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Entscheidung am Montagabend im Alsfelder Stadtparlament zu WindkraftstandortenVariante zwei setzt sich gegen den Klageweg durch

ALSFELD-HATTENDORF (aep). Es bedurfte noch einmal einer mehr als zweistündigen Diskussion, aber dann stand fest: Die Stadt Alsfeld wählt für die Festlegung der Windkraftstandorte die sogenannte „Variante zwei mit fünf Standorten“. Das beschlossen die Stadtverordneten am Montagabend in Hattendorf mit Mehrheit. Aber auch die Variante, gegen das Regierungspräsdium zu klagen, fand Anhänger – so wie diese Behörde ohnehin reichlich mit Kritik bedacht wurde: als unfair und unfähig, zu eigenen Fehlern zu stehen. Kaum Anhänger fand indes ein vierter Vorschlag: jener Vorstoß von der ALA für den eigenen Flächennutzungsplan mit Auflagen des RP Gießen – schon aus rechtlichen Gründen.

 

Vorausgegangen war vor 25 Zuhörern eine zum Teil leidenschaftliche Debatte, in der die Stadtverordneten auch ihre Eindrücke aus den Diskussionen der vergangengen Wochen von der Bürgerversammlung und aus dem Mediationsverfahren wiedergaben, nachdem Bürgermeister Stephan Paule appelliert hatte, eine Entscheidung zu finden, „die Rechtssicherheit brignt und den Willen der Bürger abbildet“. Ein Stadtverordneter sparte nicht mit deutlichen Worten: Martin Pahl (CDU) nannte das ganze Verfahren im Grunde eine Farce, in der die Gießener Behörde den Taktstock schwang – und dem er dennoch noch eine Chance einräumen wolle.

Seitens der ALA sprach sich Michael Riese in einer Stellungnahme noch einmal dafür aus, dass die Stadt einen eigenen Flächennutzungsplan vorlegt und das Regierungspräsidium nach Absprache Auflagen erteilt, die dem Mediationsergebnis entsprechen. Mit diesem Ergebnis bleibe die Planung am rechtssichersten, wobei Riese darauf hinwies, dass ein Gerichtsverfahren mitnichten Glückspiel auf hoher See sei, sondern auf rechtstaatlichen Prinzipien basiere und gegebenenfalls auch höhere Instanzen angerufen werden könnten.
Grundsätzlich kritisierte Michael Riese, dass das Regierungspräsidium sich als einzige Beteiligte in dem ganzen Prozess „sehr stoisch“ zeige, während die Stadt Alsfeld sich anerkanntermaßen „vorbildlich“ verhalte. Die ALA sei grundsätzlich für die Umsetzung der Energiewende auch in Alsfeld, lege aber Wert darauf, dass die Stadt die Möglichkeit zur Steuerung in der Hand behalte. Zugleich sollte erörtert werden, welche Möglichkeiten zur Beteiligung Alsfeld und die Einwohner an den Anlagen bekommen kann.

„Entscheidung für eines der kleineren Übel“

Eine „Entscheidung für eines der kleineren Übel“ kündigte Florian Sauermann als Sprecher der SPD an, und gemeint war damit die Variante zwei des Mediationsverfahren. Zu dem Schluss sei er nach Gesprächen mit Betroffenen in den Dörfern gekommen. Denn dabei sei rausgekommen, dass den Leuten das Verschwinden der sogenannten „Fledermausfläche“ am wichtigsten sei. Das sei mit der Variante zwei am ehesten gegeben. „Was ich als Feedback dabei erfahren habe, hat mich in meiner Entscheidung sicherer gemacht.“

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Wie läuft das mit dem Mediationsverfahren? Bürgermeister Stephan Paule erklärt auch Besuchern den Stand der Dinge.

Mit dem Mediationsverfahren werde versucht, den seit Jahren schwelenden Streit zwischen Stadt und Regierungspräsidium auszuräumen. „Es geht um einen rechtssicheren Abschluss“, stellte Berthold Rinner seitens der CDU fest – völlige Sicherheit gebe es nicht. Auch ein Weg vor Gericht sei risikoreich. „Stellt sich die Frage: Welchem Weg können wir vertrauen? “ Dem Klageweg oder der Mediationvariante zwei – denn nur dieser Variante sei zu vertrauen. Bei grundsätzlichen Gedanken zur Energiewende appellierte er zur Teilnahme: „Wir müssen auch ein wenig bereit sein, eine Entscheidung mitzutragen.“ Bei der CDU sei die Abstimmung freigegeben.

