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Diskussionsrunde zur hessischen Schulpolitik mit MdL Mathias Wagner – Lehrerzuweisung nach Schülerzahl für den ländlichen Raum "ein großes Problem"Grüne: mehr Lehrer für den Vogelsberg

VOGELSBERGKREIS (ol). Die Vogelsberger Grünen hatten kürzlich zu einer Diskussionsrunde zur hessischen Schulpolitik eingeladen – mit hochrangiger Beteiligung. Mathias Wagner, bildungspolitischer Sprecher der GRÜNEN Fraktion im Landtag, stellte sich der Kritik an der geänderten Lehrerzuweisung für das kommende Schuljahr, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein Ergebnis: Die Grünen wollen Lehrerzuweisungen umverteilen.

Landesweit sollen im Bereich der Grundschulen 140 Lehrerstellen und im Gymnasialbereich 160 Lehrerstellen wegfallen. Diese 300 Stellen werden neben 700 frei werdenden Stellen in den Mittelstufenbereich umverteilt, um dort Inklusion, Deutschförderung und Ganztagsschulausbau voranzubringen. Im Vogelsberg fallen im Grundschulbereich insgesamt vier Stellen weg, im Gymnasialbereich sind es zehn Stellen weniger. Für die Gymnasien im Vogelsbergkreis sein die Folgen gravierend, meinen die Grünen. Hier können im kommenden Schuljahr einige Leistungskurse gar nicht mehr angeboten werden.

Die Lehrerzuweisung nach Schülerzahl stelle für den ländlichen Raum „sowieso schon ein großes Problem“ dar, da hier Klassen und Kurse grundsätzlich kleiner sind. Deshalb hielten die Vogelsberger Grünen es für sinnvoll, im ländlichen Raum andere Zuteilungskriterien als in Ballungsgebieten anzuwenden. Es war den anwesenden Grünen wichtig, die spezielle Situation in dünn besiedelten Regionen deutlich zu machen, da diese den Landespolitikern oftmals nicht ausreichend bekannt ist.

Die „demographische Rendite“

Hessen sei das einzige Bundesland, in dem trotz abnehmender Schülerzahlen alle Lehrerstellen erhalten bleiben, die sogenannte „demographische Rendite“. Die frei werdenden Lehrerstellen werden dorthin umverteilt, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Das ist grundsätzlich richtig und wichtig. Genauso wichtig ist es jedoch, eine Abwärtsspirale im ländlichen Raum zu verhindern. Weniger Schüler bedeuten weniger Lehrerzuweisungen. Die Folge davon sind weniger Bildungsangebote der allgemeinbildenden Schulen und auch der Berufsschulen. Dies verringert wiederum die Attraktivität der ländlichen Region, die Folge: noch weniger Schüler und Familien.

Der Rückgang der Schülerzahlen in den Grundschulen führt im Vogelsbergkreis nicht zu Schulschließungen. Alle Standorte bleiben erhalten, wie Schuldezernent Peter Zielinski versichert. Dies wird erreicht durch klassenübergreifenden Unterricht und die Überführung einzelner Schulen in Verbundschulen.

Mathias Wagner wurde auch auf die Probleme angesprochen, die sich bei der Umsetzung der Inklusion im Grund- und Förderschulbereich ergeben. Seit der Gesetzesänderung durch die Vorgängerregierung werde die Zahl der Förderstunden für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf pauschal nach der Gesamtzahl aller Schüler einer Schule berechnet. Vorher erhielt jedes einzelne Kind mit Förderbedarf eine bestimmte Zahl von Förderstunden. Jetzt gibt es meist nur noch eine Stunde Förderunterricht pro Woche für diese Kinder, da die wenigen zugeteilten Stunden auf alle Kinder mit Förderbedarf verteilt werden müssen. Da im Zuge der Inklusion die Grundstufe der Förderschule abgeschafft wurde, sitzen in den Grundschulklassen vermehrt Kinder mit Förderbedarf und manchmal auch extrem verhaltensauffällige Kinder. Die Inklusion dieser Kinder könne aber nur gelingen, wenn sie auch die notwendige Unterstützung erhalten. Von Vorteil ist hier natürlich die geringere Schülerzahl pro Klasse in den ländlichen Regionen. In den Ballungsgebieten sind Grundschulklassen mit 25 und mehr Schülern die Regel, wie Mathias Wagner anmerkte.

Auch das auslaufende EIBE-Programm und das Anschlussprogramm PuSch (Praxis und Schule) für abschlussgefährdete und förderbedürftige Jugendliche wurde angesprochen. Ebenso das neue Projekt Produktionsschule mit einem praktischen produktionsorientierten Unterrichtsansatz. Die allgemeinbildenden Unterrichtsinhalte stehen hier in direktem inhaltlichen Zusammenhang mit einem realen Arbeitsauftrag. So sollen demotivierte Schüler mit negativen Schulerfahrungen und Verweigerungshaltung wieder einen Sinn im Lernen erkennen können.

„Schule für Erwachsene“: beliebt

Die „Schule für Erwachsene“ erfreue sich großer Beliebtheit im Vogelsbergkreis. Dabei können Erwachsene, die die Schulpflicht erfüllt haben, den Haupt- und Realschulabschluss nachholen. Die Grünen erhoffen sich von der Landesregierung Unterstützung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Bildungsangebote.

Peter Zielinski betonte noch einmal, dass die Landespolitik bei vielen Themen, die den Kreis betreffen, entscheidend ist. So hängt eben auch die Entwicklung der Schullandschaft im Vogelsberg von den Lehrerzuweisungen ab.

Matthias Wagner und Eva Goldbach, Landtagsabgeordnete der Grünen, werden die Anliegen der Vogelsberger Schulen an das Kultusministerium herantragen, damit gemeinsam Lösungen gefunden werden können.

Die grundsätzlichen Fragen lauten: Will die Politik in den ländlichen Raum investieren, soll die Infrastruktur erhalten oder gar verbessert werden ? Soll Inklusion gelingen ? Sollen Menschen mit unterschiedlichen Problematiken oder Beeinträchtigungen gefördert werden, Bildungsmöglichkeiten erhalten bleiben, ausgebaut werden ?

Wenn ja, müssen zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden, damit nicht an einer Stelle gekürzt werden muss, um an anderer Stelle dringend benötigte Angebote und Maßnahmen ermöglichen zu können. Gemeinsam mit allen anderen Vogelsberger Parteien fordern die Grünen vom Land Hessen Investitionen in Bildung, die nicht nur, aber auch dem ländlichen Raum zugute kommen sollen.

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