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Reise durch Nepal: Pauline Altvatter und Katharina Krusch erlebten die fremde Kultur in einer traumhaften LandschaftFreundliche Menschen, volle Busse und das Erdbeben

SCHOTTEN/NEPAL. Von September 2014 bis April 2015 waren Pauline Altvatter aus Schotten-Rainrod und Katharina Krusch aus Nidda nach bestandenem Abitur im Ausland unterwegs und bereisten dabei auch Nepal. Es waren interessante und wechselvolle Wochen in der völlig fremden Kultur. Die beiden jungen Deutschen erlebten auch das Erdbeben, das den Staat Land im Himalaya verwüstete.

 

Eine Woche verbrachten die beiden als freiwillige Helfer in einem Waisenhaus und verbanden ihren Bericht in Oberhessen-live darüber mit einem Spendenaufruf. Hier geht es um ihre anderen Erlebnisse in dem Sagen umwobenen Land. Sie erzählen von traumhaften Berg-Erlebnissen, überfüllten Bussen, freundlichen Menschen und drei Tagen im vom Erdbeben verwüsteten Kathmandu.

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Unterwegs in Kathmandu: Pauline Altvatter (r.) und Katharina Krusch tragen wegen des Smog Atemschutzmasken.

„Nepal: das fünfte Land unserer Reise“

„Nepal war das fünfte und letzte Land auf unserer Reise. Vier Wochen hatten wir Zeit dieses einzigartige Land zu erkunden. Nach der Hitze Bangkoks waren wir von den Temperaturen in Kathmandu begeistert. Mit einer Höhe von bereits 1356 Metern war es angenehm luftig und kühl bei unserer Ankunft. Wir befanden uns genau in der Hauptreisezeit die von April bis Oktober andauert. Ab Oktober beginnt dann die Regenzeit mit starken Monsunregen.

Nach dem Verlassen des Flughafens erwartete uns dasselbe Bild wie in allen Ländern zuvor: wartende Taxen und motivierte Taxifahrer, die sich darum reißen, dich zu deinem Wunschort zu befördern. Weil wir viel zu müde zum Verhandeln waren, haben wir uns in das erstbeste Taxi gesetzt und tauchten direkt in ein Verkehrschaos ein, das selbst den Straßenverkehr in Thailand ruhig und geordnet wirken lässt. Schlechte Straßen, keine Ampelbeachtung und die Hupe ist in Dauerbenutzung.

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Buntes Nepal: die Friedens-Stupa.

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Ein Tempel in Swayambunath.

Atemschutzmasken gegen den allgegenwärtigen Smog

Das Hostel, welches wir uns ausgesucht hatten, lag etwas abseits vom Touristenviertel „Thamel“, weswegen es dort um einiges ruhiger zu ging. Zu Fuß waren wir aber in 15 Minuten mitten drin im touristischen Knotenpunkt Kathmandus. Gesäumt sind die Straßen dort von unzähligen Souvenirshops, Restaurants, Trekking-Agenturen, Reisebüros, Wechselstuben und vielem mehr. Allerdings mussten auch wir uns nach unserer ersten Erkundungstour Atemschutzmasken kaufen, da es ansonsten wirklich sehr unangenehm werden kann. Die Verkehrsabgase tragen dazu bei, dass Kathmandu zu den Städten mit der höchsten Luftverschmutzung gehört. Die Kessellage erschwert außerdem einen Luftaustausch. Dass es nur ungefähr zwölf Stunden Strom am Tag gibt, war zunächst auch eine kleine Umstellung. Aber oft konnte man abschätzen von wann bis wann man sein Handy oder die Kamera jetzt laden kann, und nach den ersten Tagen erschien uns auch das ganz normal.

Unserer ersten Tage in der Stadt nutzten wir, um einige touristische Sightseeing-Punkte abzuklappern. Angefangen beim Durbar-Platz, der Platz vor dem alten königlichen Palast des Kathmanduischen Königreichs. Um diesen herum mehr als 50 Pagoden, Tempel und Paläste aus Holz oder Stein. Viele Touristen, aber auch viele Einheimische ließen sich hier finden. Sitzend auf den Treppen der vielen Tempel, als Verkäufer oder einfach nur als Bewohner der Häuser in der näheren Umgebung. Auch wir saßen eine Zeit lang auf den Stufen der Tempel und haben die Atmosphäre und das Treiben genossen.

