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Neue Eigentümer der Alsfelder Brauerei werben für einen neuen Anfang - Regionale Vermarktung soll wieder in den Fokus rücken„Jedes Bier braucht seine eigene Heimat“

ALSFELD. Die neuen Eigentümer hatten zum Pressegespräch geladen. Die Botschaft, die von dem Treffen im Verköstigungsraum der Alsfelder Brauerei ausgehen sollte, war eindeutig: „Wir sind da! Wir machen weiter! Das Alsfelder Bier lebt!“ In Zukunft soll das Gebräu wieder verstärkt in der eigenen Region vermarktet werden. Nischenbiere kommen auf den Prüfstand, die Bio-Schiene wird erstmal weiter geführt. 

Als die Nachricht von der neuerlichen Insolvenz der Alsfelder Landbrauerei die Runde machte, bekamen die Gastwirte der Region Besuch. Viel Besuch. Die Vertreter großer Brauereien gaben sich förmlich die Klinke in die Hand. Im Hotel Schwalbennest sollen binnen einer halben Stunde vier Verkäufer angerufen haben. Doch bei den meisten Gastronomen, die bislang ein Vertrag mit den Alsfeldern hatten, bissen sie sich die Zähne aus.

Sie sei wirklich überrascht, wie sehr die Wirte der Region immer noch hinter dem Alsfelder Bier ständen und der Marke – trotz zweier Insolvenzen – Vertrauen schenken würden, sagte Ruth Herget-Klesper, die gemeinsam mit ihrem Bruder Ulrich Klesper das Biergeschäft der Alsfelder Brauerei übernommen hat. Die beiden sind die Chefs der Lauterbacher Brauerei, zu der das Alsfelder jetzt gehört. Auch sie gingen in den vergangen Wochen auf Tour, um den Gastronomen die neue Situation von Angesicht zu Angesicht zu erklären. „Viele haben gesagt: Wir hätten es sehr schade gefunden, wenn es das Alsfelder Bier nicht mehr geben würde“, berichtet Ruth Herget-Klesper.

Einschwören auf die gemeinsame Zukunft: Szene aus dem Pressegespräch in der Alsfelder Brauerei.

Einschwören auf die gemeinsame Zukunft: Szene aus dem Pressegespräch in der Alsfelder Brauerei.

Ein paar Kunden seien abgesprungen, aber nicht viele – und die versuche man gerade wieder zu gewinnen. Ein sehr ärgerlicher Verlust: Teegut hat als Einzelhändler Alsfelder komplett aus dem Sortiment genommen. „Mit denen war es nicht mal möglich, ein Gespräch zu führen“, sagt die neue Besitzerin.

Das Bier war beliebt, die Brauerei weniger

„Man muss zwei Dinge unterscheiden“, sagte Gernot Stiebig, ehemaliger Gastwirt aus Leusel und nun wieder Außendienstler für die neuen Brauereiherren. Die Marke Alsfelder Bier sei bei den Gastwirten sehr beliebt. „Das ist eine sehr treue Kundschaft, die die Alsfelder Fahne hochhält“, sagt Stiebig. Was einigen den Bruch erleichtert habe, sei die Art und Weise, wie sie in den vergangen Jahren behandelt wurden. Die alte Geschäftsführung habe den Fokus auf neue Produkte und neue Märkte gelenkt und dabei die heimischen Partner aus dem Auge verloren. Das letzte Jahr war die Brauerei das erste Mal mit einem Stand auf der Herbstmesse vertreten gewesen, berichtete Frank Meinecke, ebenfalls alter und neuer Außendienstler.

Das wollen Ulrich Klesper und seine Schwester ändern. Mit „zurück zu den Wurzeln“ könnte man ihr Programm umschreiben. Ulrich Klesper formuliert es schöner, wenn er sagt: „Jedes Bier braucht seine Heimat“ – und um die wollen sich die neuen Betreiber wieder verstärkt kümmern. So „20 bis 30 Kilometer um den Schornstein herum“ betrachte man als sein Kerngebiet, was es zu versorgen gelte. Alsfelder Bier soll auf mehr Kirmessen getrunken werden.  Außerdem sollen Gastwirte, die Alsfelder ausschenken, bessere Ausrüstung bekommen. Viele haben nicht genug oder ganz unterschiedliche Gläser mit Alsfelder Aufdruck. Ruth Herget-Klesper schaut ganz ungläubig, wenn sie von den Zuständen bei einigen Gastronomen berichtet.

„Wir sind sehr bodenständig“, beschreibt die 43-Jährige ihre Familie, die schon seit 1848 im Biergeschäft tätig ist. Das regionale Bierbrauen ist die Kunst, in der sie und ihr 39-Jähriger Bruder sich auskennen. „Deswegen haben wir auch nicht die „Vogelsberger-Sparte“ übernommen“, erklärt Ruth Herget-Klesper. Experimente wird es unter den neuen Chefs des Alsfelder Sudhauses also wohl kaum geben.

Zurück zu den Wurzeln: Die Alsfelder-Schriftzug im Logo wird wieder rot.

Zurück zu den Wurzeln: Die Alsfelder-Schriftzug im Logo wird wieder rot.

Die neu entwickelte Bio-Schiene wollen sie gerne behalten, doch lässt sich die tatsächlich nur in größeren Ballungsgebieten verkaufen. „Das Alsfelder Pils ist für die Wirte der Region Bio genug“, sagte Frank Meinecke.  Mit „Leos Urtrunk-Radler“ bislang nur ein Bier sicher aus dem über 15 Sorten umfassenden Sortiment geflogen. Dennoch kommt alles, was kein Klassiker ist, auf den Prüfstand. Vielfalt ja, aber nicht zu jedem Preis, könnte man sagen.

