Politik0

Reizthema Einkaufszentrum Friedrichstraße: Beim Infoabend ging es um StraßenverkehrDie größte Kritik kommt aus der Marburger Straße

HOMBERG/OHM (aep). Das angedachte Einkaufszentrum zwischen Marburger- und Friedrichstraße entzweit die Homberger auch noch nach Jahren der Planung. Das wurde am Donnerstag bei einem Informationsabend in der Stadthalle deutlich: Gut 200 Leute nahmen teil, und der wechselseitige Beifall in einer teils hitzigen Diskussion zeigte die Fronten auf zwischen Befürwortern und unversöhnlichen Gegnern aus der Nachbarschaft. Diesmal ging es vor allem um die Verkehrsbelastung. Gutachter bescheinigten Verträglichkeit.

 

Zur Erinnerung: Seit 2011 ist das Gelände der ehemaligen Grundschule als möglicher Standort für ein innenstadtnahes Einkaufszentrum im Gespräch – seit Versuche scheiterten, direkt an der Frankfurter Straße einen Wohn- und Einkaufskomplex zu realisieren, den der Homberger Architekt Herbod Gans plante. Im  Jahr darauf kaufte die Stadt das Schulareal auf, erinnerte am Donnerstag Bürgermeister Béla Dören an die Anfänge des Projekts.

OL-EinkaufszentrumHomberg4-1303

Gut 200 Besucher nahmen an dem Informationsabend in der Stadthalle teil.

Danach gaben sich die potenziellen Investoren in Homberg die Klinke und die Beamer-Bedienung in die Hand, um in Ausschusssitzungen des Parlaments Ideen von Wohn- und Einkaufen an der Marburger Straße wie am alten Bahnhof öffentlich vorzustellen und dafür zu werben. Namen wie Aldi und Rossmarkt wurden gehandelt und verworfen – derweil der angestammte Aldi-Markt mangels Platz wegzog, und keines der Projekte in den folgenden Jahren wirklich näherrückte. Ein möglicher Investor wurde mit der Grundstücksentwicklungsfirma Schoofs aus Düsseldorf aber gefunden. Es stellte sich zugleich heraus: Die von Bürgermeister Dören vorangetriebene Planung hatte zunehmend Gegner im Stadtparlament, die einen Ausbau des vorhandenen Einkaufszentrums an der Ohmstraße bevorzugen (Oberhessen-live berichtete mehrfach). Vor diesem Plan warnt der Bürgermeister indes immer wieder aufs Neue.

Ein Gutachten bescheinigt: „Verkehr ist zu verkraften“

So auch am Donnerstagabend in der Diskussion, nachdem zwei Fachleute von zwei Darmstädter Büros ein Gutachten vorgestellt hatten, in dem sie die Verkehrssituation mit einem Einkaufszentrum beleuchtet hatten. Besonders in das Blickfeld rückten dabei die Stadtplanerin Gisela Stete und der Verkehrsplaner Klaus Freudl die Kreuzung Marburger Straße/ Ernst-Ludwig- beziehungsweise Schillerstraße, an der später die Zufahrt eingerichtet werden soll.

OL-EinkaufszentrumHomberg3-1303

„Aus stadtplanerischer Sicht zu begrüßen“: Stadtplaner Matthias Wolf.

Anhand von einer Zählung und Erfahrungswerten für Geschäfte bestimmter Größen errechneten sie als „worse case“ eine Belastung von durchschnittlich 350 Autos pro Stunde an der Einfahrt zum Parkplatz. Etwa 2800 täglich wären Besucherverkehr für die Märkte und 99 Mitarbeiter. 750 bis 800 Fahrzeuge kämen als „Querschnittsbelastung“ in der Marburger Straße. Zum Vergleich: Über 9400 Fahrzeuge passieren zur Zeit täglich die Marburger Straße, acht bis neun Prozent sind Lastwagen. Bei der Frage, ob die Straßen diese Verkehrsbelastung aufnehmen können, gaben die Gutachter die Note B – was soviel wie die Note 2 heißen solle. „Aus verkehrlicher Sicht ist das Vorhaben an der Stelle gut zu verkraften“, stellte Klaus Freudl fest.

