-Vertreter Rolf-Peter Stein, der eine schnellstmögliche Kündigung des Vertrags am Donnerstag als „groben Unfug“ bezeichnete. Nach längerer Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag hatte man sich auf eine andere Formel gleicher Zielrichtung geeinigt: Die Alsfelder Webseite wird bis Juni 2016 nach den Vorgaben städtischerseits überarbeitet, aber mit welchem Betreiber es dann ab wann weitergeht, ist erst einmal offen.

Er sei froh, dass man einen Konsens gefunden habe, fasste Bürgermeister Stephan Paule zusammen. Und auch der FDP-Vertreter Rolf-Peter Stein würdigte den Konsens als glücklichen Ausgang einer Diskussion, die mit einem Geschmäckle begonnen habe. Denn beide SPD/ALA-Anträge hätten anfangs den Eindruck erweckt, da werde „politische Macht gebraucht, um ein Unternehmen beziehungsweise eine Person zu diskreditieren.“ Gemeint waren Vobitz oder die Stadthalle.

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