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Die Klosterspieltage sind abgesetzt – Im Gespräch: Ein neuer Anlauf für das Marktspiel?Gesucht: Mittel und Macher für das Marktspiel

ALSFELD. Im ersten Jahr kamen mehrfach über 100 Besucher, im zweiten war man froh, wenn es 100 waren bei den Klosterspieltagen in Alsfeld. Und nun steht fest: Es wird dieses Jahr keine Fortsetzung geben. Kein Geld, keine Regisseurin, kein Theater. So sieht es aus. Da fallen aber die Marktspiele ein, die bis vor acht Jahren noch den Marktplatz füllten. Stimmt es, dass es Wiederbelebungsversuche gibt?

Diesen Gerüchten auf den Grund zu gehen und auch, um mehr über das Ende der Klosterspieltag zu erfahren, sprach OL-Redakteur Axel Pries mit Bürgermeister Stephan Paule. Was ist der Stadt Kultur wert, und wären einstige Highlights wie Marktspiel und Historischer Markt einen neuen Versuch wert? Alsfelds Rathauschef sagt schonmal: Ja!

Frage: Die viel gelobten Klosterspieltage fallen aus. Warum?

Paule: Ich habe das erfahren durch eine Mail von Johanna Mildner. Sie schrieb der Stadt und auch mir, dass sie nicht mehr als Regisseurin für die Klosterspieltage zur Verfügung steht. Sie nennt mehrere Gründe. Zum Einen, dass der Zuschauerzuspruch im zweiten Jahr deutlich geringer war, obwohl wir in der Werbung professioneller vorgegangen waren. Das mag am Wetter gelegen haben, das liegt beim Freilichttheater in der Natur der Sache. Ein Grund aber war auch, dass wir bei den Klosterspieltagen nicht aus einem festen Budget schöpfen konnten. Die wurden jährlich über projektbezogene Fördergelder finanziert. So gab es für die ersten beiden Jahre Fördergelder aus dem Programm „Toleranz fördern, Kompetenz stärken“, während das neue Programm „Demokratie leben“ eine geringere Fördersumme hat. Also wäre die Geldsumme für die Klosterspieltage geringer, und für jemanden, der mit Schauspiel seinen Lebensunterhalt verdient, bleibt nur eine geringere Gage. Und man kann nicht erwarten, dass Johanna Mildner ihre hochprofessionelle Arbeit kostenlos für die Stadt das Projekt Klosterspieltage macht. Beide Gründe führten zur Absage.

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So war das zuletzt vor acht Jahren: tagsüber Marktspiel, abends mittelalterliches Spektakel auf dem illuminierten Marktplatz. Das sei zu teuer, sagten damals Kritiker. Archivfotos: aep

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Sie erzählte mir das so ähnlich. Und auf ihre Absage habe habe es keinen Aufschrei gegeben. Aber die Regisseurin Johanna Mildner ist hochgeehrt hier in Alsfeld. Und jetzt lässt man das Projekt sang- und klanglos auslaufen? Wie viel ist die Stadt denn Kultur dieser Art wert?

Lassen Sie mich mal sagen, dass wir mit Johanna Mildner weiter an verschiedenen Stellen gut und konstruktiv zusammen arbeiten – zum Beispiel als Regisseurin, Intendantin, Dramaturgin für das Wintermärchen, das die Stadt Alsfeld aus eigenem Antrieb anbietet, und wir denken nicht im Traum daran, unser Vertragsverhältnis mit Johanna aufzukündigen. Die Klosterspieltage haben einen anderen Status. Darüber freut sich die Stadt sehr, sie sind aber keine städtische Veranstaltung. Die Klosterspieltage gingen aus der Bürgerschaft hervor, zusammen mit dem Freiwilligenzentrum. Es war keine städtische Veranstaltung.

Aber es könnte eine städtische Veranstaltung werden, wenn der Stadt solche Kultur etwas wert ist.

Man kann bei jeder Initiative, die zu enden droht, sagen, dass sie so wertvoll ist, dass die öffentliche Hand in die Finanzierungsbresche springt und ein Ende abwendet. Aber wenn man das in jedem Bereich machen würde, wäre die Stadt ganz schnell voll mit Projekten, die gefördert werden müssen. Eine Stadt muss an irgendeiner Stelle Grenzen ziehen und sehen, wie weit sie gehen kann, welche Projekte sie selbst finanziert als Teil der Daseinsvorsorge, und welche sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Privatinitiative unterstützt. Die Klosterspieltage sind in meinen Augen Letzteres: sehr sehr wünschenswert, aber kein Angebot der Daseinsvorsorge. Anders das Wintermärchen, das in die Aufgabe gehört, Weihnachtliches zu bieten, wo ein Bildungsauftrag zugehört und auch die Schulen und Kindergärten mit eingebunden sind. Wo es ist auch eingebunden in ein saisonales Konzept, zu dem der Weihnachtsmarkt mit zugehört. Hätten wir unbegrenzt Mittel, könnten wir auch noch die Klosterspieltage finanzieren – die Mittel sind aber nicht unbegrenzt.