„Bauwillkür der Windkraftparks“

Der FDP-Vertreter Rolf-Peter Stein kritisierte eine „Bauwillkür der Windkraftparks“, die ein Pfund zerstört, mit dem der Vogelsberg touristisch für sich werbe: die Natur. Auch er kritisierte das Regierungspräsidium, das acht Anlagen genehmigte, obwohl bewusst gewesen sei, dass die Stadt an einer eigenen Planung arbeitet. Er resümierte: Zu dem Nordriegel in den Varianten komme eventuell noch eine Stromtrasse: „Südlink lässt grüßen!“ Die Stadt habe seinerzeit eine Planung mit 2,5 Prozent Fläche für Windkraft ausgewiesen – was derzeit nach dem Mediationsverfahren geplant ist, entspreche aber fünf Prozent. Zwei Prozent sollten es nach der Vorgabe des Landes aber nur sein. Deshalb sei er für die Variante drei: das Klageverfahren. Das war eine Ankündigung, für die Stein spontanen Beifall von den Zuschauerbänken erhielt.

Auch der UWA-Sprecher Martin Räther äußerte starke Kritik am Regierungspräsidium und erinnerte daran, dass die Behörde schon in der Ablehnung der ersten Alsfelder Pläne eine Windkraftbesetzung von 4,8 Prozent gefordert habe. „Das trage ich nicht mit!“, schimpfte Räther. Ein Mediationsweg sei zudem nicht rechtssicher, da ein Vertrag zwischen Stadt und Regierungspräsidium bei der Regionalversammlung nicht bindend sei. Die aber erstellt den Raumordnungsplan.

Vor einem „juristischen Chaos“ warnte Martin Pahl (CDU) in punkto Rechtssicherheit. Was wäre denn, fragte er, wenn das Regierungspräsidium von der Regionalversammlung überstimmt wird – und einfach über das Ergebnis sagt: Sorry! Er kritisierte auch Ton und Ablauf in der Mediation: Das sei viel von Untertan und dem kleineren Übel die Rede – das sei keine gute Basis. Das Mediationsverfahren habe eigentlich auch nicht im Sommer begonnen, sondern frühestens am 23. November nach einem Windkraft-Gerichtsverfahren, und im Januar erst habe man erste Ergebnisse diskutieren können. „Ich halte den Ablauf für mindestens unfair“. Er forderte dennoch, der Mediation eine Chance zu geben, indem man weiter verhandelt – aber auf Basis des Alsfelder Teilflächennutzungsplans.

„Das sind Absichtserklärungen“, räumte der Rechtsanwalt Bohl in einer Erklärung über die Rechtswirksamkeit einer Mediationsvereinbarung fest. aber dennoch sei es auch nicht möglich, hinter den aktuellen Stand zurück zu fallen – insbesondere zu einer Fledermausfläche. Das werte einen Mediatrionskompromis durchaus auf.

im Namen der meisten Einwohner von Hattendorf für Variante zwei“

„Mit der Variante zwei“ sei das beste Ergebnis erzielt worden, das möglich sei, erklärte der SPD Stadtverordnete Norbert Hahn, der auch Ortsvorsteher von Hattendorf ist. Er stellte fest: Die nördlichen Windräder werden eh kommen – es sei wichtig, die Fledermausfläche zu verhindern, damit der Blick wenigstens in eine Richtung ohne Windkraft bleibt. „Ich stimme im Namen der meisten Einwohner von Hattendorf für Variante zwei“.

Die Abstimmungen waren deutlich: Für den ALA-Vorschlag stimmtzed nur die ALA, und für die Mediationsergebnis-Variante eins gar keiner. Die Variante zwei erhielt dann aber 19 Stimmen von SPD und Teilen der CDU, während zwölf Stadtverordnete dagegen stimmten. Bei dem Klageweg verhielt es sich genau anders herum.

Noch eine Beschlussvorlage, die in inhaltlich ähnlichen Varianten von der ALA und der CDU eingebracht worden waren, erhielt am Abend das einstimmige Votum: Verträge, die die Stadt mit den Investoren abschließt, müssen dem Stadtparlament oder wenigstens Mitgliedern des zuständigen Ausschusses zur Genemhigung vorgelegt werden.

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