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Gewinnerinnen des Jugend-Literaturpreises lasen ihre Texte in Lauterbacher SchulenGeschichten zum Schmunzeln und Nachdenken

LAUTERBACH (ol). „Ich habe Angst.“ Ein schlichter Satz, doch in der Geschichte „Vergissdeinnicht“ von Clara Nell aus Bad Nauheim entfalten die Worte – so oft gelesen, so oft gebraucht – ihre volle Wucht. Eine Angst, die beinahe körperlich spürbar ist. Eine Angst, die der Protagonistin ihres Textes die Freude am Leben zu nehmen droht seit sie die Diagnose der Ärztin erfahren hat: Demenz.

Es das Verdienst der 19-jährigen Studentin, dass sie ein ernstes Thema auf wenigen Seiten eindrucksvoll, ohne falsches Pathos, ohne Rührseligkeit, ausgebreitet hat. Derart eindrucksvoll, dass ihr jetzt die Schüler in der Alexander-von-Humboldt-Schule und der Vogelsbergschule Lauterbach während ihres Vortrages regelrecht an den Lippen hingen.

Wie schon in den vergangenen Jahren, präsentierten auch dieses Mal jeweils drei Gewinnerinnen des Jugend-Literaturpreises der OVAG dort ihre ausgezeichneten Arbeiten. In verschiedener Zusammensetzung finden diese Lesungen in 40 Schulen Oberhessens statt.

Von Großmüttern und neurotischen Müttern

Um jeglichem Missverständnis vorzubeugen: Lange bevor der neue Erfolgsfilm von Till Schweiger, „Honig im Kopf“, die Massen ins Kino zog, hatte Clara Nell ihre Geschichte eingereicht. Auch bei ihr ist es eine Enkelin, die in diesem Fall die demente Großmutter auf eine Reise begleitet. Einerseits schildert Clara Nell die Mühsale dieser Krankheiten, andererseits die hilfreiche Unbefangenheit der Enkelin, mit der sie ihrer Großmutter begegnet. Berührend das Ende; „Heute ist eine nette junge Frau zu Besuch. Heute ist eine Frau zu Besuch. Heute ist jemand zu Besuch. Heute ist. Heute.“

Ein ernstes Thema behandelt auch Annika List (18) aus Lauterbach, Schülerin der Vogelsbergschule, in ihrem Text „Hässlich“. Eine neurotische Mutter, die ihrer Tochter einreden will, dass sie hässlich sei, die die Umwelt als einziges Feindesland betrachtet.

Geschmunzelt und gelacht wurde bei Katharina Clauss (19) aus Lauterbach, ehemalige Schülerin der Alexander-von-Humboldt-Schule mit ihrer modernen Märchen-Parodie „Drei Meilen bis zum Ende der Welt“. Dabei persifliert sie einen typischen Ablauf von Märchen: Prinzessin wird von Hexe entführt, König verspricht dem Retter die Tochter zu Frau, Held durchlebt verschiedene Abenteuer bei seinem Flug auf dem Diesel-Besen, schlägt mittendran sogar eine lukrative geschäftliche Offerte aus: „Aber erst muss ich die Prinzessin retten.“ Die Entführte endlich aufgespürt, gibt sich ziemlich cool und unbeeindruckt: „Ich bin eine Prinzessin. Prinzessinnen werden immer gerettet.“

Das Buch „Gesammelte Werke“ mit den Texten der 24 Gewinner des Jugend-Literaturpreises 2014 (246 Seiten, gebunden) kostet zwölf Euro kann bestellt werden unter 06031 6848 1153. Einsendeschluss für den Wettbewerb 2015 ist der 15. Juli. Nähere dazu unter 06031 6848 1222 und andreas.matle@ovag-energie.de

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