1997 haben die Klespers, deren Familie die Hochstift-Brauerei gehört, die Lauterbacher Bierfabrik übernommen. Die Schwierigkeiten, die durch diese Konstelation entstehen, sind sich die Geschwister bewusst. Dennoch sei sei sie überrascht, wie tief der Zwist zwischen Lauterbach und der Nicht-Kreisstadt Alsfeld doch immer noch ist.

Alsfelder kommt auch weiter aus Alsfeld

Für viele ist es unvorstellbar, dass das Alsfelder Bier zukünftig aus Lauterbach kommen soll. Dabei tut es ja das gar nicht, oder zumindest nur zum Teil. Josef Lichter, der Alsfelder Braumeister, der seit knapp 30 Jahren in Alsfeld Hopfen und Malz zusammenschüttet, wird auch weiterhin im Alsfelder Sudkessel herumrühren. Nur abgefüllt wird es in Lauterbach. Klespers haben das Sudhaus übrigens nur vom Eigentümer Röhn Sprudel gepachtet. Dass der Rest des Geländes nun leer stehe sei schade, aber nicht zu ändern, sagte die neue Chefin. „Ich hätte gerne mehr Leben hier oben gehabt“.

Vor zwei Wochen hat Josef Lichter das erste Bier nach der Insolvenz im Alsfelder Kessel angesetzt. Für den gebürtigen Eifler Lichter ist es kein Problem, dass sein Hauptarbeitsplatz nun in Lauterbach liegt. „Ich bin eigentlich Vogelsberger“, hat er immer schon gesagt. Auch der Rest der Belegschaft scheint das neue Wir-Gefühl schon verinnerlicht zu haben. Schon kurz nach Beginn der Insolvenz, als die Zukunft des Alsfelder Biers noch völlig ungewiss war, hätten die Lauterbacher Außendienstler die Kontakte zu Kunden erhalten und gestärkt, berichtet Frank Meinecke. Jetzt wehen in Lauterbach ganz selbstverständlich Lauterbacher und Alsfelder Fahnen nebeneinander. „Sowas hätte es in Alsfeld früher nicht gegeben“, meinte er.

Insgesamt fünf ehemalige Mitarbeiter der Alsfelder haben die neuen Betreiber übernommen. Manche, wie Frank Meinecke, haben vor der Insolvenz aufgehört und sind jetzt sozusagen wieder zurück.

Stoßen auf den Neuanfang an: Außendienstler Gernot Stiebig, Braumitarbeiter Matthias Lerch, Braumeister Josef Lichter, Ulrich Klesper, Frank Meinecke und Ruth Herget-Klesper.

Stoßen auf den Neuanfang an: Außendienstler Gernot Stiebig, Braumitarbeiter Matthias Lerch, Braumeister Josef Lichter, Ulrich Klesper, Frank Meinecke und Ruth Herget-Klesper.

Um das Kirchturmdenken weiter einzudämmen, haben Klespers beschlossen, die Lauterbacher Brauerei umzufirmieren. Aus der Lauterbacher Burgbrauerei – Auerhahn Bräu Schlitz GmbH wird die Vogelsberger Landbrauereien GmbH, unter deren Dach die drei Vogelsberger Marken Alsfelder, Lauterbacher und Auerhahn in Zukunft vertrieben werden. Der Betrieb Alsfelder Brauerei wird abgewickelt. Der neue Name werde aber nur im Hintergrund auftauchen, versichert Ruth Herget-Klesper. Die neue Geschäftsführerin ist äußerst bemüht zu versichern, dass Lauterbacher in Zukunft auch weiterhin Lauterbacher und Alsfelder ihr Alsfelder Bier trinken werden. „Wir wollen nichts vermischen“, sagt sie.

Jetzt, da ist sie sich mit ihrem Bruder einig, sei der Kunde daran zu bestimmen, ob und wie es mit dem Alsfelder Bier weiter geht. „Das regionale Bier kann nie das billigste sein“, warb Ulrich Klesper um Verständnis. Wer ein Bier trinken wolle, das aus seiner Region stammt, der müsse ein, zwei Euro mehr für die Kiste bezahlen, als es bei den Produkten der großen Konzerne der Fall sei.

Von Juri Auel  – mehr über den Autor 

 

 

2 Gedanken zu “„Jedes Bier braucht seine eigene Heimat“

  1. Jo geh, Herr Hackl, kaufens doch a gescheits lauterbacher in Bayern:
    http://www.biershop-bayern.de/weizen-doppelbock-9-flaschen.html

    Da müssens sich net mer mit de damische Breisse a geh jo mei, in Bayern hoats a Tradition, da hoabens Ihr geld guad angelegt

    Wenn oh does net wolle, dann froagen se sich warum does mit dem lokale nemmer klappt, wenn´s does a jeder so moacht wie Sie, könnt´s ihr Breisse boald nur des Zeich fum aldi oas Blastikflasche getrinke!

    Jo, geh mer fort doadamit soage se?
    Doan gehens lokal einkaufe, ach wenns o kei bayrisch lauterbächer is!

  2. Man hätte mal eher was Unternehmen sollen und nicht die Arbeiter und Angestellten Entlassen .Da liegt doch die Sau Begraben…Klar freuen sich die Chefs sie habe ja ihr fett im Sack,aber wie viele der ex Angestellten sitzen nun auf der Straße ????Von mir keinen Cent mehr……

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