Ein weiterer sehenswerter Ort mit tollem Blick über Kathmandu ist der Swayambhunath. Ein Tempelkomplex auf einem Berg, von dessen Fuß 365 Stufen bis nach oben führen. Oben angelangt, erzählte uns ein Einheimischer die Legende von Swayambhunath. Als das ganze Tal noch ein großer See war, entdeckte jemand eines Tage eine Lotusblüte auf der Oberfläche. Über viele Jahrhunderte wurde diese Blüte von Gläubigern als Symbol Gottes verehrt. Dann stieg auf einmal eine leuchtende Flamme aus dem Lotuskelch empor. Swayambhunath, der aus sich selbst erstandene Gott, erschien und leuchtete viele weitere Jahrhunderte. Bis ein Bodhisattva aus China, auch eine Art Gottheit, den See dreimal umrundete, ein Loch in eine der Hügelketten schlug und das Wasser samt der Flamme abfloss. Den Lotus pflanzte er auf den Hügel, auf dem heute der Swayambhunath steht.

Nach ein paar Tagen in Kathmandus Hauptstadt ging es dann mit dem Bus weiter Richtung Westen, nach Pokhara. Pokhara ist die zweitgrößte Stadt Nepals und grenzt an den Phewa See, der auch der zweitgrößte See Nepals ist. Von hier aus starten viele Trekking Touren und man hat eine unglaubliche Aussicht auf den Himalaya-Hauptkamm mit den Achttausendern Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu. Hier haben wir uns wieder im Touristenviertel am See eingenistet.

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Zauberhafte Natur: Seen in Nepal.

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Traumhafter Sonnenaufgang mit Himalaya-Blick

Pokhara ist noch viel weniger touristisch als Kathmandu und viel ruhiger und entspannter. Natürlich merkt man die Touristen, aber es ist kein Vergleich zu allen Ländern in denen wir vorher waren. An einem Tag sind wir mit dem Taxi hoch auf den Sarangkot gefahren, der mit 1600 Metern Höhe einen guten Aussichtspunkt bietet. Dort haben wir ein kleines, nettes Gasthaus auf dem fast höchsten Punkt gefunden und schon mal den Sonnenuntergang und ein gutes Abendessen genossen.

Am nächsten Morgen hieß es dann um 5 Uhr aufstehen und die letzten 15 Minuten auf die Bergspitze laufen, um den Tag erwachen zu sehen. Ziemlich viele andere Menschen hatten dieselbe Idee, aber es war trotzdem unglaublich. Die Bergspitzen erst dunkel und kaum zu erkennen, dann langsam rot über gold, bis sie in voller Pracht vor uns standen. Als sich die Sonne dann komplett durchgekämpft hatte, bekamen wir einen unbeschreiblich tollen und klaren Blick auf das Annapurna Massiv. Nach einem Frühstück mit Blick auf die Berge und den See, haben wir uns dann an den zweistündigen Stunden Rückweg zu Fuß gemacht.

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Malerisch: der Phewa-See.

Nackte Haut ist nicht angesagt

Einen anderen Tag sind wir in eines der vielen Boote gestiegen die man dort mieten kann und sind auf die andere Seite gerudert. Dort führt ein Aufstieg hoch zur schneeweißen Friedens-Stupa. Abgesehen davon, dass Abwässer in den See geleitet werden und die Menschen dort teilweise sogar ihre Wäsche waschen, lädt der See nicht gerade zum Baden ein. Was in Nepal sowieso undenkbar wäre, zumindest im westlichen Stil. Trotz oft 28 Grad Wärme und Sonne, haben wir darauf geachtet, immer Knie und Schultern bedeckt zu lassen. Aus Höflichkeit und weil man sich andernfalls wirklich nach längerer Zeit sehr nackt vor kommt zwischen all den voll bekleideten Nepalesen.

Von Pokhara aus haben wir wieder einen Bus genommen und, weil wir diesmal ganz besonders schlau sein wollten, auch nicht vorher die teureren Tickets über das Hostel gebucht. Stattdessen sind wir zum Busbahnhof gelaufen, haben uns einen in unseren Augen schönen Bus ausgesucht und tatsächlich weniger bezahlt. Dafür war die Fahrt furchtbar. Stoßdämpfer scheinbar nicht vorhanden, dementsprechend war es mehr als holprig, und wir hatten irgendwann das Gefühl, dass jetzt wirklich alle Organe ihre Plätze getauscht haben. Angekommen sind wir dann in Narayangat, von dort sollten wir uns einen lokalen Bus suchen. Das erwies sich als gar nicht so einfach, da Haltestellen in Nepal nicht so wie bei uns gekennzeichnet sind.

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Attraktion für Touristen: Pauline Altvatter mit Einheimischen in Folklore-Tracht.

Wir haben dann zwei nette Damen gefunden, die uns ohne großes Englisch aber mit viel Lächeln zum richtigen Bus begleitet haben. Die Fahrt war wie in einem Bollywood Film: ein kleiner Bus auf holpriger Straße, vollbepackt mit Einheimischen, lauter indischer Musik und zwei Touristen mittendrin. Abgesetzt wurden wir in einem kleinen Dorf namens Meghauli, indem sich der Ort unseres Freiwilligendienstes befand.

Meghauli befindet sich ganz in der Nähe des berühmten Chitwan Nationalpark, der 1973 als erster Nationalpark Nepals gegründet wurde Er nimmt eine Fläche von über 900 Quadratkilometern ein und ist außerdem Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Chitwan liegt nur noch auf gut 300 Metern Höhe, und entsprechend war es um einiges heißer als in Kathmandu.

Dhal Bhat, das ist Reis, Linsensuppe und verschiedene Curry

Für ein paar Tage wohnten wir dann mit ein paar anderen Helfern auf einer Farm, die der Besitzer Bishnu in den Jahren mit der Hilfe vieler Reisenden und Helfer aufgebaut hat. Dort konnten wir das nepalesische Dorf- und Farmleben kennen lernen und unter anderem lernen, wie man Bewässerungsgräben anlegt oder Linsen erntet. Das Essen war anfangs eine Umstellung für uns. In Nepal gibt es eigentlich kein Frühstück, so wie wir es kennen. Gegessen wird zweimal am Tag Dhal Bhat, bestehend aus Reis, Linsensuppe und verschiedenen Curry. Das erste Mal gegen 10 oder 11 Uhr morgens, dann gibt es mittags einen kleinen Snack und zum Abendessen wieder Dhal Bhat.

Nepalesisches Neujahr im Jahr 2072

Erleben durften wir dort auch das nepalesische Neujahr. Gefeiert wurde das Jahr 2072 bei uns nur mit einem aufwendigeren Essen: Der Reis war anders gewürzt und es gab Fleisch dazu. Das Besondere war dann der nächste Tag. An Neujahr laufen die Dorfbewohner früh morgens zum Heiligen Fluss. Für uns bedeutete das um 5 Uhr aufstehen und über eine Stunde zu Fuß laufen. Angekommen wollten wir uns dann aber lieber doch nicht von unseren Sünden rein waschen. Das Wasser war sehr schmutzig und wahrscheinlich ein  Paradies für Coli Bakterien. Also haben wir nur ehrfürchtig am Rande Platz genommen und zugesehen, wie sich alle Omi und Opis, Kinder, Frauen und Männer bis auf die Unterwäsche ausgezogen haben. Komischerweise war Bein- und Schulterzeigen in diesem Moment okay.

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Neujahr: Bishnus-Familie am Heiligen Fluss.