Frage nach einer Einbeziehung der A49

Damit waren die Kritiker unter den Besuchern allerdings nicht zufrieden. Sie befürchten ein Übermaß an Verkehrsbelastung und fragten nach einer Berücksichtigung der Zumutbarkeit, nach der Anzahl der Parkplätze und nach einer Einberechnung der A49, die irgendwann einmal bei Homberg an die A5 anschließen wird. Dieser Anschluss werde eine Verdoppelung des Verkehrs auf der Marburger Straße bringen – die noch auf den zusätzlichen Verkehr draufkäme. Was als Kritik gedacht war, dreht ein Besucher aber zum Gegenargument um: Der Autobahnverkehr werde kommen, auch wenn es kein Einkaufszentrum gibt – dessen Verkehr dann gar nicht mehr ins Gewicht fallen würde. Die Tendenz der Kritiker geht in Richtung eines Ausbaus an der Ohmstraße.

Bürgermeister Dören rang derweil um Worte, um seine Argumentation entgegen der zum Teil polemisch vorgebrachten Kritik anzubringen – insbesondere stellte er mehrfach die Frage nach Alternativen zur Rettung der Homberger Innenstadt. Wie schon früher erläuterte er, dass das Regierungspräsidium Gießen einer Erweiterung der Einkaufsflächen an der Ohmstraße nicht zustimmen werde, weil die zu weit außerhalb lägen. Schon bisher, so sei einhelliger Meinung der Stadtplanung, habe die Außenlage so vieler wichtiger Geschäfte die negative Entwicklung der Innenstadt forciert. Nur eine Lösung näher an der Frankfurter Straße bringe neue Kundschaft in die Stadt

In dieser Darstellung unterstützte ihn auch der Stadtplaner Matthias Wolf, der die Stadt in  baurechtlichen Fragen berät. Alle planerischen Szenarien unterstützten heute den Innenbereich von Städten. „Aus stadtplanerischer Sicht ist dieser Standort zu begrüßen“.

OL-EinkaufszentrumHomberg1-1303

„Aus verkehrlicher Sicht gut zu verkraften“: Verkehrsplaner Klaus Freudl.

Der Bürgermeister bekam aber auch aus anderer Richtung Gegenwind: Architekt Herbod Gans hielt ihm vor, nicht genug für die Ansiedlung eines Zugpferdes in der Frankfurter Straße selbst getan zu haben. Und der CDU-Fraktionssprecher Norbert Reinhard erklärte, dass die Parlamentarier getäuscht worden seien, als die den Projekt einst zustimmten: Da sei es vor allem um Wohnungen für Senioren gegangen – mit wenigen Geschäften dazu. Altengerechtes Wohnen sei auch die Option, die man sich eher für das Areal der ehemaligen Grundschule vorstellen könne. „Das war genau andersherum“, entgegnete Dören prompt.

OL-HombergPlan1-0804

Ein aktueller Entwurf für ein Einkaufszentrum auf dem ehemaligen Schulgelände. Das Erdgeschoss. Unten rechts: der Kindergarten.

Er warnte zugleich davor, noch mehr Zeit verstreichen zu lassen, denn der derzeit mögliche Fahrplan sehe mit umfrangreicher, weiter Bauleitplanung auch erst einen Baubeginn für frühestens Ende 2016 vor. Und seit der ersten Initiative habe es Entwicklung in Amöneburg und Stadtallendorf gegeben: Dort entstünden Märkte, die in Homberg fehlen würden. „Wir müssen aufpassen, dass unser Kuchen nicht woanders aufgeteilt wird.“

Eine Entscheidung über den Vertrag, den die Stadt mit dem Investor aushandelt, steht noch aus. Das soll Sache des Stadtparlaments werden.

OL-HombergPlan2-0804

Der Plan für das erste Geschoss: Da werden die Wohnungen sichtbar, die auf dem Gelände ebenfalls Platz finden sollen.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren