Politik2

Viele Kommentare und eine Abstimmung zu wichtigen Themen – Ein WochenrückblickPoststreik, WLAN und Sauberkeit: die Aufreger!

War das nicht eine aufregende Woche? Aufregend in dem Sinne, dass viele Leserinnen und Leser von Oberhessen-live sich aufgeregt haben? Gleich bei drei Themen zwischen Montag und Freitag hagelte es kontroverse Kommentare sowohl direkt auf der Artikelseite als auch in dem sozialen Netzwerk Facebook, wo Oberhessen-live interessante Berichte anzukündigen pflegt. Was war es denn, was die Leserschaft so reizte? Drei Stichworte: Poststreik, WLAN und Sauberkeit. Ein kommentierender Wochenrückblick.

Das fing gleich am Montagnachmittag an, als ich eine kleine Geschichte über die streikenden Postler veröffentlichte. Seit 14 Tagen keine Post, da war die Spannung vogezeichnet, als ich nicht einmal zwei Dutzend Männer und Frauen in ihrem Streiklokal besuchte, um mal zu hören: Wie geht es eigentlich den Arbeitskämpfern? Wie fühlen sie sich zwischen den Fronten der öffentlichen Meinung und ihres Arbeitgebers? Siehe da: Da war keine fröhliche „Wir-haben-frei-und-kriegen-es-bezahlt“-Stimmung. Nein, war war eher bedrückt im Wissen darum, dass gerade Tonnen von Sendungen ihre Empfänger nicht erreichen. Das Wort vom schlechten Gewissen kam mehrfach – weil diese Leute von ihrem verbrieften Recht Gebrauch machen, um ihre Arbeitsplätze zu kämpfen.

OL-Postrunde-2306

Schämen für den Arbeitskampf: die Alsfelder Postler im Streik-Café.

Mit wenigen Ausnahmen kamen prompt hämische bis böse Kommentare wütender Post-Kunden für die Streikenden. Jene Kunden haben in der Tat allen Grund böse zu sein, die vergebens auf dringende Post warten. Aber warum richtet sich der Ärger eigentlich automatisch gegen die Streikenden? Warum schimpft keiner auf den Vorstand der Post AG, der gerade dabei ist, an den tariflichen Errungenschaften Tausender Post-Mitarbeiter kräftig zu sägen? Haben wir völlig die Solidarität vergessen, durch die wir alle in den letzten 70 Jahren zu Wohlstand gekommen sind? Dass wir heute eine fünf Tage-Woche mit 30 Tagen bezahltem Urlaub im Jahr haben, liegt nicht am sozialen Gewissen der Arbeitgeberschaft – sondern daran, dass Arbeitnehmer um ihre Rechte zu kämpfen verstanden haben. Soziale Marktwirtschaft hieß das Mittel, durch das die Deutschen mit breiter Mittelschicht zu einer wohlhabenden Nation wurden. Das geschieht nicht automatisch.

Nur einmal kurz googeln, und man kann nachlesen: Es gab schon mehr und längere Arbeitskämpfe in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren. Wesentlicher Unterschied zu heute: Die fanden in Bereichen statt, in denen die Bevölkerung selbst weniger betroffen war, heute ist es der Dienstleistungsbereich. Aber wer heute auf Streikende anderer Branchen schimpft, sollte daran denken: Morgen könnten Sie selbst von Arbeitskampf betroffen sein! Und dann hoffen Sie auf Solidarität! Ich wage mal die Prognose, dass spätestens mit TTIP noch ganz andere Kämpfe auf uns zukommen. Es ist nicht das Chlor-Hühnchen aus Amerika, das mir Angst macht – es sind US-amerikanische Arbeitsbedingungen, die direkt oder indirekt Einzug halten können, weil – so klingt es in vielen Reportagen immer wieder an – amerikanische Investoren sich auf amerikanische Bedingungen berufen können. Da wird sich noch mancher bei uns umschauen. Verzeihen wir also den Postmitarbeitern, dass sie um ihre Tarife kämpfen.

WLAN für alle auf dem Marktplatz: schön, aber fünf Jahre zu spät!

Nächster Aufreger: WLAN für alle auf dem Marktplatz. Das Gesprächsthema aus dem Stadtparlament. Mit der Idee erhoffen sich SPD und ALA  wohl den Zuspruch junger Leute, gibt sich  Alsfeld doch damit ein bisschen den Touch eine richtig modernen Stadt. In der Tat ist eine freier WLAN-Zugang in studentisch geprägten Städten häufiger zu finden – wie manches Lokal auch damit wirbt. Als ich vor drei Jahren einmal für eine Woche das polnische Danzig besuchte, entdeckte ich mitten in einem Park einen WLAN-Hotspot, der zum Internet-Surfen im Grünen einlud. Mensch! Wirklich modern, das heutige Polen, dachte ich mir dabei.

OL-Marktplatz-2406-neu

Kommendes Jahr soll freies WLAN den alten Marktplatz in die Moderne bringen.

Aber auch diese Idee fällt zumindest in den Kommentaren unserer Leserschaft durch. Manche Autoren belächeln die SPD/ALA-Koalition, bedenken die Initiative mit Witzen. Purer Undank für ein Geschenk an die Einwohnerschaft und Besucher? Nicht unbedingt. Denn so smart die Idee eigentlich ist – sie kommt einfach fünf Jahre zu spät. Von freiem WLAN auf dem Marktplatz hätte nur jemand etwas, der längere Zeit viele Daten bewegen will – was von gelegentlichen Besuchern nicht zu erwarten ist. Die zücken für ein schnelles Posting, für E-Mails, Whatsapp-Nachrichten oder einen Blick in die Internet-Map mal eben ihr Smartphone. Für den kleinen Internet-Besuch zwischendurch reicht der Empfang nämlich völlig – und immer mehr Tarife bieten inzwischen echte Flatrates ohne Mengenbegrenzung. Selbst, wer zum Cappuccino mit dem Notebook arbeiten will (die Idee hatte ich neulich – ist doch Sommer), der kann sich via Handy einen Hotspot schaffen.

So ist solcher Service heute eigentlich überflüssig. Man kann ihn natürlich trotzdem bieten – einfach als Service (das Wort Wirtschaftsförderung finde ich in dem Zusammenhang etwas hochtrabend) für jene, die nicht via UMTS oder LTE oder wie immer das heißt, ins Netz können, aber da stehen die Kosten gegen. Was bei einem städtischen Sender nun 15.000 Euro kosten soll, verstehe ich nicht ganz, aber so viel soll nur die Einrichtung kosten – plus 4200 Euro jährlicher Betriebskosten. Das ist happig! Könnte nicht jemand aus der Anwohnerschaft einfach seinen WLAN-Router aufs Fensterbrett stellen und freigeben? Dann wäre immerhin der halbe Marktplatz versorgt. Die zweite Hälfte besorgt dann das Eiscafé – das wäre ja auch der einzige Ort, wo potenzielle Nutzer zu erwarten sind. Ich glaube, darüber sollte man noch einmal nachdenken. Irgendein pffifiger Mensch erzählte mir inzwischen, dass man besser für wenig Geld einen Verstärker für das UMTS-Netz einrichten könnte. Das hätte den gleichen Effekt. Klingt gut, finde ich.

OL-Abstimmung-2606

Überwältigende Mehrheit für die Sauberkeitssatzung in Alsfeld: Das Ergebnis der Abstimmung bis Samstagabend.

Die Leute wollen eine Verordnung gegen Dreckspatzen

Und dann die liebe Sauberkeit in Alsfeld. Die CDU will eine Verordnung rausbringen, durch die Müll-Wegwerfer belangt werden können. Obwohl die Koalitionsmehrheit aus SPD und ALA sich sehr, sehr skeptisch zeigte, kam durch ihre mehrheitliche Enthaltung dieser Vorschlag zumindest für vorbereitende Arbeiten auf den Weg. Könnte sein, dass wir demnächst tatsächlich eine Satzung bekommen, die das Wegwerfen von Bonbon-Papier, Kaugummies oder Zigarettenkippen mit ein paar Euro Strafe bedroht. Das interessiert die Leserschaft, dachte ich mir und rief zu einer Abstimmung auf.

Die Beteiligung schäumte nicht über, aber immerhin: 162 Stimmen wurden bis Samstag 19.30 Uhr abgegeben – und gut 76 Prozent der Teilnehmer spricht sich demnach für diese Sauberkeits-Verordnung aus. Ein deutliches Votum? Es ist nicht repräsentativ, aber doch ein deutlicher Hinweis, was die Leute wünschen. Darauf deuten auch zahlreiche Kommentare zu dem CDU-Vorstoß: Man will für eine sauberere Stadt eine Verordnung.

Ich persönlich bin da etwas skeptisch. Denn diese Verordnung ist nur so viel wert ist, wie sie kontrolliert wird. Das hieße: Die Stadt müsste eigentlich Leute einstellen, die kontrollieren – kostet. Und dann schaue ich mir andere Städte an. Die sehen keinen Deut sauberer aus – obwohl sie vielleicht eine solche Satzung haben? Dafür sieht man anderswo aber erheblich mehr Abfallkörbe. Das heißt nicht, dass es mehr sind – aber sie sind sichtbarer, häufig mit witzigen Sprüchen versehen – und einer Mulde für Zigarettenkippen. Wäre das eine Alternative zu noch einer zu verwaltenden Satzung in unserer Stadt? Brauchen wir für alles 100-seitige Handlungsregelungen? Aber, bitte, das Volk hat gesprochen: Man will diese Verordnung!

Axel Pries

2 Gedanken zu “Poststreik, WLAN und Sauberkeit: die Aufreger!

  1. Hallo,
    Habe fast ein verständis für die postkollegen. Jeder muss für seine Leistung eine entsprechende bezahlung erhalten. Ich bin über 40 Jahren Mitglied der deutschen postgewerkschaft heute verdi. Es gab in der Zeit viele Aktionen um arbeitsplatz und gehälter. Doch es gab damals auch Kollegen, das war für mich wichtig, sich in ihrer Freizeit für ihre Kollegen zu streiten. Aus Erfahrung, Fahrten nach Köln, Frankfurt, bonn usw wurden am Wochenende durchgeführt.
    Mann/frau braucht eine Gewerkschaft, die hinter den Menschen steht. Aber die gewerkschat braucht auch Menschen die sie unterstützt. Was mir leid tut, ich habe noch niemanden auf dem 1. Mai kundgebung auf dem Marktplatz gesehen. Es sind immer die gleichen.
    Für einen arbeitsplatz muss man immer alles tun.
    Rechte wie pflichten.
    Aber dauerhaft.

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren