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Pfarrer tagen auf dem Bauernhof – Wie fühlt sich Landwirtschaft in der Praxis an?Von anstrengenden Glück, Lebensmittel zu erzeugen

WÜNSCHEN-MOOS (ol). Wie fühlt sich Landwirtschaft in der Praxis an? Der Frage gingen jetzt Vogelsberger Pfarrer nach – im Rahmen ihrer regelmäßigen Zusammenkunft. Einmal im Monat treffen sich die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer des Dekanats Vogelsberg und weitere kirchliche Mitarbeitende nämlich zu einer gemeinsamen Dekanatskonferenz für inhaltlichen Austausch und dienstliche Absprachen. Diesmal in einem Kuhstall.

Im Juli stand in diesem Jahr der Besuch in einem Milchviehbetrieb und in einem Dorflädchen auf dem Programm. Davon versprachen sich die Kirchenleute exemplarische Einblicke in die aktuelle Situation landwirtschaftlicher Betriebe im Vogelsberg und das Potenzial der Selbstständigkeit im ländlichen Raum.

Etwas abseits, in der Nähe des Grebenhainer Dorfs Wünschen-Moos befindet sich der Milchviehbetrieb der Familie Fölsing. Otto, Patrick und Christel Fölsing beschrieben anhand eines Betriebsspiegels den Werdegang ihres konventionellen Milchviehbetriebes mit derzeit 83 Milchkühen. „Investieren und immer größer werden“ – das sei die einzige Möglichkeit, um auf lange Sicht wirtschaftlich zu arbeiten, denn je größer der Betrieb, umso geringer die Erzeugungskosten. Aufgrund des niedrigen Milchpreises habe man ohne eine gewisse Größe keine Chance noch genug daran zu verdienen.

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Otto, Patrick und Christel Fölsing beschrieben den Werdegang ihres konventionellen Milchviehbetriebes.

Auch auf Subventionen, für deren Erhalt zwar verschiedene Auflagen erfüllt werden müssten, könne man nicht verzichten. Er stehe trotz einer 80-Stundenwoche jeden Morgen gerne auf, erklärte der junge Familienvater Patrick Fölsing. Die Arbeit mit den Kühen mache ihm sehr viel Spaß: „Jede Kuh in unserem Stall hat einen Namen und ich erkenne sie sofort an ihrer Zeichnung.“ Es sei einfach ein gutes Gefühl, Lebensmittel zu erzeugen. Hartmut Schneider, ebenfalls Gast der Pfarrkonferenz, unterstrich die Einschätzung der Fölsings und bestätigte die Prognose, dass die Betriebe größer werden. Schneider ist Berater im Netzwerk der ländlichen Familienberatung.

Ratgeber bei Konflikten auf dem Bauernhof

Gut 100 Beratungsanfragen gingen jährlich dort ein. Konflikte gebe es vor allem bei strukturellen Veränderungsprozessen etwa der Hofübergabe. Aber Rollenkonflikte etwa durch Pflegebedürftigkeit von Familienmitgliedern oder der Umgang mit Angestellten in einem Familienbetrieb würden im vertraulichen Gespräch mit den 26 Beraterinnen und Beratern thematisiert. Pfarrerinnen und Pfarrer im ländlichen Raum könnten bei Bedarf den Kontakt zum Beratungsnetzwerk vermitteln bzw. auf das Angebot hinweisen. „Wir stehen allen Bäuerinnen und Bauern im deutschsprachigen Raum zur Verfügung“, so Schneider.

Im Dorflädchen von Izabela Szajner setzte sich die Konferenz fort. An der hübsch dekorierten Kaffeetafel wurde weiter diskutiert, was man als Kirchengemeinde für die kleinen Betriebe im jeweiligen Ort tun könne. Für Metzlos ist das Dorflädchen ein Renner geworden. Gastgeberin Szajner hatte sich mit der Eröffnung im vergangenen Dezember einen Traum erfüllt. „Es läuft viel besser als ich anfangs erwartet hatte und es macht mir riesigen Spaß.“ Die liebevolle Einrichtung des Lädchens und die urige Gemütlichkeit des Cafébereichs ließen keinen Zweifel daran, dass man sich „in der Ecke Nummer 6 in Metzlos“ sehr wohl fühlen kann.

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