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Julia Klaus erlebte ihr erstes Oktoberfest – Erschöpft von so viel FestIm Dirndl bei der „Mordsgaudi“ dabei

MÜNCHEN/FELDATAL. Bierhäuser, Marschmusik, Lederhosen. In München hat die Wiesn wieder ihre Pforten geöffnet. Der Gigant unter den deutschen Volksfesten ist neben dem Fußball der bayerische Exportschlager. Ein Magnet, der jedes Jahr Millionen Menschen nach München pilgern lässt. Auch mich. Zum ersten Mal.

 

Irgendwie dachte ich, dass wegen der internationalen Bekanntheit der Wiesn Amerikaner, Asiaten, Österreicher dort feiern. Mehr Nicht-Deutsche als Deutsche. Die offizielle Festhomepage weiß aber: Nur 19 Prozent der Wiesnbesucher kommen aus dem Ausland.

„Eine Mordsgaudi ist das immer“

An unserem Tisch im Zelt „Augustiner“ ist am Mittwochnachmittag um drei Uhr kein Platz mehr. Ein italienisches Pärchen, eigens aus Rom für zwei Tage angereist, hantiert mit ihrer Kamera. Sie wollen ein Selfie mit den drei urigen Bayern neben ihnen, für Facebook und die Freunde in Rom. Die Männer in Tracht lassen sich nicht lange bitten. Eine „Mordsgaudi“ sei das für sie immer, der Trubel und das „Beisammsitzen“.

Der Maßpreis überschreitet in manchen Zelten dieses Jahr zum ersten Mal die magische zehn-Euro-Grenze. Ob das den Bierkonsum beeinträchtigt, ist fraglich. Von zehn Uhr morgens bis abends um halb elf ist Ausschank, am Wochenende fließt das Bier sogar ab neun Uhr. Die Zelte erinnern von außen an richtige Häuser, mit Biergarten und Blumenkübeln. Innen drin stehen in ordentlichen Reihen und dicht an dicht Bänke und Tische gedrängt. Die Kellner haben ihr Planquadrat, das sie bedienen. An der Decke baumeln Girlanden und Tannenzweige. Die Deko erinnert mit ihren gelben Lampen an Weihnachten.

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Fesch im Dirndl: Julia Klaus auf dem Oktoberfest.

 

Mit dem Alkoholpegel steigt merklich der Lärm in den Zelt-Häusern. Die Musik der Blaskapelle sprudelt dahin. Wir gehen raus und was essen. Auf der Wiesn darf die deftige bayerische Küche nicht fehlen. Brathendl mit Kartoffelsalat, Semmelknödel mit Pilzsoße. Magenbrot und Mandeln als typischen Jahrmarktsnachtisch hinterher.

Mittlerweile ist es sieben Uhr und es wird schon dunkel. Die Lichter der Fahrgeschäfte blinken unermüdlich weiter. Riesenrad, Achterbahn und Metallriesen, die ihre Insassen herumschleudern und vor Freude und Angst quieken lassen. In der Ferne sehe ich Bavaria, Sinnbild Bayerns, die Statue neben der Theresienwiese.

Das Münchner Oktoberfest nimmt seinen Anfang im Jahr 1810. Seitdem ist es erst 24 mal ausgefallen. Traditionell sticht der Oberbürgermeister das erste Fass Wiesnbier an mit den berühmten Worten: „O’zapft is!“. Der jetzige OB Dieter Reiter hat dafür an 40 Fässern geübt. Er brauchte vier Schläge, bis der Zapfhahn drin war und fest saß.

„Verschwimmen zu einer bunten Masse“

Beim Gang über die Theresienwiese, die gar keine ist, sehe ich kaum Einen, der keine Tracht trägt. Lederhosen für Männer, neuerdings auch für Frauen, und Dirndl in allen erdenklichen Farben und Mustern. Sie verschwimmen in der Dämmerung zu einer bunten Masse, die im Blinklicht der Stände erleuchtet. Die Wiesn hat laut Homepage 14 große und 21 kleine Bierzelte. Am Wochenende ist Anstehen dort unvermeidlich. Reservieren kann man Tische auch, allerdings muss das zeitig im Voraus geschehen und kostet. Der Eintritt ist eigentlich frei. An diesem Mittwoch sind keine Menschenschlangen vor den Zelten. Wir gehen ins „Schottenhammel“. Hier ist das Bier zwar am teuersten, das Klientel aber jünger, die Musik scheinbar lauter. Ohne Drängen kommen wir nicht durch die Gänge. Kellner bahnen sich durch Rufen den Weg. „Der Rekord für das Tragen von Maßkrügen liegt bei 27 Stück!“, erzählt mir ein Dresdner, nachdem wir freie Plätze gefunden haben. Auch mit weniger Maß in den Händen wird den Kellnern viel Kondition abverlangt. Dafür können sie in den 15 Tagen, die die Wiesn dauert, aber angeblich bis zu 15.000 Euro verdienen, berichtete die Münchner Abendzeitung.

Wir bleiben an diesem Mittwoch bis elf Uhr. Dann rufen sie „Pfieti!“ und drängen uns raus. Zwei Zelte gibt es, die noch länger geöffnet haben und zu denen strömen Viele hin. Allerdings können wir kein Bier mehr sehen. Wir gehen in Richtung U-Bahnen, die alle knallvoll sind. Viele Polizisten sind zugegen. Wir sind erschöpft.

Es wird Nacht und es wird Morgen. Als ich gegen zehn Uhr aufwache und mein Dirndl an dem Holzkleiderbügel hängen sehe, denke ich, dass es eigentlich ganz unglaublich ist, dass es für Viele jetzt schon wieder weiter geht, dass sie mehrere Tage hintereinander auf die Wiesn gehen und dass das ganz schön teuer und auslaugend, aber auch ein Münchner Original ist.

Von Julia Klaus

 

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