Ein bisschen Blumen ins Wasser werfen, ein bisschen Beten, und die unvermeidlichen Räucherstäbchen und Kerzen durften natürlich auch nicht fehlen. Weil der Fluss heilig ist, muss man komplett untertauchen und sich das Wasser am besten auch über die Schultern spritzen. Nur nicht zu tief reingehen, dort gibt es nämlich Krokodile! Für all die, die zu Hause bleiben müssen oder nicht mehr bis zum Fluss laufen können, wird das Wasser in Flaschen abgefüllt und später mitgebracht.

Fahrt im völlig überfüllten Bus

Unser nächster Stopp nach Meghauli war dann Sauraha, ein kleiner aber sehr touristischer Ort der praktisch den Vorort des Chitwan National Park bildet. Unsere Fahrt dorthin startete von der Farm aus mit einem der einheimischen Busse. Der war allerdings schon übervoll, als wir eingestiegen sind, und wir waren schon sehr eingequetscht zwischen vielen nepalesischen Armen, Beinen und Hintern. Aber beim Busfahren kennt man in Nepal kein Erbarmen, da wird reingestopft was rein geht. Vorne beim Fahrer gibt es auch Bänke, auf denen sechs bis acht Leute Platz haben, und sonst wird gestapelt und sich draußen dran gehängt. Das Gepäck wird auf das Dach geworfen. Die ersten zehn Minuten fand ich es noch total spannend und witzig, alle Leute zu beobachten. Die Mutter mit ihrem schlafenden Baby, den alten Mann mit der lustigen Mütze oder die zu stark geschminkte Frau mir gegenüber. Als dann aber immer mehr Menschen die Tür und damit das Luftloch abgeschnitten haben, hörte der Spaß auf. Es war zum Glück bald vorbei und nach stummen Gebeten – „bitte-lass-meinen-Rucksack-nicht-weggeflogen-oder-geklaut-sein“ –  konnten wir mit unserem Gepäck weiter ziehen. Unser neues Hostel war direkt am Rapti Fluss. Morgens beim Sonnenaufgang konnten wir sogar ein, zwei Krokodile vorbeischwimmen sehen.

Total fasziniert waren wir davon, dass statt Autos Elefanten als Transportmittel das Bild der Straßen prägten. Geht man durch die Straßen der Dörfer, ist es auch nicht unüblich, dass die Menschen dort oft einen Elefanten im Garten stehen haben. Natürlich sind die Elefanten angekettet, in zu kleinen Unterständen untergebracht und werden generell nicht artgerecht behandelt. Aber das gehört dort einfach zur Kultur und zumindest konnten wir keine offensichtlichen Misshandlungen feststellen.

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Spaß mit schlechtem Gewissen: Pauline Altvatter beim Baden mit dem Elefanten.

Eine große Touristenattraktion ist das Elefantenbaden im Rapti Fluss jeden Morgen von 10 bis 12 Uhr. Für umgerechnet einen Euro kann man auf einen Elefanten steigen und mit ihm im Fluss baden. Leider ist das wirklich nur Touristenbespaßung, und die armen Tiere mussten viele Male hin und her laufen, von ihren Führern angetrieben und Menschen in Schwimmwesten auf ihren Rücken ertragen. Trotzdem war das ein einmaliges Erlebnis.

Eine Woche als freiwillige Helfer im Waisenhaus

Nach drei Tagen im Hostel, Baden mit den Elefanten und einer Kanu Tour durch den Rapti Fluss machten wir uns auf zu unserem nächsten Einsatzort. Das Waisenhaus von Shushila. Hier haben wir eine Woche verbracht und hatten Gesellschaft von Ashmita, Sabinah, Abinash, Sustika, Astika, Rahul, Sahul, Som und Elisa. Alle verhielten sich wie eine große Familie und wir wurden dann für eine Woche in diese Familie mit aufgenommen. Unser Weg zum Waisenhaus, den wir jeden Tag zurück legen, ist gesäumt von Reisfeldern und neugierigen Dorfbewohnern, die teilweise noch in den ganz traditionellen Lehmhäusern leben.

Helfen sollten wir beim Waschen, Hausaufgaben machen, Lesen oder einfach nur Spielen. Zweimal am Tag gab es wieder Dhal Bhat zum Essen. Gegessen haben übrigens nur wir mit Besteck, traditionell wird das Gericht nämlich mit den Händen gegessen. Ich habe das einmal ausprobiert, allerdings ist es nicht so einfach wie man vielleicht denkt. Reis mit den Fingern zu essen, ist eine klebrige Angelegenheit, und selbst die zweijährige Sabinah sah beim Essen eleganter aus als ich. Trotzdem ging die Zeit auch mit den drei anderen Freiwilligen viel zu schnell um. Am 25. April wurden wir dann morgens mit selbstgemachten Blumensträußen, gemalten Bildern, Umarmungen und dem Glücksstrich auf der Stirn verabschiedet. Unser Bus ging zurück durch die Berge und Täler nach Kathmandu.

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Letzte Fotos: der berühmte Durbar-Platz vor der Zerstörung durch das Erdbeben.

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Um 11 Uhr begann das Beben

Um ungefähr 11 Uhr hielt der Bus auf plötzlich an. Kurz darauf fängt es an zu beben und wir sehen die Häuser an der Seite wackeln, Menschen rennen schreiend auf die Straßen. Ein paar Sekunden später ist alles wieder vorbei, und wir fahren weiter. Kurz darauf halten wir wieder an. Alle steigen aus, vor uns eine riesige Auto- und Busschlange. Die Fahrer legen Steine unter die Räder und wir warten draußen. Keiner weiß wirklich, was los ist und wie lange wir jetzt warten müssen. Mit fünf Stunden Verspätung kommen wir in Kathmandu an.

Wir sehen ein paar eingestürzte Häuser, kaputte Mauern, umgefallene Stromleitungen. Vom Ausmaß der Katastrophe haben wir zu dem Zeitpunkt noch keine Ahnung. Menschen sind überall auf der Straße, aber es ist fast unheimlich ruhig. Keine Panik, keine Sirenen. Angekommen in unserem Hostel ist nur auffällig, dass alle Geschäfte geschlossen sind, und die sonst so belebte Straße gespenstisch still ist. In dieser Nacht schlafen wir mit dem Rezeptionisten und ein paar anderen Gästen auf Matratzen im Erdgeschoss. Der Strom ist ausgefallen, und es gibt auch keinen Internetempfang. Das Telefon an der Rezeption funktioniert aber zum Glück, und so können wir wenigstens unsere Familien zu Hause erreichen und beruhigen. Gefühlt alle halbe Stunde jagt uns ein kurzes Nachbeben hoch, bis wir nach draußen gestürzt sind, ist es aber schon wieder vorbei.

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Angst vor Nachbeben: Die beiden Deutschen verbrachten eine Nacht im Park auf und unter Planen.

Am nächsten Tag sind bereits einige Bilder in der aktuellen Zeitung und wir reden mit ein paar Bewohnern, die neben unserem Hostel wohnen. Niemand weiß genau, wie schlimm es wirklich ist, und was noch kommen wird. Geöffnet hat nur noch ein Restaurant in der Nähe. Vorsichtshalber kaufen wir etwas Trinkwasser auf Vorrat und machen uns auf den Weg zum Flughafen, um heraus zu finden, ob wir früher abfliegen können. Gebucht ist unser Flug für den 28. April.

Kein Strom mehr im Hostel und ein gespenstisch dunkles Kathmandu

Am Flughafen herrscht das reinste Chaos, Menschen wo man nur hinblickt. Einige campen sogar bereits auf den kleinsten Grünflächen. Wir reden mit ein paar von ihnen und erfahren, dass die Flüge ab morgen wieder normal abfliegen sollen, Tickets früher zu bekommen, sei aber fast unmöglich. Nepals Flughafen ist zu klein, um die Masse an Flugzeugen abzufertigen, die nun landen und starten wollen, und zu allererst müssen nun die Versorgungs- und Ersthelfer-Flugzeuge landen. Wir fahren wieder zurück zum Hostel und hoffen dass wir in zwei Tagen geplant abfliegen können. Nun ist auch der Stromgenerator im Hostel leer, und wir haben nur noch Kerzen, um nachts etwas Licht zu haben.

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Nach dem Beben: Wasser gibt es nur aus Tankwagen.

Gespenstisch dunkel ist es überall in Kathmandu. Die nächste Nacht wollen wir eigentlich wieder im Erdgeschoss schlafen, allerdings wird für diese Nacht ein weiteres schweres Erdbeben gemeldet, und man findet nirgendwo auf den Straßen mehr Menschen. Etwas panisch machen wir uns mit kleinerem Gepäck im Regen auf zu einer der vielen Parks, in denen die meisten Einheimischen seit dem Erdbeben übernachten. Teilweise in großen Zelten oder selbstgebaut mit Holzpfählen und Planen. Wir setzten uns zu einer Gruppe Reisender aus Frankreich und England und versuchen, mit Mülltüten und Schutzhüllen einen trockenen Platz zu finden.

Die Nacht ist kurz, nass und kalt. Aber trotzdem habe ich besser als zuvor geschlafen, weil ich mir sicher sein konnte, dass nichts im Schlaf über mir zusammen brechen kann. Bis auf zwei kleinere Beben passierte in dieser Nacht nichts. Am nächsten Tag machten wir uns wieder auf den Rückweg und kehrten in das Hostel zurück. Auf dem Weg dorthin wagen sich schon wieder mehr Menschen auf die Straßen, einzelne Geschäfte sind geöffnet, und an einem Stand bekommen wir einen heißen Chai Tee geschenkt. Im Hostel haben wir jetzt auch kein fließendes Wasser mehr und in den Läden wird immer mehr weggekauft. Wir laufen etwas durch die Stadt und sehen Wassertanks, an denen die Menschen mit Kanistern Schlange stehen.

Etwas Schuldgefühl: wir können heim fliegen

Die letzte Nacht verbringen wir im ersten Stock und schlafen das erste Mal seit zwei Nächten wieder in einem richtigen Bett. So müde, dass ich selbst bei den zwei kurzen Beben in der Nacht nur mit Herzrasen liegen bleibe und dann weiterschlafe. Am nächsten Morgen machen wir uns schon um 6 Uhr auf den Weg zum Flughafen, um ganz sicher zu gehen, dass wir unseren Flug um 15 Uhr bekommen. Auf unserem Weg zum Taxi spricht uns eine Frau an und fragt, wohin wir gehen. Wir antworten: nach Hause. Sie wünscht uns viel Glück und eine sichere Heimkehr. Ein bisschen schuldig fühle ich mich, wir können gehen und das alles einfach hinter uns lassen, während sie bleiben und abwarten muss, was noch kommt. Dass wir wirklich nach Hause fliegen, können wir erst glauben, als wir wirklich im Flieger sitzen und Kathmandu unter uns immer kleiner wird.

Ein großartiges Land mit großartigen Menschen!

Trotz alldem bleibt Nepal mein Lieblingsland, in das ich auch gerne noch einmal zurückkehren möchte. Die vielfältige Landschaft, aber besonders die Menschen dort haben mich begeistert. Der Tourismus hat das Land noch nicht ganz verdorben, und viele der Menschen sind noch sehr aufgeschlossen und gastfreundlich. Natürlich gab es auch Situationen in denen ausgenutzt wurde, dass wir Touristen sind und natürlich zahlen wir für alles mehr als die Einheimischen. Aber das war in Nepal auch nicht vergleichbar mit Thailand oder anderen Ländern.

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Verliebt in Nepal: Pauline Altvatter möchte in das Land zurück.

Trotz der Katastrophe konnten wir merken, dass die meisten Menschen sich um andere sorgen und kümmern und das gemeinsam durchstehen wollen. Deshalb haben wir uns auch relativ sicher gefühlt. In unserer Nacht im Park haben wir von einem Nepalesen eine Decke und ein Kissen zum Schlafen bekommen und uns morgens an deren Feuer gewärmt. Ein großartiges Land mit großartigen Menschen!

Pauline Altvatter

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