Gesellschaft6

Tierschutzverein wehrt sich gegen Vorwurf illegaler Fundtier-Abrechnungen„Das läuft alles ganz transparent ab“

ALSFELD (aep). Der Beitrag enthält starken Tobak: In jedem fünften hessischen Tierheim werde mit importierten Hunden aus Rumänien getrickst, behauptet die Sendung bei defacto im HR-Fernsehen – und weist auch mehr oder weniger deutlich auf Alsfeld. Solche Hunde würden als Fundhunde ausgegeben – und dann mit der Kommune abgerechnet. „Das ist alles Unsinn!“, entgegnen die Alsfelder Tierschützer und holten sich für eine Entgegnung im Pressegespräch hochkarätige Unterstützung: die Tierschutz-Landesbeauftrage Dr. Madeleine Martin.

 

„Es wird in diesem Beitrag suggeriert, dass etwas im Alsfelder Tierheim nicht stimmt“, stellt die Tierschutz-Landesbeauftrage bei dem Gespräch im „Pfotencafé“ an der Jahnstraße fest. In der Tat ist in dem zehnminütigen Beitrag zunächst generell von hessischen Tierheimen die Rede, von denen ein unerkannter Informant wissen will, dass die ihre Kasse durch unlautere Abrechnungen mit der Kommune aufbessern. Die Rede ist von Fundtieren, für deren Versorgung die Städte und Gemeinden gesetzlich zuständig sind – sich dabei aber der jeweiligen Tierheime bedienen und dafür in der Regel je nach Einwohnerzahl eine Pauschale zahlen.

OL-Tierheim1-2611

Szenenfoto aus dem HR-Beitrag: Die hessische Tierschutzbeauftragte Dr. Madeleine Martin im Interview für Defacto.

Vorwurf: Jedes fünfte Tierheim rechnet falsch ab

Der Vorwurf in dem Beitrag: Seit zahlreiche hesssische Tierheime Hunde aus osteuropäischen Ländern einführen und an deutsche Privathaushalte vermitteln, habe der gleichzeitige Rückgang an Spendenaufkommen offenbar dazu verführt, diese Hunde in die Fundtier-Statistik  mit aufzunehmen und so durch mehr Zuwendung von der Kommune – eine doppelte Abrechnung – die Kasse wieder aufzubessern. Und das sei kein Ausnahmefall, will der anonyme Informant wissen, sondern geschehe in jedem fünften Tierheim.

Brisant für den Alsfelder Tierschutzverein als Träger des Tierheims wird die HR-Sendung, wo der Fokus auf ihn gerichtet wird. Ausgerechnet Alsfeld greifen die Journalisten auf, filmen in der stadt, im Tierheim, befragen Bürgermeister Stephan Paule und die Tierheim-Leiterin Natascha Hirschmann vor der Kamera – aber gar nicht direkt zu dem Vorwurf, sondern generell nach der Fundtier-Praxis in Alsfeld.

OL-Tierheim3-2611

Pressetermin im Alsfelder Tierheim: (v.l.) Leiterin Natascha Hirschmann, Ann-Catrin Schmidt und Dr. Madeleine Martin im Gespräch.

Dabei ist ihnen entgangen, worauf die Vorsitzende des Alsfelder Tierschutzvereins, Ann-Catrin Schmidt, im Pressegespräch aufmerksam macht: „Wir haben nur ganz wenige Fundhunde und die auch nur ganz kurze Zeit.“ Und außerdem: Die Stadt rechnet Fundtiere gar nicht mehr mit dem Tierheim ab, sondern hat den Auftrag zur Versorgung an das Tierzentrum Gelnhausen vergeben, nachdem dessen Angebot vor zwei Jahren sehr viel günstiger ausgefallen war. Die HR-Rechercheure halten der Leiterin Hirschmann darauf vor, dass die Zahl der Fundtiere seither stark zurückgegangen sei und wollen eine Erklärung – suggerierend, dass eben vorher falsch abgerechnet worden sei.

Zusammenarbeit mit einem Tierheim bei Bukarest

Doch in dieser Reportage würden einfach verschiedene Tatsachen vermischt, die nichts miteinander zu tun haben, und daraus der Vorwurf der illegalen Abrechnung kreiert, stellt die Vorsitzende fest. Eine Tatsache: Der Alsfelder Tierschutzveren arbeite mit dem Tierheim „Smeura“ bei Bukarest zusammen. Einerseits übernehmen die Hessen dort eingefangene Straßenhunde und bringen sie zur Vermittlung nach Alsfeld. Andererseits unterstützten die Alsfelder ihre rumänischen Tierfreunde vor Ort bei der Aufklärung der Bevölkerung – und bei Kastrationsaktionen, damit die Straßenhunde sich nicht weiter vermehren.

Die seien aufgrund ihres entgegenkommenden Wesens in Deutschland übrigens sehr leicht zu vermitteln, sagt die Vorsitzende: Untereinander in Rudeln sozialisiert und den Umgang mit Menschen gewohnt, reagieren sie meist positiv bis überschäumend freundlich auf menschliche Zuwendung. Für deutsche Hunde ein neues Zuhause zu finden, sei dagen häufig schwieriger: Die seien nicht selten durch schlechte Erfahrungen im Wesen schwieriger – oder schlicht sehr groß.

OL-Tierheim2-2611

Auch das Alsfelder Tierheim taucht in dem HR-Beitrag auf.

114 rumänische Hunde führten die Alsfelder Tierschützer im Jahr 2013 ein, erklärt die Vorsitzende: „Das läuft alles ganz transparent ab“. Die Tiere seien alle mit einem Chip versehen und im Erwachsenenalter kastriert. „Wir wollen diese Hunde retten und ihnen ein sicheres Zuhause verschaffen“. In Rumänien – wie in vielen osteuropäischen Ländern – drohe den freilaufenden Vierbeinern nämlich Unheil durch Hundefänger und bei Säuberungsaktionen. Ein Engagement, für das die Landesbeauftragte Dr. Martin den Alsfelder Tierschützern ausdrücklichen Dank ausspricht: „Solches Engagement über die Grenzen hinaus ist sehr wichtig!“ Und zwar nicht nur im Sinne der Tiere, sondern auch im Sinne des europäischen Gedankens. In Rumänien falle das Engagement auf fruchtbaren Boden: Dort sei der Wille zum Tierschutz traditionell trotz der Armut vorhanden.

Katzen in der Hunde-Statistik der Reportage

In der Reportage aber, so erläutert Ann-Catrin Schmidt, würden diese Einfuhrhunde nicht nur zu Fundhunden, sondern quasi auch zu Katzen gemacht: Denn Katzen seien die mit Abstand häufigsten Fundtiere in Alsfeld, sie dominieren die Statistiken.“Die haben die Zahlen der Katzen genommen und für die Hunde verwendet.“ Die Zahl der jährlichen Fundhunde sei in Alsfeld an einer Hand abzählbar. Was bei ihnen an Fundtieren abgegeben wird, stamme aus den umliegenden Gemeinden.

OL-Tierheim4-2611

Freundliche Wesen: Ann-Catrin Schmidt mit Hunden aus Rumänien.

Letztlich verweisen die Alsfelder Tierschützer auf eine Untersuchung, die der Tierarzt Dr. Torsten Scheid als Vertreter des Vogelsberg Veterinäramtes nach der HR-Reportage in Alsfeld unternahm. Das Ergebnis entkräfte die Vorwürfe. In einer Stellungnahme erklärt der Amtstierarzt wörtlich:

„Anlässlich des Defacto-Beitrages vom 28. September 2014 wurde durch das Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Vogelsbergkreises eine Kontrolle des Tierheims in Alsfeld durchgeführt.
Schwerpunkt war die in DEFACTO gemachten Anschuldigungen zu überprüfen. Danach sollen hessische Tierheime, aus dem Ausland nach Deutschland verbrachte Hunde, umkennzeichen um diese als deutsche Hunde zu vermitteln.
Hinweise auf eine derartige Umkennzeichnung oder auf die Verschleierung des Herkunftslandes der betroffenen Tiere haben sich dabei nicht ergeben.“

6 Gedanken zu “„Das läuft alles ganz transparent ab“

  1. Ich bin voll und ganz der Meinung von Herrn Braun. Wenn ich meine Meinung zu einem Thema kundtuen möchte, dann stehe ich auch mit meinem Namen dazu.
    Mit freundlich Grüßen
    Hans Zimmer aus Alsfeld

  2. Wenn Fundtiere nach Gelnhausen verbracht werden dann hat man natürlich weniger Fundtiere in Alsfeld. Bringt die Mathematik so mit sich. Der Interessierte sollte sich mal die Zahlen vom Tierheim Alsfeld ansehen und nicht alles nachplappern, was im Fernsehen gezeigt wird.
    Kommentare die anonym eingestellt werden sollte man auch nicht so wichtig nehmen, anscheinend kann sie der Verfasser selbst nicht vertreten sonst könnte er seinen Namen nennen.

  3. Haltlose Anschuldigungen!!!!
    Schlecht recherchiert, eine Frechheit die mit meinen GEZ – Zwangsabgaben finanziert wird, Schweinerei.

  4. Aha vom einen auf den anderen Tag minimiert sich die Zahl der Fundtiere mal so eben um ein Vielfaches nur weil ein anderer sie aufnimmt? Ja ne is klar!

  5. Na dann ist ja Gott sei Dank alles in bester Ordnung!
    Nur eins ist noch nicht ganz klar: wenn also früher die Zahl der Fundtiere – die das Tierheim gegenüber der Stadt abgerechnet hat – deutlich höher war als jetzt nach der Umstellung auf dieses neue Tierzentrum dann stellt sich sehr wohl die Frage nach dem Warum. Angeblich handele es sich dabei sogar um ein Vielfaches. Dies wurde im Artikel allerdings nicht beantwortet.

    1. Die Frage beantwortet die Tierheim-Leiterin in dem HR-Beitrag selbst. Ihrer Aussage nach werden schlicht weniger Tiere in Alsfeld versorgt.

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren