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Freiwillig haben in Antrifttal einen Krötenschutzzaun errichtet – Arbeit am StraßenrandViele Male bücken, damit die Kröten überleben

ANTRIFTTAL-BERNSBURG. Die Arbeit hat doch etwas Eintöniges: Eine Schippe Sand vom Hänger auf 30 Zentimetern Länge verteilen, festklopfen – und das vielleicht 1000 Mal. Aber die Aussicht, damit Leben zu retten, beflügelt die Teilnehmer dieser Aktion zur Aufstellung eines Krötenzaun mitten in Antrifttal an einer der vielen Stellen, an denen sich in diesen Wochen menschliche Verkehrswege mit denen der Bufo bufo kreuzen – und die Erdkröte stets den Kürzeren zieht. Zu Tausenden werden die Tiere zermatscht, wenn nicht Menschen wie Regina und Reinhold Fink die Initiative ergreifen.

Es ist gelebter Naturschutz, den das Ehepaar aus Bernsburg mit einigen Helfern seit einigen Jahren regelmäßig in dieser Jahreszeit betreibt: Auf wenigstens 300 Metern Länge der Kreisstraße zwischen Ruhlkirchen und Bernsburg stellen sie kurz vor Winterausklang einen Krötenzaun auf und vergraben alle paar Meter kleine Eimer im Boden. Denn dieses Stück Straße im Boden zwischen Wand und dem Flüsschen Antreff werden die Amphibien in den nächsten Wochen überqueren. Sie müssen das Abenteuer wagen, um sich fortzupflanzen, der Instinkt verlangt das von ihnen. Wie in Antrifttal so auch an vielen Stellen im Kreis sind nun Helfer unterwegs, den Tieren diesen Weg zu erleichtern.

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„Es hat etwas Erfüllendes!“ Regina Fink an der Antreff, wo sie die Kröten morgens in die Freiheit entlässt, und bei der Befestigung des Zauns mit einem jungen Pfadfinder.

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Es hat etwas Erfüllendes, sich mit den Tieren zu beschäftigen, erklärt Regina Fink ihre Motivation für die Aufgabe, die sie und Ehemann Reinhold vor Jahren von dem Bernsburger Ehepaar Ramsauer übernommen haben. Zusammen betreiben sie eine kleine Landwirtschaft in dem Antrifttaler Dorf, und die 48-Jährige betätigt sich dabei auch als Imkerin. Die Beschäftigung mit lebenden Wesen liegt ihr nahe – selbst wenn es fürs menschliche Auge so hässliche sind wie die Erdkröten.

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Gefahr droht den Tieren an vielen Stellen bei ihrer Wanderung. Das Regierungspräsidium hat eine Liste mit den besonders gefährdeten Straßen veröffentlicht.

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„Ich fasse sie sogar ohne Handschuhe an!

Hässliche und glitschige Viecher – so werden die kleinen Amphibien gesehen, doch Regina Fink lacht: Nein! Die sind ganz trocken! Ich fasse sich sogar ohne Handschuhe an! Dafür wird sie in den nächsten Wochen jeden Morgen in aller Frühe bereits mit dem Fahrrad unterwegs sein: zu dem Krötenzaun, den das Ehepaar Fink mit einer Handvoll Helfer am Samstag aufgestellt hat. Das sind einige Männer aus dem Dorf, einige Jugendliche von den evangelischen Pfadfindern, die der Leiter Timo Rieg mitgebracht hat, und Bernsburgs Pfarrer Frank Hammel.

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Ein Traktor mit Hänger fährt den Sand, den die Helfer am Zaun verteilen – stundenlang.

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Sie entrollen das grüne Netz und spannen es an metallenen Stangen auf, fixieren den Zaun mit Hilfe von Sand – eine Spende aus der Gemeinde, erklärt Regina Fink. Damit ist die Arbeit enorm leichter geworden. Früher haben wir Erde direkt aus dem Graben genommen, das war viel schwieriger. Aber auch so dauert die ganze Aktion mehrere Stunden, bis der Krötenzaun so steht, dass die kleinen Krabbler auf dem Weg vom Wald zur nahen Antreff nicht mehr auf die Straße können. Sie krabbeln stattdessen an dem Hindernis entlang und plumpsen – wenn alles gut geht – in einen der Eimer, die pfiffige Menschen alle paar Meter im Boden versenkt haben.

Es ist morgens so schön hier

Aus denen holt Regina Fink sie dann morgens raus und trägt sie das letzte Stück zum Wasser. Den Ekel vor den Viechern hat sie längst überwunden, erzählt sie. Stattdessen tun ihr die Weibchen etwas leid: Da sind immer fünf Männchen hinter einer her. Neben dem guten Gefühl, mit ihrem Einsatz der Natur Hilfestellung zu bieten, ist da noch etwas, dass sie antreibt, unter dem milden Spott der Dorfbewohner jeden Morgen für die Kröten mit dem Fahrrad loszuziehen: das Naturerlebnis mit der Aufgabe selbst. Es ist morgens so schön hier, schwärmt sie und weist über Wald und Wiesenaue. Sie holen die Kröten vom Zaun und setzen sie hier ins Wasser – das fühlt sich gut an!

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Auch einige Helfer aus dem Dorf helfen dem Ehepaar Fink bei dieser Aufgabe.

Etwas Sorgen beschert den Naturschützern allerdings die Population der Kröten – allen Einsatzes zum Trotz. Denn vor 2013 zählten sie an dieser Antrifttaler Kreisstraße gut 1500 Tiere, dann waren es 2013 noch 1250 – und im letzten Jahr nur noch ganze 250. Es gibt eine stetige Abnahme. Sagt die Naturschützerin. Aber warum? Ist es nur eine kurzfristige Ausnahme, oder was passiert mit den Kröten?

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Nebeneffekt: Im Graben findet sich jede Menge Müll, der herausgesammelt wird.

von Axel Pries

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