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Vom Publikum her waren waren Marktspiel und Markt ein Erfolg: Manche Aufführungen fanden vor geschätzt tausend Menschen statt.

Die Alsfelder haben ja auch ein bisschen mit den Füßen abgestimmt, und die Klosterspieltage sind eine Enklave geblieben. Sie werden aber ausgeführt von der Marktspielgruppe – und in dem Namen steckt ja was drin. Die Marktspielgruppe ist eigentlich ein unheimlich großes und vielseitiges Instrument – und geht zurück auf das Marktspiel. Das waren aufwendige Theateraufführungen, an denen auffällig war: Sie hatten bis zu 1000 Zuschauer pro Aufführung. Vier Mal an einem Wochenende. Der Marktplatz war von Vormittag bis in die Nacht mit Besuchern aus ganz Hessen belebt. Ist das nicht ein Anreiz, mit einer solchen Theatergruppe und einer professionellen Regisseurin wie Johanna Mildner Ähnliches wieder aufleben zu lassen – und es bei den Problemen besser zu machen als seinerzeit?

Ich gebe Ihnen zunächst dahingehend Recht, dass ich damals noch als Student das Marktspiel als sehr erfolgreich erlebt habe. Und es geht wohl jedem Alsfelder, der sich so positiv erinnert, so, dass er sich etwas wie die Marktspieltage wieder wünscht. Das sage ich auch als Bürgermeister. Aber ich kann, ohne dass ich Gremien einbinde, und diese sich aktiv dafür entscheiden, auch sowie Haushaltsmittel dafür zur Verfügung zu stellen, nicht sagen, die Stadt Alsfeld organisiert im nächsten oder übernächsten Jahr ein Marktspiel. Vielleicht reicht die Aussage an der Stelle, dass im Moment aufgrund der hohen Popularität, die das Marktspiel offenbar seinerzeit hatte, in der Verwaltung tatsächlich Überlegungen in diese Richtung stattfinden – insbesondere im touristischen Bereich. Die bleiben beim reinen Theater nicht stehen, sondern andere Publikumsmagneten wie der Historische Markt sind ebenfalls Teil der Überlegungen. Aber zur Zeit kann man noch nicht versprechen, dass das in diesem oder kommenden Jahr stattfindet. Es gilt, den Gremien ein finanzierbares Gesamtkonzept vorzustellen und davon zu überzeugen, dass das eine Attraktivitätssteigerung für Alsfeld bedeutet.

Woran fehlt es denn zur Zeit? Aus meiner Sicht war es ein bisschen unverständlich, was seinerzeit gemacht wurde. Macher wie der damalige Verkehrsvereinsvorsitzende Jörg Köhler haben das enorm forciert – der hat ja auch das Märchenhaus installiert – und als Marktspiel und Historischer Markt am besten liefen, so schien es, da wurde beides einfach eingestellt. Begründung: Es fehlen 10.000 Euro in der Finanzierung. Mit dieser Veranstaltungsreihe hatte Alsfeld aber ein Werbeinstrument, das weit über die Region hinaus gezogen hatte – Frankfurter, Kasseler, Fuldaer – und nebenbei eine vielseitige Marktspielgruppe. Was braucht es denn jetzt, um so etwas wieder zu beleben?

Den Willen und die Überzeugungskraft, dass eine solche Veranstaltung wie ein Marktspiel an mehreren Tagen auf dem Marktplatz mit hohem Publikumswert wieder Erfolg haben kann und im Rahmen der städtischen Möglichkeiten finanzierbar ist – und damit eine Mehrheit in den Gremien zu bekommen ist. Dafür zu werben, ist die Aufgabe derjenigen, die von solch einer Aktion überzeugt sind. Ich stehe dem sehr positiv gegenüber, aber ich werde damit erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn ich ein solides Gesamtkonzept habe, dass ich mit gutem Gewissen bewerben kann.

Sie haben sich in Ihrer Amtszeit schon an mehrere, schwierige Themen herangewagt. Ist das also etwas, das auf Ihre Agenda kommt? Suchen Sie also nach Möglichkeiten, das Marktspiel wieder zu beleben.

Das ist die richtige Formulierung: Ich suche nach Möglichkeiten, es wieder zu beleben.

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